i3. ANTWORT DER PREDIGER
553
Da wolten wir wol, das alle Stende der Augspurgischen Confession hetten mit E.G.
vnd E.G mit jnen oder doch für sich selb jren glauben so frey bekennet, wie sie Anno
1I5]3° gethon18, Also das man sich da hette frey vnd öffentlich bezeuget vnd Protestie¬
ret, keinem Concilio weiter, dann das dem wort Gottes folgete, zu gehorchen, Noch
5 einige messigung der Religion anzunemen, die jn Gottes wort nit gegründet seye.
Dann ob die Kay. Mt. schon E.G. wie auch andere Stende nit wolte dem Interim
daher verstricket18 19 halten, wie sie aber thut, das sie nit darwider frey vnd öffentlich
haben protestieret, So ist doch offenbar, das solche nottwendige Christliche Protesta-
tion den Stenden jm Reich in fil geringeren dingen auß alt herprachter freyheit zugege-
io ben vnd vorbehalten, daher allein nach bliben ist, das man in dem die menschen mehr
dann Gott gefürchtet vnd den zeitlichen gewalt, der damals vor den Augen geschwebet,
hefftiger angesehen hat Mann die Allmechtigkeit Gottes, die doch des orts wie allent-
halben gar fil gewaltiger in die äugen vnd alle befindtlichkeiten geschinen vnd getrungen
hatb, dann einiger menschen macht vnnd herrlichkeit jmmer meer möge scheinen vnd
15 tringen. | [163 b] | Dadurch wir dann beschuldet haben20, das alle Sachen Christlicher
Religion vnd Teutscher freyheit von der zeit an immer ins erger gerathen sind.
Diese sünde, das die Göttliche Maiestett 6 dis orts nit ist6 besser vor äugen gehabt vnd
geheyliget wordend, sollen wir alle Gott von hertzen klagen vnnd jn vmb verzeyhung
bitten.
20 Vnd sollen in dem wol zu hertzen furen, das wir Gott, vnserem Schöpfer vnd Erlöser,
von des lauteren gnaden wir alles haben, das wir sind, haben vnd vermögen, ie so fil
mehr forchten, vor äugen haben, bekennen vnnd ehren sollen dann alle Creaturen jn
himel vnd erden, so fil er mehr ist vnd vns mer güts thut dann alles, das er in himel oder
erden erschaffen hat. Darumb keine diener der königen vnd gewaltigen dieser weit das
25 recht vnd die ehr jrer herren immer mehr noch an einigen orten, da gleich jre herren
zum mechtigisten sind, mögen so volkumen, so frey vnd freydig verjehen21, Vorbehal-
ten22 vnnd vertedigen. Wir alle, die wir Christen leut vnd kinder Gottes zusein begeren,
sollen alles recht vnd ehr Gottes, vnsers himlischen Vatters, vnd vnsers heylands Jesu
Christj noch vnendtlich volkumner, freyer vnnd freydiger bekennen, vorbehalten vnd
30 vertedigen | [164 a] | an allen orten vnd zu allen Zeiten, wie dann auch kein ort noch, zeit
ist, in deren wir nit aller dingen seiner gnaden, ja in jm leben, wesen6 vnd sind23.
Als aber E.G. demnach so fil trewes fleyß angekeret, bey der Kay. Mt. zuerbetten,
das sie vns des Interim wolte gar erlassen oder vns dessen solche milterung zugeben, das
b) add. über der Zeile. - c)-c) korr. und add.
d) gestr.iist. - e) Ms:wesren.
18. Der Vorwurf B.s gegen den Rat bzw. seine Gesandten in Augsburg ist nur zum Teil berech-
tigt. Von Anfang an waren die Vertreter der Reichsstädte bei den Beratungen der Reichsstände
weithin ausgeschaltet. Dennoch hat z. B. Jakob Sturm bis zuletzt harten Widerstand gegen das
Interim geleistet.
