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Nikochares
Wahrhaftigkeit ihrer eigenen Weissagungen betont), sondern auch in Vers 1-2
die Sprecherin sein kann.
Auffällig ist sowohl in Vers 1-2 als auch in Vers 3-4 die Anlehnung an die
Sprache der Tragödie:24 alle Verse haben, soweit erkennbar, Penthemimeres,
Doppelkürzen fehlen ganz, und sprachlich enthalten beide Fragmente nichts,
was nicht auch in einer Tragödie stehen könnte.25 Am deutlichsten weisen
24 Vers 3-4 wurden auch unter die Adespota der Tragikerfragmente aufgenommen
(Trag, adesp. fr. 328h Kn.-Sn.); allerdings besteht kein deutlicher Unterschied zum
Stil von Vers 1-2, und die anmaßend formulierte und übertrieben emphatische (vgl.
bes. έτητύμως/άψευδόμαντιν ούσαν) Beteuerung des Werts der eigenen Kunst
in Vers 3-4 passt vielleicht besser in eine Parodie des tragischen Stils als in eine
Tragödie selbst.
25 Die tragischen Elemente erscheinen Blaydes 1896, 346 sogar so stark, dass er die
Zuweisung an Nikochares in Frage stellt und vermutet, dass die Verse aus ei-
ner Tragödie stammen. Diese Annahme ist nicht zwingend, aber aus dem Text
der Fragmente nicht widerlegbar; denkbar wäre dann z.B. eine Verwechslung
mit einem der beiden Tragiker Nikomachos, TrGF 36 und 127. Die im Lexicon
Messanense und bei Photios erhaltenen Fragmente werden in TrGF dem frühestens
im 3. Jh. v. Chr. tätigen zweiten Nikomachos (aus der nach 301 v. Chr. gegründeten
Stadt Alexandreia Troas) zugeschrieben (TrGF 127 F 7 [aus dem Oidipus] und
13-6 [ohne Titel]); vgl. das von Photios zitierte fr. 1 aus dem Alexandras, einem
in der Suda für Nikomachos von Alexandria bezeugten Titel. Das ist angesichts
der Überlieferungssituation einiger der Fragmente allerdings sehr zweifelhaft:
Die im erhaltenen Abschnitt des Lexicon Messanense (ediert von Rabe 1892, und
vgl. die Nachträge in Rabe 1895) zitierten Belege stammen sonst ausschließlich
aus Komödiendichtern (und zwar, mit der Ausnahme eines Menanderzitats, aus-
schließlich aus Dichtern der Alten Komödie), Tragödiendichtern des 5. Jh. v.Chr.,
Homer, Archilochos, Thukydides, Platon und späteren Grammatikern (vgl. die
Liste von Rabe 1892, 413). Und unter den Glossen des Photios ist besonders a
1166 aufschlussreich: άνηλέητος, ού μόνον {ό} άνηλεής. Εΰβουλος Δανάη· ... (fr.
22 Κ.-Α). και Νικόμαχος· δαίμων άνηλέητος. άνηλεήτως δε Αριστοφάνης έφη
(fr. 776 Κ.-Α.). Denn dieser Eintrag kann durch einen Vergleich mit der Epitome
der Praeparatio sophistica (p. 46,2 de Borries άνηλέητος καί άνηλεής) Phrynichos
zugewiesen werden. Dass aber Phrynichos, der Attizist mit dem vielleicht am stärk-
sten restriktiven Kanon überhaupt, einen aus Kleinasien stammenden Tragiker
des 3. Jh. heranzieht, um ein Wort als korrektes Attisch zu erweisen, ist äußerst
unwahrscheinlich. Zweifel an der Zuweisung der Fragmente an einen Tragiker des
3. Jh. v. Chr. äußern - aus anderen Gründen - in Rezensionen zu der ersten Auflage
von TrGF I (vgl. die Appendix in TrGF I2 356) schon T. B. L. Webster (Gnomon 44,
1972, 737-40, hier 739-40: „Nikomachos of Alexandria in the Troad cannot be ear-
lier than the 3rd cent. B. C. I wonder if F 1, 7, 13, all in lyric recitative metre, should
not rather be given to the 5th cent. Nikomachos (no. 36).“) und C. J. Herington (C1W
Nikochares
Wahrhaftigkeit ihrer eigenen Weissagungen betont), sondern auch in Vers 1-2
die Sprecherin sein kann.
