DUBIOSA
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dürfte, denn er wollte bei ihm Luthers Galaterkommentar nachdrucken
lassen. Die zahlreichen erhaltenen Drucke zerfallen in zwei Gruppen:
Eine Basel-Straßburger Gruppe B und die Hauptgruppe mit elf Drucken H.
Aus den zahlreichen, doch zumeist belanglosen Abweichungen beider
Gruppen läßt sich keine Regel gewinnen. Beide Drucke können nach
dem Manuskript gesetzt sein.
Auch bei der Datierung kommt Lehmann zu einen anderen Ergebnis
als Köhler und Kalkoff: Die Abfassung des Neukarsthans ist vor dem
Wormser Edikt anzusetzen, denn nur dann ist die Kaiserhoffnung ver-
ständlich und berechtigt. Mit den » scharpffen mandaten « ist das Mandat
vom 10. März gemeint. Der Dialog rückt in die Zeit zwischen dem
26. März, dem Tag, an dem das kaiserliche Mandat vom 10. März ver-
öffentlicht wurde, und dem 26. Mai.
Zur Lösung der Verfasserfrage beschreitet Lehmann den philologi-
schen Weg, er beginnt mit einer Analyse der Sprache: Der Sprache des
Verfassers fehlt das »grob mundartliche Wesen63«. Jedoch zeigt die
nähere Untersuchung, daß ein stark entfärbtes Elsässisch vorliegt. Der
alemannische Ausgleich in der ersten und zweiten Person Pluralis wird
gebracht, auch ie, üe (ü) und uo nicht monophthongiert. Es folgt eine
umfangreiche Liste von Wortformen, die der elsässischen Mundart an-
gehören64.
Aus dem sprachlichen Bestand folgt, daß der Verfasser ein Elsässer
sein muß, der durch seine Bildung die heimatliche Mundart dem
Gemeindeutschen annähert. Außerdem dürfte er in einer anderen
sprachlichen Umgebung als der seiner Heimat geschrieben haben65.
Die Sprache läßt außerdem erkennen, daß der Verfasser eine gründ-
liche Lateinkenntnis besitzt, denn er bringt zahlreiche Infinitiv-
Konstruktionen, er gebraucht den Acl, verwendet den Ablativus
absolutus und partizipiale Bildungen. Bei vielen Zitaten dürften direkte
Übersetzungen aus der Vulgata vorliegen. Auch das Plautuszitat und
17 patristischen Zitate weisen auf die humanistisch-theologische Bildung
des Verfassers66.
In einem Abschnitt »Der innere Mensch« geht Lehmann auf Theo-
logie und Frömmigkeit des Verfassers näher ein: »Brüderliche Liebe
ist ihm das A und O des Christentums67.« Dieser Gedanke bestimmt
seine Kritik des Bestehenden und seine Besserungsvorschläge. Die
apostolische Vollkommenheit erhebt er zum Maßstab für den geist-
lichen Stand. Die Gegenwart ist eine Zeit des Abfalls, der Papst-
63. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXII.
64. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXIII-XXV.
65. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXVI.
66. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXVI-XXIX.
67. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXIX.
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dürfte, denn er wollte bei ihm Luthers Galaterkommentar nachdrucken
lassen. Die zahlreichen erhaltenen Drucke zerfallen in zwei Gruppen:
Eine Basel-Straßburger Gruppe B und die Hauptgruppe mit elf Drucken H.
Aus den zahlreichen, doch zumeist belanglosen Abweichungen beider
Gruppen läßt sich keine Regel gewinnen. Beide Drucke können nach
dem Manuskript gesetzt sein.
Auch bei der Datierung kommt Lehmann zu einen anderen Ergebnis
als Köhler und Kalkoff: Die Abfassung des Neukarsthans ist vor dem
Wormser Edikt anzusetzen, denn nur dann ist die Kaiserhoffnung ver-
ständlich und berechtigt. Mit den » scharpffen mandaten « ist das Mandat
vom 10. März gemeint. Der Dialog rückt in die Zeit zwischen dem
26. März, dem Tag, an dem das kaiserliche Mandat vom 10. März ver-
öffentlicht wurde, und dem 26. Mai.
Zur Lösung der Verfasserfrage beschreitet Lehmann den philologi-
schen Weg, er beginnt mit einer Analyse der Sprache: Der Sprache des
Verfassers fehlt das »grob mundartliche Wesen63«. Jedoch zeigt die
nähere Untersuchung, daß ein stark entfärbtes Elsässisch vorliegt. Der
alemannische Ausgleich in der ersten und zweiten Person Pluralis wird
gebracht, auch ie, üe (ü) und uo nicht monophthongiert. Es folgt eine
umfangreiche Liste von Wortformen, die der elsässischen Mundart an-
gehören64.
Aus dem sprachlichen Bestand folgt, daß der Verfasser ein Elsässer
sein muß, der durch seine Bildung die heimatliche Mundart dem
Gemeindeutschen annähert. Außerdem dürfte er in einer anderen
sprachlichen Umgebung als der seiner Heimat geschrieben haben65.
Die Sprache läßt außerdem erkennen, daß der Verfasser eine gründ-
liche Lateinkenntnis besitzt, denn er bringt zahlreiche Infinitiv-
Konstruktionen, er gebraucht den Acl, verwendet den Ablativus
absolutus und partizipiale Bildungen. Bei vielen Zitaten dürften direkte
Übersetzungen aus der Vulgata vorliegen. Auch das Plautuszitat und
17 patristischen Zitate weisen auf die humanistisch-theologische Bildung
des Verfassers66.
In einem Abschnitt »Der innere Mensch« geht Lehmann auf Theo-
logie und Frömmigkeit des Verfassers näher ein: »Brüderliche Liebe
ist ihm das A und O des Christentums67.« Dieser Gedanke bestimmt
seine Kritik des Bestehenden und seine Besserungsvorschläge. Die
apostolische Vollkommenheit erhebt er zum Maßstab für den geist-
lichen Stand. Die Gegenwart ist eine Zeit des Abfalls, der Papst-
63. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXII.
64. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXIII-XXV.
65. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXVI.
66. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXVI-XXIX.
67. Vgl. Lehmann, a.a.O., S. XXIX.