Martin Bucers Deutsche Schriften

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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

Vergleichung mit iren bruderen von hertzen suchen, je wol anstohn vnnd bey jnen leicht
zuerlangen sein, das sie vnns bey der gedechtnus der Heiligen lassen, die Schrifftliche
vnnd die Eltiste vnnd beste ist, vnnd nichts von vns forderen, das weder die heilig
Schrifft gelehret noch die Eltiste Kirch geprauchet hat, vnnd wir on schweres verletzen
vnnser gewissen nit thun künden, Dieweil wir sehen vnnd greiffen, das wir dardurch in 5
vieler einfeltiger hertzen den recht erbawenen tröst vff den verdienst vnnd furbitt
vnnsers Herren Jesu Christi schwechen wurden vnnd auch nit wenigen vrsachen geben,
sich jn irem falschen vertrawen vff der Heiligen verdienst vnnd furbitt zustercken. Alle
Gottes verstendigen wissen jhe woll, wie leicht der menschen hertzen von reinem vnnd
gantzem vertrawen Christi abweychen vnnd sich zu den Creaturen neigen. 10
So dan auch noch alle Meß gepet, der Canon vnnd alle Collecten allein zu got dem
vatter gerichtet seindt durch Christum vnseren Herren vnnd | [79] | so gar kein exempel
hat weder der H. Schrifften noch der ersten Kirchen, die Heiligen selb antzusprechen,
vnnd man je kein Religion vbung on Gottes wort solle anrichten, So werden abermal
alle whar Christ liebende vnnd geneigte zu recht Christlicher Concordj der Kirchen 15
solichs noch vil weniger von vnns begeren. Es mage vnnser lieber Herre Christus seinen
Heyligen ja woll offenbaren vnnsere begirden vnnd gedencken an sie, dauon hat er vnns
aber kein wort geben, So haben wir mit jnen kein solche gemeinschafft der liebe wie mit
den bruderen hie; sie durffen203 sein auch nit, das wir sie erst manen, das sie für vnns
betten: jr leben ist in warer liebe. Darumb sie one das on vnderlaß für vns betten. 20
Sie haben auch nit ein solche gemeinschafft mit vns als die engel, die zu vnnserem
Dienst werden außgesandt204. So lasse man die lieben Heiligen in der ruhe des Herren,
Lob vnnd Preiß sie vnnd reytze das volck an zu jrer nachfolge; zweyfle nit, sie betten on
vnderlaß für vns; doch müssen wir vns der vorbitt Christi gentzlich | [80] | getrosten
vnnd vns selb durcheinander zum gepette vnnd furbitte vermanen, das dienet zu vnnsrer 25
selbs vnnd vnnser bruder besserung, deren die lieben Heiligen bey Christo nit bedorf-
fen. Es solle vns nit so hoch bewegen, ob etwan ein brauch lang in den Kirchen geweret
hat; wan er nit von den Apostolen körnen vnnd in der schrifft keinen grundt hat; so lang
die gemeinde Christi hie vff erden ist, hanget ir auch vil blodigkeit205 an. Es clagte doch
der H. Augustinus, das schon zu seinen zeitten alles mit menschlichen Vermessenheiten 30
vnnd mißbreuchen erfüllet wäre, welches nun vber xjC [1100] jar ist206.
Von gedechtnus der todten207.
Das man auch der gemeinen verstorbenen bey dem H. Abentmal gedencke, ist auch
schon ein alter geprauch. Doch ist gewiß zuerkennen auß den Orationibus funebribus
Ambrosij vnnd gregorij Nazfianzeni]208 vnnd den Epitaphijs Hieronimi209, wie auch 35
2.03. Bedürfen dessen ...
204. Vgl. Hebr 1,14.
205. Schwäche. 206. Vgl. >Ein kurtzer bericht<, f. 4b.
207. Art. 24 »Von der gedechtnus der verstorbnen in Christo« (MehlhaMsen, S. 128—132).
208. Vgl. z. B. Ambrosius: De obitu Theodosn 36; CSEL 73, S. 389!.; Ep. 39>4> M.SL 16,
Sp. 1146. — Gregor von Nazianz: Oratio 7. In laudem Caesarn fratris 21; MSG 35, Sp. 782; Oratio
8. In laudem sororis suae Gorgoniae 23; MSG 35, Sp. 815.
209. Vgl. Hieronymus: Ep. 77,11; 108,29; MSL 22, Sp. 697. 904!.