19. Verhaftet, verbunden mit.
20. Daran schuldig geworden sind.
21. Kühn verkündigen, entschlossen bekennen.
22. Beschützen, sich davorstellen.
23. Vgl. Apg 17,28.
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Da wolten wir wol, das alle Stende der Augspurgischen Confession hetten mit E.G.
vnd E.G mit jnen oder doch für sich selb jren glauben so frey bekennet, wie sie Anno
1I5]3° gethon18, Also das man sich da hette frey vnd öffentlich bezeuget vnd Protestie¬
ret, keinem Concilio weiter, dann das dem wort Gottes folgete, zu gehorchen, Noch
5 einige messigung der Religion anzunemen, die jn Gottes wort nit gegründet seye.
Dann ob die Kay. Mt. schon E.G. wie auch andere Stende nit wolte dem Interim
daher verstricket18 19 halten, wie sie aber thut, das sie nit darwider frey vnd öffentlich
haben protestieret, So ist doch offenbar, das solche nottwendige Christliche Protesta-
tion den Stenden jm Reich in fil geringeren dingen auß alt herprachter freyheit zugege-
io ben vnd vorbehalten, daher allein nach bliben ist, das man in dem die menschen mehr
dann Gott gefürchtet vnd den zeitlichen gewalt, der damals vor den Augen geschwebet,
hefftiger angesehen hat Mann die Allmechtigkeit Gottes, die doch des orts wie allent-
halben gar fil gewaltiger in die äugen vnd alle befindtlichkeiten geschinen vnd getrungen
hatb, dann einiger menschen macht vnnd herrlichkeit jmmer meer möge scheinen vnd
15 tringen. | [163 b] | Dadurch wir dann beschuldet haben20, das alle Sachen Christlicher
Religion vnd Teutscher freyheit von der zeit an immer ins erger gerathen sind.
Diese sünde, das die Göttliche Maiestett 6 dis orts nit ist6 besser vor äugen gehabt vnd
geheyliget wordend, sollen wir alle Gott von hertzen klagen vnnd jn vmb verzeyhung
bitten.
20 Vnd sollen in dem wol zu hertzen furen, das wir Gott, vnserem Schöpfer vnd Erlöser,
von des lauteren gnaden wir alles haben, das wir sind, haben vnd vermögen, ie so fil
mehr forchten, vor äugen haben, bekennen vnnd ehren sollen dann alle Creaturen jn
himel vnd erden, so fil er mehr ist vnd vns mer güts thut dann alles, das er in himel oder
erden erschaffen hat. Darumb keine diener der königen vnd gewaltigen dieser weit das
25 recht vnd die ehr jrer herren immer mehr noch an einigen orten, da gleich jre herren
zum mechtigisten sind, mögen so volkumen, so frey vnd freydig verjehen21, Vorbehal-
ten22 vnnd vertedigen. Wir alle, die wir Christen leut vnd kinder Gottes zusein begeren,
sollen alles recht vnd ehr Gottes, vnsers himlischen Vatters, vnd vnsers heylands Jesu
Christj noch vnendtlich volkumner, freyer vnnd freydiger bekennen, vorbehalten vnd
30 vertedigen | [164 a] | an allen orten vnd zu allen Zeiten, wie dann auch kein ort noch, zeit
ist, in deren wir nit aller dingen seiner gnaden, ja in jm leben, wesen6 vnd sind23.
Als aber E.G. demnach so fil trewes fleyß angekeret, bey der Kay. Mt. zuerbetten,
das sie vns des Interim wolte gar erlassen oder vns dessen solche milterung zugeben, das
b) add. über der Zeile. - c)-c) korr. und add.
d) gestr.iist. - e) Ms:wesren.
18. Der Vorwurf B.s gegen den Rat bzw. seine Gesandten in Augsburg ist nur zum Teil berech-
tigt. Von Anfang an waren die Vertreter der Reichsstädte bei den Beratungen der Reichsstände
weithin ausgeschaltet. Dennoch hat z. B. Jakob Sturm bis zuletzt harten Widerstand gegen das
Interim geleistet.
19. Verhaftet, verbunden mit.
20. Daran schuldig geworden sind.
21. Kühn verkündigen, entschlossen bekennen.
22. Beschützen, sich davorstellen.
23. Vgl. Apg 17,28.