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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
henn. Also ists noch im Concilio zu Nicea vnnd zun zeittenn Augustini0 gehalten wor¬
den. Weyter mag dem Römischen bischoff mit gott niemant zugebenn88.
| [228b] | Bey dem auch das zumercken, das die Christen weder disen noch andre
bischoffe für Bischoffe christi vnd hirten jrer kirchen erkennen mögen, die ir ampt nit
nach dem befelch christi verrichtenn. Derp frömden stimme sollen die schäfflin christi 5
nit hörenn vnd sy fliehenn Johan. 10 [5]. So kan man auch qkeinem bischoffeq einigen
gewalt zugebenn vber die herdenn Christi dann zur besserung vnnd wie dannr der h.
geist hat gemessiget89.
Vnnd darumb ist diss ort des Interims, das der herre christus dem petro vnnd seinen
nachkomen habe4 plenitudinem potestatis90 91, dasu ist: ein volle macht vber allev kirchen 10
Cristi, gegebenn, wauch mit gott nit nachzugebenw91. Dann vnser Herr Christus hat
weder S. Peter noch seinen nachkommen solchen gwalt gegeben.
Wol wirt dise volmacht in 2. vnnd 3. §92 etwas gemessiget, in denen gesetzet ist, das
der papst seinen vollen gwalt nur zur besserung brauchen vnd das damit den andren
bischovenn der theil jrer | [229 a] | versorge93 nitt benumen werden, die jnen der herre 15
bevolhen habe.
Noch mage daß nitt besthon, daß Christus S. peter vnnd seinen nochkumen vollen
gewalt gegeben habe über alle kirchen, dan er hats nitt gethon. So hat man ia leider zufil
wol erfaren, waß grewlichsten schaden allen kirchen bracht habe, das man dem Römi-
schen bischoue zugesehen hatt, das er sich über alle bischoue dermassen erhöchet hatt 20
vnnd noch begeret, dan er doch allen waren bischouelichen dienst gentzlich zerstöret in
dem, daß er xallen bischouelichen* gewalt an sich gezogen hatt. Darumb etliche fromme
Juristen des Papsts plenitudinem potestatis plenitudinem uastitatis heissen94.
Es ist auch hie wol zuo mercken, das den bischouen nur ein fürsorge vnd kein gewalt
vnnd dem papst allein aller gewalt zuo geschriben würdt. 25
o) add. am Rand.
p) dann der E.
q) -q) keinen bischoffen D.
r) den E.
s) fehlt D.
t) fehlt D.
u) dis D.
v) allen D.
w) -w) das ander, das man mit Gott nit nachgeben kan E.
x) ~x) von allen bischoffen allen E.
88. Weiteres ... einräumen; zuweisen.
89. Das Maß gesetzt, zugemessen, zugeteilt.
90. Der Begriff »plenitudo potestatis« erscheint im lat. Text des Interims in Art. 13 mehrfach
(Mehlhausen, S. 71. 73). Gegen ihn richtet sich B.s Einspruch ähnlich scharf wie gegen »perpetua
successio« in Art. 20 (s. unten).
91. Anzuerkennen. - Hier wird Punkt 2 des Einspruchs B.s und der Prediger gegen das Interim
markiert, besonders deutlich in der Lesart von E - s. oben, Anm. w)-w).
92. Bezieht sich auf den deutschen Text, der lateinische hat nur zwei Absätze.
93. Fürsorge, Verwaltung. - An dieser Stelle beginnt der dritte Schreiber, dessen Kalligraphie
Korrekturen von anderer Hand leichter erkennen läßt.
94. Totale Macht - totale Verwüstung.
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
henn. Also ists noch im Concilio zu Nicea vnnd zun zeittenn Augustini0 gehalten wor¬
den. Weyter mag dem Römischen bischoff mit gott niemant zugebenn88.
| [228b] | Bey dem auch das zumercken, das die Christen weder disen noch andre
bischoffe für Bischoffe christi vnd hirten jrer kirchen erkennen mögen, die ir ampt nit
nach dem befelch christi verrichtenn. Derp frömden stimme sollen die schäfflin christi 5
nit hörenn vnd sy fliehenn Johan. 10 [5]. So kan man auch qkeinem bischoffeq einigen
gewalt zugebenn vber die herdenn Christi dann zur besserung vnnd wie dannr der h.
geist hat gemessiget89.
Vnnd darumb ist diss ort des Interims, das der herre christus dem petro vnnd seinen
nachkomen habe4 plenitudinem potestatis90 91, dasu ist: ein volle macht vber allev kirchen 10
Cristi, gegebenn, wauch mit gott nit nachzugebenw91. Dann vnser Herr Christus hat
weder S. Peter noch seinen nachkommen solchen gwalt gegeben.
Wol wirt dise volmacht in 2. vnnd 3. §92 etwas gemessiget, in denen gesetzet ist, das
der papst seinen vollen gwalt nur zur besserung brauchen vnd das damit den andren
bischovenn der theil jrer | [229 a] | versorge93 nitt benumen werden, die jnen der herre 15
bevolhen habe.
Noch mage daß nitt besthon, daß Christus S. peter vnnd seinen nochkumen vollen
gewalt gegeben habe über alle kirchen, dan er hats nitt gethon. So hat man ia leider zufil
wol erfaren, waß grewlichsten schaden allen kirchen bracht habe, das man dem Römi-
schen bischoue zugesehen hatt, das er sich über alle bischoue dermassen erhöchet hatt 20
vnnd noch begeret, dan er doch allen waren bischouelichen dienst gentzlich zerstöret in
dem, daß er xallen bischouelichen* gewalt an sich gezogen hatt. Darumb etliche fromme
Juristen des Papsts plenitudinem potestatis plenitudinem uastitatis heissen94.
Es ist auch hie wol zuo mercken, das den bischouen nur ein fürsorge vnd kein gewalt
vnnd dem papst allein aller gewalt zuo geschriben würdt. 25
o) add. am Rand.
p) dann der E.
q) -q) keinen bischoffen D.
r) den E.
s) fehlt D.
t) fehlt D.
u) dis D.
v) allen D.
w) -w) das ander, das man mit Gott nit nachgeben kan E.
x) ~x) von allen bischoffen allen E.
88. Weiteres ... einräumen; zuweisen.
89. Das Maß gesetzt, zugemessen, zugeteilt.
90. Der Begriff »plenitudo potestatis« erscheint im lat. Text des Interims in Art. 13 mehrfach
(Mehlhausen, S. 71. 73). Gegen ihn richtet sich B.s Einspruch ähnlich scharf wie gegen »perpetua
successio« in Art. 20 (s. unten).
91. Anzuerkennen. - Hier wird Punkt 2 des Einspruchs B.s und der Prediger gegen das Interim
markiert, besonders deutlich in der Lesart von E - s. oben, Anm. w)-w).
92. Bezieht sich auf den deutschen Text, der lateinische hat nur zwei Absätze.
93. Fürsorge, Verwaltung. - An dieser Stelle beginnt der dritte Schreiber, dessen Kalligraphie
Korrekturen von anderer Hand leichter erkennen läßt.
94. Totale Macht - totale Verwüstung.