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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
immer mit lügen155 vnd alle weg vnd mit- | [114b] | tel versuchen mit höchstem vleis,
wie man sie dem herrenn möchte wider gewinnen.
Vnnd ist in disem meyden das wol zu vermercken1, das es nicht dan auß lauter lieb
vnd hertzlichen mitleyden als ein notwendige artznei der seelen muß gebrauchet werden
on alle verrachtung vnd trutzen156. Darumb man solchen in allen nöten nit desto weni- 5
ger traulich zuspringen157 vnd jnen rathen vnd helffen solle vnd inen nitt mehr, dan
neben der inneren gemeinschafft christi, deren solche selb nit achten, die onnötige vnd
yederman frey gelassne gemeinschafft im eusseren thun entziehen, vnd das mit solcher
demüt, mit solchem sehen vnd geberden, das sie, die verbanten, selb sehen vnd greif-
fenra 158, das es allein aus Gottes vrteyl vnd inen zu gutten mitt gantz hertzlichem mitt- 10
leyden geschehe. Welche bescheydenheit159 vnd mitleydige liebe die Cristen solchen
irrenden brüdern gar wol konden beweysen, dieweyl sie doch auch nire feind, die alwe-
gen auch Gottes feind sein müssen“, in der warheyt lieben vnd inen alle nottwendige
vnd nützliche dienst vnd hilffe mit allen trawen beweysenn.
Zum160 sechsten: als die leut etwan161 in schwere sünden öffentlich fallen vnd ire 15
nechsten in vnd äusser der162 Gemeinden Christi schwerlich verergeren163, solche heyst
der herre auch öffentlich vor yederman straffen, damit die anderen ein forcht haben.
Darumb sollt man solche alß bald auch vor die gemeinen Seelsorger, lehrer vnnd erma-
ner beruffn vnd sie damit allem ernst der sünden straffenn vnnd zur besserung verma-
nenn. 2.0
| [115 a] | Nemen sie dan die straff vnd vermanung nitt an oder kommen nitt, so sie
von den seelsorgeren °vnnd vorgesetzten0 der Christlichen zücht pberuffen werdennp,
so solle man sie gleych den vorigen als heyden vnnd publicanen4 halten, dan sie die
Gemeinde Christi, ia Christum den herren in seiner Gemeinde nit wollen hören.
Diß solle aber nitt dan von deren sünden wegen geschehen164, die vom reych christi 25
ausschliessen vnd wissentlich todtsünden sind, bey denen der glaube Christi in keinem
weg mage bestahn, Als nemlich gottes wort gar nitt hören wöllenr: Wissentliche falsche
lehr oder Gottes dienst annemen vnd treyben; Öffentliche lesterung gottes vnd seines
worts, falsche schwüre vnd eyd thun; Vorsetzliches vnd beharliche verbrechung165 vnd
1) mercken B. - m) griffen B.
n) -n) ire sind, die allwegen auch gottes sind sein müßen B; »sind« wohl Verschreibung, da Text
B sonst sinnlos. Vgl. oben, Anm. f).
o) -o) fehlt B. - p)-p) beruffent worden B. - q) pubicanen A (Verschreibung); publicaner B.
r) fehlt B. - s) korr. aus: Vorgesetzte (Verschreibung).
155. Zugleich beobachten (hinschauen).
156. Trotzen.
157. Treu beistehen.
158. Begreifen, verstehen.
159. Hier: Verständnis.
160. Die öffentlich gesündiget. [Marg.J.
161. Bisweilen.
162. i.Timoth. 5 [20]. [Marg.J.
163. Schweren Anstoß geben.
164. Welches bännigt sünden. [Marg.J. - Nur C; vgl. Anm. 160.
165. Übertretung.
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
immer mit lügen155 vnd alle weg vnd mit- | [114b] | tel versuchen mit höchstem vleis,
wie man sie dem herrenn möchte wider gewinnen.
Vnnd ist in disem meyden das wol zu vermercken1, das es nicht dan auß lauter lieb
vnd hertzlichen mitleyden als ein notwendige artznei der seelen muß gebrauchet werden
on alle verrachtung vnd trutzen156. Darumb man solchen in allen nöten nit desto weni- 5
ger traulich zuspringen157 vnd jnen rathen vnd helffen solle vnd inen nitt mehr, dan
neben der inneren gemeinschafft christi, deren solche selb nit achten, die onnötige vnd
yederman frey gelassne gemeinschafft im eusseren thun entziehen, vnd das mit solcher
demüt, mit solchem sehen vnd geberden, das sie, die verbanten, selb sehen vnd greif-
fenra 158, das es allein aus Gottes vrteyl vnd inen zu gutten mitt gantz hertzlichem mitt- 10
leyden geschehe. Welche bescheydenheit159 vnd mitleydige liebe die Cristen solchen
irrenden brüdern gar wol konden beweysen, dieweyl sie doch auch nire feind, die alwe-
gen auch Gottes feind sein müssen“, in der warheyt lieben vnd inen alle nottwendige
vnd nützliche dienst vnd hilffe mit allen trawen beweysenn.
Zum160 sechsten: als die leut etwan161 in schwere sünden öffentlich fallen vnd ire 15
nechsten in vnd äusser der162 Gemeinden Christi schwerlich verergeren163, solche heyst
der herre auch öffentlich vor yederman straffen, damit die anderen ein forcht haben.
Darumb sollt man solche alß bald auch vor die gemeinen Seelsorger, lehrer vnnd erma-
ner beruffn vnd sie damit allem ernst der sünden straffenn vnnd zur besserung verma-
nenn. 2.0
| [115 a] | Nemen sie dan die straff vnd vermanung nitt an oder kommen nitt, so sie
von den seelsorgeren °vnnd vorgesetzten0 der Christlichen zücht pberuffen werdennp,
so solle man sie gleych den vorigen als heyden vnnd publicanen4 halten, dan sie die
Gemeinde Christi, ia Christum den herren in seiner Gemeinde nit wollen hören.
Diß solle aber nitt dan von deren sünden wegen geschehen164, die vom reych christi 25
ausschliessen vnd wissentlich todtsünden sind, bey denen der glaube Christi in keinem
weg mage bestahn, Als nemlich gottes wort gar nitt hören wöllenr: Wissentliche falsche
lehr oder Gottes dienst annemen vnd treyben; Öffentliche lesterung gottes vnd seines
worts, falsche schwüre vnd eyd thun; Vorsetzliches vnd beharliche verbrechung165 vnd
1) mercken B. - m) griffen B.
n) -n) ire sind, die allwegen auch gottes sind sein müßen B; »sind« wohl Verschreibung, da Text
B sonst sinnlos. Vgl. oben, Anm. f).
o) -o) fehlt B. - p)-p) beruffent worden B. - q) pubicanen A (Verschreibung); publicaner B.
r) fehlt B. - s) korr. aus: Vorgesetzte (Verschreibung).
155. Zugleich beobachten (hinschauen).
156. Trotzen.
157. Treu beistehen.
158. Begreifen, verstehen.
159. Hier: Verständnis.
160. Die öffentlich gesündiget. [Marg.J.
161. Bisweilen.
162. i.Timoth. 5 [20]. [Marg.J.
163. Schweren Anstoß geben.
164. Welches bännigt sünden. [Marg.J. - Nur C; vgl. Anm. 160.
165. Übertretung.