Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2020 — 2021

DOI Kapitel:
B. Die Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
DOI Artikel:
Stiller, Christoph: Christoph Stiller: Antrittsrede vom 28. November 2020
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61621#0083
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Antrittsrede von Christoph Stiller

heute, hat meine Frau den Hauptteil der Erziehungsarbeit geleistet. Vereinbarkeit
von Familie und Beruf war und wird vermutlich nie leicht.
Nach der Promotion bot mir Prof. Janusz Konrad am Forschungsinstitut IN-
RS, das teilweise zu Bell Northern gehörte, eine Post-Doc Stelle an und so forschte
ich in Montreal, Kanada, an Bildtexturmodellen. Die Entscheidung, wieder nach
Deutschland zurückzukehren, war nicht leicht. Beruflich ging ich nach Hildes-
heim zur Robert Bosch GmbH, die eine Vorentwicklung für bildverarbeitende
Systeme neu aufbaute. Es war eine Gründerzeit für Bildverarbeitung, in der die
Umstellung analoger auf digitale Videotechnik große Dynamik bewirkte. Zuerst
trug ich zur Kennzeichenerkennung von Fahrzeugen bei, die unter anderem auf
dem Brennerpass zur Telemauterfassung eingesetzt wurde. Danach wurde ich mit
Videosensorik für automatische Fahrzeuge betraut und durfte nach einigen Jah-
ren diesen strategischen Projektbereich weltweit für die Bosch Gruppe koordinie-
ren. In verschiedenen Forschungsprojekten brachten wir automatische Fahrzeuge
prototypisch auf Erprobungsgeländen und teils auch auf öffentlichen Straßen in
Betrieb. Die Möglichkeiten des Fahrzeugsehens sind nicht zuletzt deshalb so gi-
gantisch, weil es das einzige Sensorsystem ist, das alle fahrrelevante Information
von der Fahrbahngeometrie über andere Verkehrsteilnehmer bis hin zur roten
Ampel wahrnehmen kann. Zeitgleich mit der Gründung eines Geschäftsbereichs
bekam ich einen Ruf an die Universität Karlsruhe für die Leitung des Instituts für
Mess- und Regelungstechnik, wo ich heute bin.
Der Wechsel war nicht einfach. Nach langer Industriezeit war der Aufbau mei-
ner Vorlesungen und Praktika mit viel Wochenendarbeit verbunden. Ich konnte he-
rausragende Gruppenleiter und Mitarbeiter gewinnen und so das Forschungsfeld
Automatisches Fahren aufbauen, mit eigenen Erprobungsfahrzeugen und einer weite-
ren Forschungsgruppe am Forschungsinstitut für Informatik. Besonders am Herzen
liegt mir die internationale Vernetzung und so engagiere ich mich seit vielen Jahren
in der IEEE in der Intelligent Transportation Systems Society.
Besonders befruchtend waren für mich zwei Forschungssemester. Mein ers-
tes führte mich 2010 ans CSIRO nach Brisbane in Australien, wo ich in Matlab
Methoden zur 3D-Rekonstruktion aus Stereo-Bildfolgen entwickelte. Der am
KIT zu diesem Thema promovierende Doktorand hat später sein erfolgreiches
Startup Unternehmen Atlatec entwickelt. Während meines zweiten Forschungs-
aufenthalts 2015 an der Stanford University und bei Bosch RTC im Silicon Valley
untersuchte ich Methoden zur Bewegungsplanung für automatisches Fahren.
Ich bin sehr dankbar, in einem so rasant fortschreitenden Forschungsgebiet
und in einer Gruppe mit exzellenten jungen Forschern in Zusammenarbeit mit
Partnern aus der Industrie und Wissenschaft arbeiten zu dürfen. Fahrzeuge wer-
den zwar in absehbarer Zeit nie unfallfrei sein, aber durch die wachsende Metho-
denvielfalt nicht zuletzt aus dem Bereich der verlässlichen künstlichen Intelligenz

83
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften