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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
Uff das Buchlein, so er zu Bonn von seynem beruff und eygnem lob den zehenten
Marti; des xlij. jars im Truck hat lassen außgehen und uff andere seyne Büchlein, durch
in darnach gemachte Verfasser, Druckort, Drucker und Jahr waren nicht angegeben9.
Über den Autor gab es mancherlei Vermutungen und Gerüchte10. Bucer selbst wußte
sofort, daß diese Schmähschrift nur von seinem alten Gegner Anton Engelbrecht stam-
men konnte. Dieser hatte einst als Weihbischof von Speyer die Urkunde der Entlassung
Bucers aus dem Dominikanerorden unterfertigt und gesiegelt (1521)11 und war, nach-
dem er mit der alten Kirche gebrochen hatte, fast zehn Jahre lang als evangelischer
Prediger in Straßburg tätig gewesen, bis ihn 1534 der Rat der Stadt »beurlaubt«, d. h.
seines Amtes entsetzt hatte12. Auf dem Reichstag zu Speyer (1544) war er als Mitarbei-
ter des Kölner Domkapitels im Gefolge des Domherrn Johannes Gropper wieder aufge-
taucht.
Die Schrift Engelbrechts hatte die Evangelischen in Bonn innerlich beunruhigt. Sie
konnte zwar ihr Vertrauen in Bucer nicht erschüttern, aber die Frage war nicht zu
beantworten, welchen Wahrheitsgehalt die vorgetragenen Behauptungen wohl haben
könnten. So wartete die wirklich angefochtene Gemeinde auf ein Wort aus Straßburg.
Bucers Stellungnahme erfolgte auch umgehend. Er schrieb als »Trostschrift« für die
Gemeinde eine Auslegung des 120. Psalms, die den Auftakt und die biblische Begrün-
dung für seine Auseinandersetzung mit dem »Schandgedicht«, der >Abconterfeytung<
Engelbrechts, darstellt. Die Zurückweisung und Widerlegung der in dieser erhobenen
Beschuldigungen nehmen etwa zwei Drittel der Bucerschen Schrift ein. Sie wurde
wenige Wochen nach dem Erscheinen der >Abconterfeytung< in Straßburg gedruckt und
stellt eine wichtige autobiographische Quelle für die Bucerforschung dar.
Titelblatt. DER CXX. PSALM // Ein danck vnd Bet- // psalm / wider die falschen
Zungen // vnd stehte Widerfechter christlicher Re // ligion / ausgelegt / zu lehre vnd
tröst in // diser gefährlichsten Zeiten. An die // christliche Gemeinde zu Bonn, //
Christliche vnd warhaf // te Antwort / vff das Schandge- // dicht / wider christliche
Abconterfeitung Mar- // tin Bucers etc. aus- // gangen. // Durch Martin Bucer. // Psal.
9. Bibi. S. 80, Titel 1; dort irrtümlich Bartholomaeus Latomus zugeschrieben. - Die Angabe
»xlij.jars« ist Druckfehler und in »xliij.jars« zu berichtigen (s. oben, Anm. 3); vgl. W. Bellardi-.
AntonEngelbrecht(i485~i558). Helfer, Mitarbeiterund Gegner Bucers. In: ARG 64.1973. S. 202.
Anm. 62. Eine kritische Ausgabe des Textes der >Abconterfeytung< ist erschienen in: CCath 31.
Münster 1974. Hrsg. v. W. Bellardi.
10. Davon spricht B. selbst am Ende des Buches (f. 13 b). Er gibt dort, ohne den Namen zu
nennen, eine treffende Charakteristik von Anton Engelbrecht. Über diesen Mann, der mehr als zwei
Jahrzehnte hindurch immer wieder den Weg B.s gekreuzt hat, vgl. W. Bellardi, Anton Engelbrecht,
S. 183 ff.; vgl. auch die Einleitung zur Textausgabe in: CCath 31, 1974, S. 3 ff.
11. Abdruck der Urkunde in BDS 1, S. 28 5 ff.
12. Dazu Täuferakten 8, S. 283 f. 194; Schieß 1, S. 475. Ferner W. Bellardi, Anton Engelbrecht,
S. 199.
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
Uff das Buchlein, so er zu Bonn von seynem beruff und eygnem lob den zehenten
Marti; des xlij. jars im Truck hat lassen außgehen und uff andere seyne Büchlein, durch
in darnach gemachte Verfasser, Druckort, Drucker und Jahr waren nicht angegeben9.
