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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0095
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EIN SENDBRIEVE MARTINI BUCERI

91

Worten und trawen kein wortlin immer mage hinfallen, ehe müs himmel und erden
vergehn40. Und bedencket ja wol, das der h. Geist durch den Apostel Paulum klar
zeuget 1. Cor. 10 [6], das nemlich alle dise so gestrengen urtheil und Züchtigung Gottes,
am alten Volck geübet, uns und allen Christen, die bis zu end der weit sein werden, zum
5 vorbild nit allein geschriben, sonder auch geschehen sind. Darumb wir uns gleicher und
strengerer gericht und straffen, als denen der Herre seinen lieben Son viel reihlicher41
dann den alten hat geoffenbaret42, on allen zweiffel sollen versehen und von Gott erwar-
ten, wa wir in gleichem onglauben, ongehorsame und gottloßkeit mit den Alten, die
Gott so hart gestraffet, erfunden werden.
10 Demnach so thüt uff die äugen ewers hertzen und sehet gerad und stracks in alles
wesen und thün gemeiner Christenheit, in die gemeine regierung, in die gotsdienst und
alles leben bei allen Stenden und leuten, von den obristen bis zu den understen, von vil
hundert jaren har43 und fürnemlich zu disen unseren zeitten. Und halten dann und
stellen dasselbige recht entgegen dem ewigen götlichen gesatz und den exempelen der
15 Richter, Königen, Priestern und Volcks, die der liebe Gott als seine recht gleubigen
und getrewen diener erkennet und uns zum vorbild hat vorgestellet. Und erkennet dann
daher selb, hindan | B ib | gesetzet44 allen falschen schein und ansehen der personen,
allen dunckel böser gewonheit und blindheit eigner liebe, ob der gerechte Gott, der
kein person ansicht und der warheit nach richtet, nit lengest Ursachen über Ursachen
2.0 heb45, an uns allen sein wares und gerechtes trawen46, das er uns in anzeigten und ande-
ren orten seiner h. Schrifft getrawet hat, fürnemlich zu diser zeit mit der that zu erfüllen.
Dann wolt ir das gesetz des Herren und die exempel, die er uns hat vorgestellet, recht
ansehen, so werdet ir jha wol sehen: Zum ersten, wie ernstlich der allmechtig Gott
gepeutet und fordret, das diejenigen, die er zu den obristen hirten und heupteren über
25 sein Volck und alle seelen mit dem gewalt des schwerts gesetzet hat, sein Ehr, Reich und
Religion vor allem suchen und versehen47 sollen, das aller dienst und Verwaltung der
Religion nach seinem wort bestellet und angerichtet, Die ontauglichen Religiondiener
ab-, die tauglichen eingesetzet und ob denen, das sie iren dienst der gemein zum besten
verrichten, mit allem ernst gehalten werde48. Und damit sie, die obristen hirten und
30 heupter Gotlichs volcks, in solichem des worts und willen Gottes nit verfehlen49, das
sie das gesatze Gottes selb auch vleissig lesen sollen all ihr leben lang. Und demnach
jederman gericht und recht schaffen, Und in aller Regierung nit iren eigen gewalt, ge-
nieß oder wollust50, sonder vor und in allem suchen die Ehr Gottes und das heil der
40. Vgl. Mt 2.4,35.
41. Reichlicher, umfassender, vollkommener. Götze, S. 175.
42. D. h.: auch im AT ist Jesus Christus offenbart, wenn auch nicht in der gleichen Fülle wie im
NT.
43. Her.
44. Ungeachtet der Tatsache, daß; unter Zurückstellung von. Götze, S. 122.
45. Habe.
46. Drohen.
47. Dafür sorgen, pflegen.
48. Darüber gewacht. Götze, S. 115.
49. Das Wort nicht verfehlen; posit.: nach dem Worte handeln. Lexer 3, Sp. 286h
50. Nutzen oder Freude.
 
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