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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2020 — 2021

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A. Das akademische Jahr 2020
DOI Kapitel:
I. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Gertz, Jan Christian: Ham und die Hamiten. Anmerkungen zu einer kulturgeschichtlich bedeutsamen ethno-geographischen Klassifizierung in der biblischen Urgeschichte: Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 17. Juli 2020
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Ertl, Thomas: Interaktive Visualisierung – eine Schlüsseldisziplin für die Analyse großer Datenmengen: Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 17. Juli 2020
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https://doi.org/10.11588/diglit.61621#0029
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Thomas Ertl

mischen Historikern aufgenommene Tradition zu berichten, dass Ham trotz
des göttlichen Verbots auf der Arche mit seiner Frau geschlafen habe, weshalb
er mit einer schwarzen Hautfarbe gestraft sei. In der muslimischen Rezeption
der Überlieferung von Ham scheint anfänglich die schwarze Hautfarbe, jedoch
nicht die Versklavung Kanaans zum „Knecht aller Völker“ die Folge von Noahs
Fluch gewesen zu sein. Die Verbindung zur doppelten Verfluchung Harns (!)
und seiner Nachkommen mit schwarzer Hautfarbe und Sklavenexistenz und die
damit gegebene Gleichung „schwarz = Sklave“ findet sich wohl erstmals expli-
zit bei islamischen Historikern. Im Hintergrund stehen die islamische Erobe-
rung Afrikas und die daraus resultierende dramatische Zunahme der Versklavung
von Schwarzafrikanern. Im christlichen Kontext ist der Doppelfluch „Schwarz
und Sklave“ wohl erstmals im 16. Jh. belegt. Ihre steile und unheilvolle Karri-
ere machte diese Auslegung allerdings erst vor und nach dem amerikanischen
Bürgerkrieg (1861 — 1865), wo der „Curse of Ham“ als vermeintlich biblische
Rechtfertigung der Sklaverei diente. Dass es sich dabei um eine eher vorwiegend
populärtheologische Auslegung mit einer längeren inneramerikanischen Vorge-
schichte handelt, zeigt ihre (vergebliche) Widerlegung bereits im frühen 18. Jh.
durch Cotton Mather, den seiner Zeit vielleicht wichtigsten Theologen und In-
tellektuellen Neuenglands.
Thomas Ertl
„Interaktive Visualisierung - eine Schlüsseldisziplin für die Analyse
großer Datenmengen"
Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 17. Juli 2020
„Der Mensch, das Augenwesen, braucht das Bild“. Heute können wir diesen Le-
onardo da Vinci zugeschricbenen Satz quantifizieren: Der menschliche Sehsinn
liefert rund 80% aller Informationen aus unserer Umwelt und über die Hälfte
unserer Großhirnrinde ist an der Verarbeitung visueller Reize beteiligt. Es ist daher
nicht verwunderlich, dass die Menschheit schon immer reale Dinge und komplexe
Zusammenhänge visualisiert, sich also ein Bild davon macht. Seit Jahrhunderten
haben sich in den Wissenschaften graphische Abstraktionen von Daten etabliert,
von Karten über zeitliche Funktionsverläufe bis zu anatomischen Skizzen. Mit
dem Aufkommen von Computersimulationen und hochauflösenden Messgeräten
sind jedoch die zu analysierenden Datenmengen so gewachsen, dass sie mit den
klassischen, an Stift und Papier orientierten Darstellungen nicht mehr vermittelbar
waren. Gleichzeitig bot die dynamische Entwicklung der modernen Computer-
graphik mit speziellen Graphikprozessoren und Bildschirmen mit Millionen von
Bildpunkten und Farbschattierungen völlig neue Möglichkeiten der Generierung

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