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Orth, Christian; Nicochares
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 9,3): Nikochares - Xenophon: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.52132#0089
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84

Nikochares

Aischylos’ Lemniai waren vielleicht der erste Teil einer Tetralogie, die
auch Hypsipyle, Kabeiroi und (als Satyrspiel) Argö enthalten haben könnte
(vgl. Sommerstein 2008, 14-5. 108-9. 126-7. 250-1), und dürften dann den
Männermord der lemnischen Frauen behandelt haben (ebd. 126). Von Sopho-
kles sind zwei Versionen einer Tragödie (oder zwei Tragödien) mit dem
Titel Lemniai bezeugt, in denen nach Schob Ap. Rhod. 1,769-73 - wie in
Aischylos’ Hypsipyle100 - der Besuch der Argonauten bei den Lemnierinnen
behandelt wurde (vgl. Pearson 1917, II 51-3, Radt 1977, 336-7).101 Auf den
Mythos der Lemnierinnen nahmen auch Aristophanes’ Lemniai Bezug,102
wie besonders aus fr. 373 (wo die Herrschaft des Thoas über die Insel er-
wähnt wird) und fr. 374 (über den Männermord der Lemnierinnen) hervor-
geht; das Vergangenheitstempus in beiden Fragmenten legt nahe, dass die
Komödienhandlung nach dem Männermord der Lemnierinnen spielte, und
damit wohl wie in Sophokles’ gleichnamigem Stück die Begegnung der Lem-
nierinnen und der Argonauten behandelt wurde. In fr. 381 und 384 wird auf
die thrakische Göttin Bendis Bezug genommen (vgl. Delneri 2006, 211), und
auch die übrigen Fragmente des Stücks vermitteln noch einen Eindruck, wie
stark Aristophanes den Mythos der zeitgenössischen Alltagswelt der Komödie
annäherte. Strattis’ Lemnomeda kombinierte vielleicht die Mythen von An-
dromeda und den Lemnierinnen.103 Der Inhalt der Lemniai des Antiphanes
und Diphilos ist unbekannt (bei Antiph. fr. 142 spricht ein Parasit über sei-
ne Kunst). Alexis’ Lemnia gehört zu den zahlreichen Stücken der späteren
Komödie, in denen im Titel eine der Hauptfiguren nach ihrer Herkunft be-
zeichnet wird; dass möglicherweise auch Diphilos’ pluralischer Titel Lemniai
ähnlich erklärt werden könnte (als Hinweis auf mindestens zwei Frauen aus
Lemnos in dem Stück), wird gestützt durch die Fragmente von Turpilius’

100 Euripides’ Hypsipyle behandelte dagegen das spätere Schicksal der Hypsipyle (vgl.
unten Anm. 105).
101 Im Schol. Ap. Rhod. 1,769-73 p. 68,9-12 Wendel wird berichtet, dass in Aischylos’
Hypsipyle die Lemnierinnen einen bewaffneten Angriff auf die im Winterlager
liegenden Argonauten durchführten und sie erst dann auf Lemnos lagern ließen,
als sie sie durch Eid verpflichtet hatten, mit ihnen zu schlafen, während es in
Sophokles’ Lemniai sogar zu einem heftigen Kampf gekommen sei.
102 Vgl. zu dem Stück Delneri 2006, 209-11 (mit teilweise stärker hypothetischen
Annahmen zum Inhalt des Stücks und der Rolle des Kults der Bendis).
103 Diese Erklärung von Strattis’ Titel scheint mir inzwischen wahrscheinlicher als die
alternative Möglichkeit einer Verbindung des Andromedamythos mit zeitgenös-
sischen Ereignissen in Lemnos (zu beiden Hypothesen vgl. Orth 2009, 131-2). Zu
einer ähnlichen Kombination verschiedener Mythen vgl. Nikochares’ Amymöne e
Pelops.
 
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