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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Buckwalter, Stephen E. [Bearb.]; Wilhelmi, Thomas [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 18): Nachträge 1541 - 1551 sowie Ergänzungen und Korrekturen — Gütersloh, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30530#0486
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482 23. gutachten zur synode von zabern

Das Gutachten weist folgende Gliederung auf:

I. Eine Teilnahme der evangelischen Pfarrer an der vom Straßburger Bischof nach
Zabern berufenen Synode ist nur »mit gepurender maß vnd protestation«
denkbar, denn sie birgt viele Probleme [214 ʳ/ᵛ ]:
A. Ihre Teilnahme kommt einer Anerkennung der altgläubigen Partei als
»christlich« gleich, obwohl sie tatsächlich dem Antichrist dient und die
wahren Christen verfolgt [214 ʳ ].

B. Die altgläubige Partei wird sich durch etwaige Wortmeldungen anwesender
evangelischer Pfarrer ohnehin nicht umstimmen lassen [214 ʳ/ᵛ ].

C. Eine Teilnahme an der Synode setzt die Sache Christi dem Mutwillen und
dem Hohn der altgläubigen Partei aus.

D. Diese negativen Auswirkungen müssen bei allem Abwägen der Nützlichkeit
einer Teilnahme bedacht werden.

II. Ein Fernbleiben der evangelischen Pfarrer von der Synode hat zweierlei zu beachten
[214 ᵛ –215 ʳ ]:
A. Ihr Nicht-Erscheinen darf nicht als Scheu vor dem Licht der Wahrheit mißverstanden
werden.
B. Ebensowenig darf es vom Bischof als Anlaß mißbraucht werden, die evangelischen
Pfarrer wegen contumacia zu belangen.

III. Bucer fordert den Straßburger Rat deshalb auf, ein Entschuldigungsschreiben
zugunsten der Pfarrer mit folgendem Inhalt an den Bischof zu richten [215 ʳ –
216 ᵛ ]:
A. Der Rat hat Sorge, daß der Bischof den Pfarrern vorreformatorische Gebräuche
aufzwingen und ihnen bei der Synode nicht erlauben wird, Argumente
aus der Heiligen Schrift, »den wahren Canonibus« und den Schriften
der Kirchenväter einzubringen [215 ʳ/ᵛ ].

B. Die Antwort des Bischofs auf ein erstes Schreiben des Rates bestätigt diesen
Verdacht: Sie zeugt von wenig Bereitschaft, den Pfarrern auf der Synode zu
erlauben, im Einklang mit ihren Gewissen und mit dem Evangelium frei
handeln zu können [215 ᵛ –216 ʳ ].

C. Vielmehr scheint der Bischof bemüht, nur den Geistlichen, die bei der altgläubigen
gottesdienstlichen Praxis geblieben sind oder zu dieser zurückzukehren
bereit sind, das Recht zu gewähren, auf der Synode frei mitzusprechen
und mitzuentscheiden [216 ʳ ].

D. Da der Rat nicht davon ausgehen kann, daß seinen Pfarrern das ihnen nach
der Tradition der altkirchlichen Synoden zustehende Recht, mitzusprechen
und mitzuentscheiden, zugestanden werden wird, hat der Bischof kein
Recht, ihr Nicht-Erscheinen als contumacia aufzufassen [216 ʳ/ᵛ ].

E. Sollte dagegen der Bischof bereit sein, den evangelischen Pfarrern volles
Mitsprache- und Entscheidungsrecht nach alter synodaler Tradition zu gewährleisten,
ihnen den Rückgriff auf Heilige Schrift, bewährtes kanonisches
Recht und Schrifttum der Kirchenväter zur Reformierung der Kirche zu erlauben
und ihre Gewissen keinesfalls bedrängen zu wollen, »so werden sie
vff sein zugeschriben geleydt gern erscheynen« [216 ᵛ ].
 
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