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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0161
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i. VON DER KIRCHEN MENGEL VNND FÄHL

157

sehe Taktiker besonderen Formats gegenüber. Eine vorsichtige Lockerung der Ver-
klammerung von Obrigkeit und Kirche könnte in Sturms Sicht der Stadt vielleicht
helfen, in den Auseinandersetzungen mit dem Kaiser ungebundener und freier agieren
zu können, war doch dessen Zorn gegen Bucer seit den Kölner Ereignissen allgemein
bekannt. Auf der anderen Seite, so Bucer, würde die Kirche in einer distanzierten Part-
nerschaft zur Obrigkeit dem politischen Schicksal der Stadt nicht so uneingeschränkt
ausgeliefert sein. Sie hätte dann in dem Instrument eines Gemeindekerns eine gewisse
Möglichkeit des Ausweichens in den Untergrund, falls es zum Äußersten kommen
sollte.
Aber der Rat der Stadt fürchtete - nicht ohne Grund - jegliche Form der Selbständig-
keit der Kirche im öffentlichen Raum. Er hatte in den vergangenen Jahren mit einzelnen
Predigern und Lehrern mancherlei Nöte gehabt und kritische Situationen durchstehen
müssen. Straßburg galt als Fluchtburg für theologische Außenseiter. Jede Form der
Abweichung von der Augsburger Konfession - die Tetrapolitana hatte in Straßburg nur
eine kurze Rolle gespielt - konnte und mußte zu schwerwiegenden politischen Konse-
quenzen führen. So kam dem Rat der Stadt der mit der vorliegenden Schrift erfolgende
Vorstoß Bucers und der Prediger sehr ungelegen. Er verweigerte durch Ratsbeschluß
vom 6. Januar 1546 der Konzeption einer neuen kirchlichen Gemeindeordnung seine
Zustimmung und verwies die Prediger nachdrücklich auf das Institut der Kirchspielpfle-
ger. Die in den Jahren 1534 und 1535 erlassenen Zucht- und Gemeindeordnungen
sollten den Zünften erneut eingeschärft, die Kirchspielpfleger zu konsequenter Aus-
übung ihrer Funktion ermahnt werden.
Inzwischen hatte allerdings der Prozeß einer Regeneration des gemeindlichen Lebens,
wie die Prediger sie dem Rat vorschlugen, schon begonnen. Mindestens in zwei Straß-
burger Gemeinden waren zu Ende des Jahres 1545 »Christliche Gemeinschaften«
entstanden und führten ohne besonderes Aufheben ihr eigenes Leben. Auch einzelne
Kirchspielpfleger hatten sich ihnen angeschlossen.

Die Handschrift
1. Beschreibung: Der Bedacht der Prediger ist uns im Original nicht mehr erhalten. Wir
haben ihn in einer Abschrift von Schreiberhand im Straßburger Thomasarchiv in der
Mappe 84 (48) Nr. 41. Die Hs. umfaßt 27 Blätter mit 53 Textseiten. Offenbar hat der
Abschreiber, möglicherweise in Bucers Manuskript, eine schwer lesbare Vorlage gehabt,
denn mehrfach stören Verlesungen oder Lücken den Satzzusammenhang. Die Hs. ist
dann noch einmal, vermutlich durch Konrad Hubert, der mit Bucers Handschrift wohl
am besten vertraut war, korrigiert worden. Vgl. Anm. q) und s).
2. Begleittradition und Datierung: Auf dem Umschlag, in dem die Hs. im AST liegt,
findet sich von der Hand des Archivars J. Bernays (ca. 1900-1910) die Notiz: »Ist es
nicht die am 30. Novbr. 1532. übergebene Schrift?« (Vgl. Annales de Sebastian Brant
(suite). Hg. von L. Dacheux. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Erhaltung der ge-
schichtlichen Denkmäler im Elsaß. Neue Folge 19. 1900. Nr. 4984. S. 210)./. AcLw-zhat
etwa 1925 diese Datierung korrigiert durch den Zusatz: »ca. 1546.« In seinem Buch
 
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