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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0100
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

ven ist gehalten worden. Uber das sie auch all ir singen und lesen in der Kirchen in der
sprachen verrichten, die kein volck mer in gemein verstaht. Welches sie thün wider das
außgetrucket77 verpot des Heilgen Geists 1. Cor. 14 [9-19]. Und haben dadurch dem
volck allen verstandt und besserliche78 andacht in den Sacramenten und allen Ceremo-
nien der kirchen benomen und es also in das falsch vertrauwen auff solche unverstendige 5
Wort und geprenge79 grewlich verleitet.
Also sinds nit weniger jar, das sie auch die predige von der erldsung Christi schwer-
lich verdunckelt und den waren glauben an Christum, unseren Herren, dadurch gantz
gefehrlich geschwecht und dagegen das erdichte genügthün eigner wercken80 und im
fegfewr und die verdienst der von hinnen verscheidnen Heilgen one maß erhebt, Und 10
damit die leüth dahin verfüret, das sie sich solcher menschen werck und verdienst vil
mer dann der erlosunge Christi vertröstet haben, welche sie ja, dieweil sie | B 4 b | bei
irem genügthün und besuchen der heilgen und priester81 verharret, nit haben recht
erkennen noch achten mögen.
Daher haben sie dann auch der heilgen und nit allein der bewüsten82, sonder auch vil 15
lauter erdichten heiligen, beyn83 und bilder in ein solche hohe abergläubische achtung
gepracht und alle Tempel und Altar damit erfüllet, das der genanten Christen götzen-
dienst und abgötterey an solchem gebein und götzen gar nahet84 zü gleichen greüwe-
len gerathen seind, wie es etwan bei den blinden Heiden verderbt gewesen ist.
Demnach haben sie dann erst auch so erschröcklich gefrefelt an dem heiligsten 20
Sacrament des leibs und blüts und des bitteren leidens und sterbens unsers Herren Jesu
Christi, welches sie nit meer, wie es der Herr selb eingesetzet und in den kirchen alwe-
gen, so lang die bei der Apostolischen Verordnung bliben, ist gebraucht worden, gehal-
ten, nemlich durch bewerte Diener und mit bewerten Christen in der gemein mit ern-
sten und klaren predigten des todts und der aufferstendnüß Christi, auch recht andech- 25
tigern gebett, opffer für die dürfftigen, dancksagung und ausspenden beider Sacramen-
ten85 für alle gegenwertigen, und das zü gewisser stercke des glaubens und aller Gottsä-
ligkeit, Sonder haben kein besondere frag mer gehabt nach der Gottsaligkeit weder
deren, die ire Messen halten oder darbey sein sollen, Auch alle lehr, gebett und dancksa-
gung da verschlagen86 durch die frembde sprachen, die Heyligen Sacrament gar nit oder 3O
nit gantz außgespendet. Und aber dagegen ihr meßmachen an im selb87 für das allerver-
dienstlichste opfferwercke vor Gott für lebendige und todten so hoch gerhümet und
verkauffet und alle winckel damit erfüllet, das auch die, so am allerverrüchtigsten88 und
77. Ausdrückliche. 78. Zur Besserung nützlich.
79. Äußerlicher Prunk, Prachtentfaltung bei den Gottesdiensten. Lexer 1, Sp. 760.
80. Die erfundene Rechtfertigung aus den eigenen (guten) Taten.
81. Aufsuchen der Heiligen (Wallfahrten zur Verehrung und Anbetung) und der Priester (zu
Beichte und Absolution). Lexer 1, Sp. 231.
82. Bekannten. S. oben, Anm. 63.
83. Knochen als Reliquien. Lexer 1, Sp. 159.
84. Beinahe. Lexer 2., Sp. 21 f.
85. In beiderlei Gestalt.
86. Verschwinden lassen. Götze, S. 81. Wörtlich: erschlagen.
87. Für sich (auch ohne jede Gemeinde) die Messe lesen.
88. Allergewissenlosesten, ruchlosesten. Schmidt, S. 399.
 
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