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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0053
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DER CXX. PSALM

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volcks, auch offt sehr leichtfertig8 und umbs gelt. Die opffer sind dem Herren und
armen entzogen, werden von den vermeinten priestern geraubet oder an gotzen, bein,
stein und holtz gehenget.
Nach dem besehe man die gemeine zücht und güte werck des volcks: Wa unser Evan-
5 gelion angenommen, das sind Christliche schulen und vilerlei versehung52 der armen
widerumb uffgericht, öffentliche hurheuser abgethon, alle hürerei, ehebruch und andere
onzucht, saufferei, gotslesterung werden gestraffet, wol leider nit so ernstlich, als man
solte. Dise böse frucht bringt nit | [D 4b] | unser Evangelion, sonder die Verachtung
desselbigen, welches alle solche farlessigkeit53 schiltet und zu allem eifer wider alle läster
10 erwecket und anhaltet.
Bei den Päpstleren sind die schulen und gemeine versehungen der armen, sovil nem-
lich deren in gewalt der verderbten Prelatenh und Clerisei gestanden, fast alle schwerlich
beraubet, wa nicht gar verwüstet und verfallen. Laster, schänd und onzucht würt durch
der verderbten Clerisei exempel am meisten gelehret und dadurch, das sie allem gericht
15 der Oberkeiten1 wollen entzogen sein, beförderet und geschützet.
Also54 bei allen denen, die wir vom gemeinen volck mit gemeinschafft der h. Sacra-
menten als unser lehre anhengig wissentlich erkennen, findt man auch, Got lob, vil
herrlicher früchten aller gotseligkeit, aller zücht, erbarkeit, lieb und trew. Gegen denen
halte man die allerbest berümbten anhenger der Päpstlichen lehre als die Closterleut,
20 monch und nonnen, und die scherffist reformierten55 under disen: was zücht, was
heiligkeit, was traw, liebe und einigkeit man da finde, sicht man täglich.
Doch sind sonder Zweifel vil recht güthertziger und gotsfbrchtiger auch under den
gefangnen des Papsts56; deren güte frucht aber komen warlich nit aus des papsts lehre,
die wir widerfechten, sonder aus der lehre des h. Evangeli, die wir rein und gantz lehren
25 und solche fromme leut etwan selb aus der h. schrifft und anderen güten bücheren lesen
oder, durch den h. geist erwecket und gelehret, aus dem, das inen von dem h. Evangelio
auch im Papstumb würt noch mitgetheilet, annemen und durch ir andechtigs gleubigs
gebet vom Herren teglich erlangen. Dan sonst die, so den Päpstlichen lehren, die wir
wi- | E ia | derfechten, von Messen und anderen verkerten und onverstendigen ceremo-
30 nien, von irem closterleben, item von verstorbenen heiligen und deren hilff am hefftig-
sten anhangen als die priester und monch selb, die sind ja auch die allergotlosten und
verrüchtisten, wie es bei aller weit am tag ligt.
Nun, dise fruchte ersüche man, besehe, erwege und urteile sie, wie man sie in der that
befindet bei beiden theilen, an den dienern, an der lehre und andern ubungen der kir-
35 chen, an politischer zücht57 und regiment und auch an besonderen leuthen, an denen
g) leichtferig (ohne t) begegnet öfters im 16. Jhrt.; kommt von faren.
h) P Maten (r abgesprungen). - i) Oberberkeiten.
52. Versorgung, Fürsorge für. Lexer ■$, Sp. 223.
53. Nachlässigkeit, Übertretung.
54. Ebenso.
55. Die strengsten Reformklöster.
56. Unter den Anhängern (Gefangenen) der päpstlichen Lehre. Gegensatz zu Freiheit. Schmidt,
Sp. i2if. Vgl. Luther-. De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium. 1520; WA 6, S. 484ff.
57. öffentliche Ordnung.
 
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