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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0421
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6. BUCERS DRITTER BRIEF AN DIE KURFÜRSTEN

417

2. Es ist nicht seine Aufgabe, dem Kaiser etwas vorzuschreiben. Da er aber von den
Kurfürsten nach seiner Stellungnahme gefragt worden ist, sagt er offen seine Meinung:
mit der Ausführung des kaiserlichen Ratschlags soll nicht sofort angefangen werden.
Das gilt besonders für die Zeremonien. Dieser letzte Punkt bekommt in der Bucerschen
Darstellung eine auffallende Betonung. Zu der schwierigen Sache der Wiedereinführung
der abgestellten Zeremonien empfiehlt er dem Kaiser, eine Sonderkommission von
periti und Kirchenleuten zu berufen.
3. Die Kirchen, d. h. die Gemeinden, sollen selbst über die electio, pra.esenta.tio und
probatio ihrer Diener entscheiden. Die Bischöfe müssen die Rechte der Kirchen in
dieser Hinsicht respektieren.
4. Wichtig ist auch die reformatio episcoporum et cleri, so wie diese in dem kaiserli-
chen Ratschlag formuliert ist. Wenn nicht zuerst diese reformatio durchgeführt wird, so
werden die abgeschafften Zeremonien kaum wieder herzustellen sein.
5. Zu der Frage, wie die Bischöfe die Leitung der Kirchen wieder übernehmen kön-
nen, schlägt Bucer kaiserliche Kommissare, viri graves, docti et pii, vor, um in strittigen
Punkten zu intervenieren. Die Rechte der Kirchen sollen hierbei unangetastet bleiben
und in der Frage der Zeremonien solle bedachtsam vorgegangen werden. Die Ent-
zweiung zwischen Kirchen und Bischöfen ist groß.
Zum Abschluß des Briefes bezeugt Bucer wieder seinen Willen, zu Hause alles für die
Versöhnung der Kirchen zu tun. Das wird aber nur dann möglich sein, wenn er jetzt das
Urteil seiner Kirche nicht vorwegnimmt.
Er leidet noch immer unter dem Verdacht, dem er seit Regensburg ausgesetzt ist. Er
kommt noch einmal auf die heikle Frage (summa difficultas) der Zeremonien zurück,
um dann sein Schreiben mit einigen beachtlichen Bemerkungen über das menschliche
Gewissen zu beenden. Letzten Endes, so sagt er, liegt die Entscheidung über das Inte-
rim nicht bei ihm, sondern bei den Kirchen.
Handschrift
Das Original unseres Dokuments fehlt. Unserer Edition ist die Abschrift AST 49, 6b,
f. 146-149, zugrundegelegt. Sie ist wieder von der Hand Chr. Sölls, der sich im Streit um
das Interim besonders engagierte8, f. 146b hat am Rand eine von anderer Hand (K.
Hubert?) ergänzte Überschrift: »Irenica. Wie eine einigkeit in der religion zu wegen zu
bringen«. An einigen Stellen, die im 1. App. vermerkt sind, hat Bucer die Abschrift
korrigiert. Unser Dokument ist bis auf die letzte Zeile vollständig in Pol. Cor. 4,2,
S. 915-919 abgedruckt.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß dieser dritte Brief an die beiden Kurfürsten
unmittelbar nach dem 9. April geschrieben worden ist.

8. Zu Christoffel Söll s. Röhrich, Mitt. 3, S. 231-244.
 
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