Über den Autor gab es mancherlei Vermutungen und Gerüchte10. Bucer selbst wußte
sofort, daß diese Schmähschrift nur von seinem alten Gegner Anton Engelbrecht stam-
men konnte. Dieser hatte einst als Weihbischof von Speyer die Urkunde der Entlassung
Bucers aus dem Dominikanerorden unterfertigt und gesiegelt (1521)11 und war, nach-
dem er mit der alten Kirche gebrochen hatte, fast zehn Jahre lang als evangelischer
Prediger in Straßburg tätig gewesen, bis ihn 1534 der Rat der Stadt »beurlaubt«, d. h.
seines Amtes entsetzt hatte12. Auf dem Reichstag zu Speyer (1544) war er als Mitarbei-
ter des Kölner Domkapitels im Gefolge des Domherrn Johannes Gropper wieder aufge-
taucht.
Die Schrift Engelbrechts hatte die Evangelischen in Bonn innerlich beunruhigt. Sie
konnte zwar ihr Vertrauen in Bucer nicht erschüttern, aber die Frage war nicht zu
beantworten, welchen Wahrheitsgehalt die vorgetragenen Behauptungen wohl haben
könnten. So wartete die wirklich angefochtene Gemeinde auf ein Wort aus Straßburg.
Bucers Stellungnahme erfolgte auch umgehend. Er schrieb als »Trostschrift« für die
Gemeinde eine Auslegung des 120. Psalms, die den Auftakt und die biblische Begrün-
dung für seine Auseinandersetzung mit dem »Schandgedicht«, der >Abconterfeytung<
Engelbrechts, darstellt. Die Zurückweisung und Widerlegung der in dieser erhobenen
Beschuldigungen nehmen etwa zwei Drittel der Bucerschen Schrift ein. Sie wurde
wenige Wochen nach dem Erscheinen der >Abconterfeytung< in Straßburg gedruckt und
stellt eine wichtige autobiographische Quelle für die Bucerforschung dar.
Titelblatt. DER CXX. PSALM // Ein danck vnd Bet- // psalm / wider die falschen
Zungen // vnd stehte Widerfechter christlicher Re // ligion / ausgelegt / zu lehre vnd
tröst in // diser gefährlichsten Zeiten. An die // christliche Gemeinde zu Bonn, //
Christliche vnd warhaf // te Antwort / vff das Schandge- // dicht / wider christliche
Abconterfeitung Mar- // tin Bucers etc. aus- // gangen. // Durch Martin Bucer. // Psal.
9. Bibi. S. 80, Titel 1; dort irrtümlich Bartholomaeus Latomus zugeschrieben. - Die Angabe
»xlij.jars« ist Druckfehler und in »xliij.jars« zu berichtigen (s. oben, Anm. 3); vgl. W. Bellardi-.
AntonEngelbrecht(i485~i558). Helfer, Mitarbeiterund Gegner Bucers. In: ARG 64.1973. S. 202.
Anm. 62. Eine kritische Ausgabe des Textes der >Abconterfeytung< ist erschienen in: CCath 31.
Münster 1974. Hrsg. v. W. Bellardi.
10. Davon spricht B. selbst am Ende des Buches (f. 13 b). Er gibt dort, ohne den Namen zu
nennen, eine treffende Charakteristik von Anton Engelbrecht. Über diesen Mann, der mehr als zwei
Jahrzehnte hindurch immer wieder den Weg B.s gekreuzt hat, vgl. W. Bellardi, Anton Engelbrecht,
S. 183 ff.; vgl. auch die Einleitung zur Textausgabe in: CCath 31, 1974, S. 3 ff.
11. Abdruck der Urkunde in BDS 1, S. 28 5 ff.
12. Dazu Täuferakten 8, S. 283 f. 194; Schieß 1, S. 475. Ferner W. Bellardi, Anton Engelbrecht,
S. 199.