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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0362
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358

DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

arbeitete von Karfreitag (30. März) bis zum zweiten Ostertag (2. April) über dem Ent-
wurf und machte sich zu den einzelnen Artikeln seine Notizen, die zunächst wohl für
den eigenen Gebrauch bei den zu erwartenden Gesprächen mit den beiden Kurfürsten
bestimmt waren. Dabei haben wir die Tatsache im Auge zu behalten, daß zu dieser Zeit
alle Beteiligten, der Kaiser wie auch Pflug und Helding, die Kurfürsten wie auch Bucer
und Agricola, davon ausgingen, daß ähnlich dem Regensburger Buch von 1541 eine
Vergleichsformel gefunden werden sollte, der beide Religionsparteien zustimmen
konnten und die bis zu der endgültigen Entscheidung durch ein »allgemeines, freies,
christliches Konzil« für beide Seiten gelten sollte.
Am 2. April empfingen die Kurfürsten von Brandenburg und der Pfalz Bucer zu
einem ersten Gespräch, bei dem vermutlich auch Johann Agricola zugegen war6. Von
diesem erfuhren die Nürnberger Gesandten einiges über den Verlauf des ersten Gesprä-
ches Bucers mit den Kurfürsten und berichteten darüber den Älteren des Nürnberger
Rates7. Danach stimmte Bucer den theologischen Sätzen der ihm vorgelegten Schrift
summarisch zu und wünschte lediglich Erläuterungen zu einzelnen Formulierungen. Er
bezeichnete aber nachdrücklich seine Stellungnahme als persönlich und unverbindlich.
Um das zu unterstreichen, schrieb er noch am gleichen Tage in lateinischer Sprache
einen Brief an die beiden Kurfürsten, in welchem er seine grundsätzlich positive Wer-
tung des Interims wiederholte und seine weitere Mitarbeit an der Vereinigung und
Erneuerung der Kirchen anbot, zugleich aber noch einmal dringend darum bat, diese
Zustimmung als sein persönliches und darum unmaßgebliches Urteil zu betrachten8.
Offenbar hatten ihn nicht nur die äußeren Umstände seiner Aufnahme, die Eile und
Heimlichkeit des Brandenburgers, sondern auch die kritische Zurückhaltung des sächsi-
schen Kurfürsten Moritz und des Küstriner Markgrafen Hans von Brandenburg miß-
trauisch werden lassen. Er fürchtete wohl nicht ohne Grund, daß man ihn zum Werk-
zeug kurfürstlicher Territorialpolitik machen wollte und daß es auf der Ebene der
Kurfürsten mehr um die Gunst des Kaisers als um die Geltung des Wortes Gottes gehe.
Offenbar hatte Bucer bei diesem ersten Gespräch erfahren, daß Karl V. die beiden
Kurfürsten am folgenden Tage zu einer Audienz erwartete. Um keine falschen Vorstel-
lungen aufkommen zu lassen, mag es dem Straßburger als Gewissenspflicht erschienen
sein, den Kurfürsten Material zu übersenden, das seine Stellungnahme im einzelnen
erläutern konnte. Dazu boten sich ihm die eigenen Annotationen an. So schrieb er einen
Buchholzer vgl. NDB 2, S. 702 (Lit.); Jahrb. f. brandenb. Kirchengesch. 5.1908. S. 147!. (Brief an
Musculus); CR Mel 6, Sp. 88$)f. (Melanchthon an Buchholzer).
6. Georg von Kommerstadt (1498-1559): ADB 16, S. 498. Vgl. oben Anm. 1, S. 350. Die An-
gabe, B. habe vor diesen Tagen dem sächsischen Hofrat Kommerstadt gegenüber eine erste Stellung
zum Interim genommen - so Pol. Cor. 4, S. 904, Anm. 4 - beruht auf einem Irrtum. Der soge-
nannte »Komerstadt-Zettel« berichtet dem Kurfürsten Moritz von zwei Besprechungen mit Me-
lanchthon in Altzella.
7. Vgl. ihren Brief vom 4./6. April in Pol. Cor. 4, S. 903!. - Die Zustimmung Agricolas zum
Interim — er bezeichnet sich selbst gern als dessen »Mitverfasser« — ist übrigens nirgends schriftlich
festgelegt, sie ist aber zu schließen z. B. aus seinem Brief an einen Freund vom 28. März 1548 in CR
Mel 6, Sp. 83df. und weiteren Äußerungen Agricolas zum Interimin AST 49, 39 (f.356) und 49, 40
(f-357-374 in 8°).
8. Wortlaut und Erläuterung dieses Briefes s. diesen Bd., S. 35off.
 
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