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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0334
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

vnserer mitpfarrer hat wollen gefallen, wie auch der meererteil107 der kirchenpfleger vnd
dann die gemeinen pfarrkinder auch noch nit so ernstlich in iren gewissen hie zu getri-
ben würden, haben wir wol müssen nachlassen.
Nun aber, da auch D. Hedio vff wäre christliche gemeinschafft vnd zücht in seinen
predigen so ernstlich gedrungen108 vnd dann gott gegeben, das der meererteil der pfarrer 5
sich zu solchem werck haben begeben vnd die anderen drey109 das auch güt erkennet,
vnd allein, das sie es nit angreiffen, ire blödigkeit110 vnd ongelegenheit111 entschuldi-
get112, Auch so gar fil recht frommer vnd lieber bürger, die Gott lob kein mensch weder
der secten noch einiges ongehorsames vnd vffrürischen gemüts hat zu beschuldigen, das
| [97b] | werck einmal anzüfahen, selb hertzlich begeret haben, So hetten wir doch an 10
vnserm hern christo vnd seiner kirchen vnsere pflicht grewlich müssen brechen113 vnd
das ewige gottes wort, so wir also lang geprediget, mit der that lügen straffen114, wa wir
diß werck mit inen nit hetten angegriffen, “besonders zu disen swersten Zeiten, da der
liebe gott mit seinen strafen so gar ernstlichen vff vns tringet“, vnd müsten vns nach-
mals0 beweisen als ontrewep knecht vnd meer des bauch dann christi diener, wa wir 15
vmb einiger creaturen115 willen das qrvnser, solchq werck im herrenr zubeforderen,
wolten vnderlassen.
Die sybende einrede.
Wie dann, das ewere mitbrüder diß werck nit noch116 so güt vnd nütz erkennen, sonder
ir etliche das selb als ein sonderung vnd Spaltung erkennen? 20
n) -n) fehlt L. - Offenbar hat Lenglin Zeilen übersprungen. Daß S hier den ursprünglichen Text
hat, beweist nicht nur der Hinweis auf »diese schwersten Zeiten«, sondern auch der Gebrauch der
frühneuhochdeutschen Adverbialform »ernstlichen«.
o) nochmals S. - p) korr. aus: onnutze L.
q)—q) fehlt S. - r)—r) werk vnsers diensts im herren S.
107. Mehrzahl.
108. Mitte November 1547 hatte Hedio dem Rat eine eigene Denkschrift übersandt: >D. C.
Hedionis bedencken von anordnung guter zücht vnd christlicher erbarkeit* (AST 84 und 166, f.
I46bff.). Sie war von entsprechend deutlichen Predigten (vgl. AST 163, f. iÖ4aff.) begleitet, ob-
wohl sich Hedio sehr eindeutig von der Konzeption B.s und seiner Freunde, die Kirche durch
Evolution von innen her zu erneuern, abgegrenzt hatte. Vgl. Bucer und seine Zeit. Festschrift für
R. Stupperich, Wiesbaden 1976, S. ii7ff.
109. Matthis Zell, Theobald Nigri, Johannes Steinlin (vgl. dazu die Ausführungen in der >Er-
manschrift< und den >Etlichen schrifften an die anderen predigen - beide in diesem Bd., S. 291 ff.
und 3iiff. Alle hier erwähnten Vorgänge spielen sich im Laufe des Novembers 1547 ab.
110. Körperliche Gebrechlichkeit.
111. Unpäßlichkeit.
112. Diese Entschuldigung findet sich expressis verbis in der Nachschrift Nigris zu >Etliche
schrifftem (s. oben) in AST 173, f. 165 b. Vgl. den Abdruck in diesem Bd., S. 316ff.
113. Verletzen (Pflicht gegen Gott).
114. Im Unterschied zum späteren Sprachgebrauch im Hochdeutschen (»Lügen strafen« -
einen eines Besseren belehren) hat der Ausdruck hier noch eine ursprünglichere Bedeutung: dem
Wort Gottes mit der Tat widersprechen, die Predigt von Christus und den Glauben an ihn unglaub-
würdig (zur Lüge) machen.
115. In der Erbauungsliteratur des 15. und 16. Jhs. hat >creatur< die Bedeutung: Geschaffenes,
Geschöpfe (positiv), Sterbliches gegenüber dem unsterblichen, transzendenten Gott.
116. Annähernd.
 
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