Auffällig ist sowohl in Vers 1-2 als auch in Vers 3-4 die Anlehnung an die
Sprache der Tragödie:24 alle Verse haben, soweit erkennbar, Penthemimeres,
Doppelkürzen fehlen ganz, und sprachlich enthalten beide Fragmente nichts,
was nicht auch in einer Tragödie stehen könnte.25 Am deutlichsten weisen
24 Vers 3-4 wurden auch unter die Adespota der Tragikerfragmente aufgenommen
(Trag, adesp. fr. 328h Kn.-Sn.); allerdings besteht kein deutlicher Unterschied zum
Stil von Vers 1-2, und die anmaßend formulierte und übertrieben emphatische (vgl.
bes. έτητύμως/άψευδόμαντιν ούσαν) Beteuerung des Werts der eigenen Kunst
in Vers 3-4 passt vielleicht besser in eine Parodie des tragischen Stils als in eine
Tragödie selbst.
25 Die tragischen Elemente erscheinen Blaydes 1896, 346 sogar so stark, dass er die
Zuweisung an Nikochares in Frage stellt und vermutet, dass die Verse aus ei-
ner Tragödie stammen. Diese Annahme ist nicht zwingend, aber aus dem Text
der Fragmente nicht widerlegbar; denkbar wäre dann z.B. eine Verwechslung
mit einem der beiden Tragiker Nikomachos, TrGF 36 und 127. Die im Lexicon
Messanense und bei Photios erhaltenen Fragmente werden in TrGF dem frühestens
im 3. Jh. v. Chr. tätigen zweiten Nikomachos (aus der nach 301 v. Chr. gegründeten
Stadt Alexandreia Troas) zugeschrieben (TrGF 127 F 7 [aus dem Oidipus] und
13-6 [ohne Titel]); vgl. das von Photios zitierte fr. 1 aus dem Alexandras, einem
in der Suda für Nikomachos von Alexandria bezeugten Titel. Das ist angesichts
der Überlieferungssituation einiger der Fragmente allerdings sehr zweifelhaft:
Die im erhaltenen Abschnitt des Lexicon Messanense (ediert von Rabe 1892, und
vgl. die Nachträge in Rabe 1895) zitierten Belege stammen sonst ausschließlich
aus Komödiendichtern (und zwar, mit der Ausnahme eines Menanderzitats, aus-
schließlich aus Dichtern der Alten Komödie), Tragödiendichtern des 5. Jh. v.Chr.,
Homer, Archilochos, Thukydides, Platon und späteren Grammatikern (vgl. die
Liste von Rabe 1892, 413). Und unter den Glossen des Photios ist besonders a
1166 aufschlussreich: άνηλέητος, ού μόνον {ό} άνηλεής. Εΰβουλος Δανάη· ... (fr.
22 Κ.-Α). και Νικόμαχος· δαίμων άνηλέητος. άνηλεήτως δε Αριστοφάνης έφη
(fr. 776 Κ.-Α.). Denn dieser Eintrag kann durch einen Vergleich mit der Epitome
der Praeparatio sophistica (p. 46,2 de Borries άνηλέητος καί άνηλεής) Phrynichos
zugewiesen werden. Dass aber Phrynichos, der Attizist mit dem vielleicht am stärk-
sten restriktiven Kanon überhaupt, einen aus Kleinasien stammenden Tragiker
des 3. Jh. heranzieht, um ein Wort als korrektes Attisch zu erweisen, ist äußerst
unwahrscheinlich. Zweifel an der Zuweisung der Fragmente an einen Tragiker des
3. Jh. v. Chr. äußern - aus anderen Gründen - in Rezensionen zu der ersten Auflage
von TrGF I (vgl. die Appendix in TrGF I2 356) schon T. B. L. Webster (Gnomon 44,
1972, 737-40, hier 739-40: „Nikomachos of Alexandria in the Troad cannot be ear-
lier than the 3rd cent. B. C. I wonder if F 1, 7, 13, all in lyric recitative metre, should
not rather be given to the 5th cent. Nikomachos (no. 36).“) und C. J. Herington (C1W