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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
gebieten auch, die altar zu zerbrechen, die allein in namen der Märtyrer besuchet wer-
den, so aber des orts keine begraben sind. | [E 4 a] | Darumb kein Christ darüber zu
klagen hat, das die ordenlichen obren kirchen, altar, closter und clausen91 brechen,
wann offenbar, das die nit zum dienst der waren gotseligkeit gebrauchet, sonder zu
offenbarer abgotterei misbrauchet werden. Dann Gott hat das gebotten durch sein 5
eigen gesatz und auch durch die waren alten kirchengesetz. Nun ist aber offenbar, und
wir erbietten uns auch, des darzüthün, das alle die kirchen und closter, so unsere Ob-
ren zerbrochen, zu offenbarer abgotterei sind misbrauchet und verwüstet worden.
So fil dann das kelch- und Monstrantzenschmeltzen belangt92, wer das gethon und
thüt, den armen damit und gemeiner notdurfft der menschen zu helffen, der hat sein güt 10
macht93 und gebrauchet sie zum besten. Der liebe Ambrosius94 und alle alte h. Vatter
haben auch die kelch und geschir95 des war christlichen brauchs zerbrochen und ge-
schmeltzet, die gefangnen damit zu losen und die dürfftigen zu erhalten. Welches auch
die gemeinen kirchen und keiserliche gesetz recht erkennen96. Wer diese anders brau¬
chet, der verantworte sich selb, wiewol kein erger misbrauch diser Instrumenten97 sein 15
mage dann der abgotterei, dazu sie die päpstliche clerisei misbrauchet.
Also wa christliche oberen98 die gotsgaben, so die Stifftsenger von den pfarren, schu-
len, Spitalen, versehungen der armen geraubet oder auch durch ir simoniische Meß und
vigil verdingen und verkauffen zu hauff gebracht99, wider zu waren pfarrdiensten,
schulen, Spitalen und anderen gemeinen und besonderen notdurften der waren kirchen 2.0
Gottes verordnen, anlegen und ausspenden, die thün, das inen got in seinem eigen und
der kirchen und christlichen keiser gesetzen hat gebotten. Wer die | [E 4 b] | Got ge-
heilgten güter anders brauchet, ja, mißbrauchet, den habe ich nie entschuldiget, Sonder
daz frei gelehret, geschriben und bezeuget, das die und alle, so solche gott uffgeopferte
güter nit dahin gebrauchen, das die h. religion dardurch befürderet, die juget dem Her- 2.5
ren trewlich ufferzogen und die armen Christi, besonders und in gemein, zur notdurfft
erhalten und zum dienst Gottes gefürdert, geschützet, geschirmet und errettet werden,
das die an disen güteren ein schwer sacrilegium100 begehn, sie seien, wer sie wollen,
hohes oder niders Stands.
Dabei hab ich aber auch bezeuget und bezeuge das noch und wil zü allem rechten fuß 30
martirum constituuntur, in quibus nullum corpus aut reliquiae martiris conditae probantur, ab
episcopis, qui eisdem locis presunt, si fieri potest, evertantur.
91. Einsiedeleien.
92. Wze der kirchen köstlich geschir und kleinat zü gebrauchen. [Marg.].
93. Dazu Vollmacht, Legitimation. In der Randnote (Anm. 92): geschir und kleinat = Altarge-
rät und Kleinodien (Kirchenschätze).
94. /zE officiorumz cap. 28. [Marg.]. - Zitiert wird Ambrosius: De officiis; MSL 16, Sp. 147-150.
95. Kelche und andere Altargeräte. Zu »geschir« vgl. Lexer 1, Sp. 903; Grimm 4,1,2, Sp. 3888.
96. Authen [icae] de non alienandis aut permutandis. [Marg.]. - Vgl. Corpus Iuris Civilis, Nov.
VII.
97. Heilige Geräte (Werkzeuge).
98. Vom rechten gebrauch der kircheneinkomen. [Marg.].
99. Stifftsenger = Chorherren. - Simonische Meß und vigil verdingen und verkauffen = gegen
Geld Messen lesen und Totenämter halten. Lexer 3, Sp. 96. - Zü hauff gebracht = angesammelt,
angehäuft.
100. Entheiligung (Religionsschändung durch Tempelraub).
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
gebieten auch, die altar zu zerbrechen, die allein in namen der Märtyrer besuchet wer-
den, so aber des orts keine begraben sind. | [E 4 a] | Darumb kein Christ darüber zu
klagen hat, das die ordenlichen obren kirchen, altar, closter und clausen91 brechen,
wann offenbar, das die nit zum dienst der waren gotseligkeit gebrauchet, sonder zu
offenbarer abgotterei misbrauchet werden. Dann Gott hat das gebotten durch sein 5
eigen gesatz und auch durch die waren alten kirchengesetz. Nun ist aber offenbar, und
wir erbietten uns auch, des darzüthün, das alle die kirchen und closter, so unsere Ob-
ren zerbrochen, zu offenbarer abgotterei sind misbrauchet und verwüstet worden.
So fil dann das kelch- und Monstrantzenschmeltzen belangt92, wer das gethon und
thüt, den armen damit und gemeiner notdurfft der menschen zu helffen, der hat sein güt 10
macht93 und gebrauchet sie zum besten. Der liebe Ambrosius94 und alle alte h. Vatter
haben auch die kelch und geschir95 des war christlichen brauchs zerbrochen und ge-
schmeltzet, die gefangnen damit zu losen und die dürfftigen zu erhalten. Welches auch
die gemeinen kirchen und keiserliche gesetz recht erkennen96. Wer diese anders brau¬
chet, der verantworte sich selb, wiewol kein erger misbrauch diser Instrumenten97 sein 15
mage dann der abgotterei, dazu sie die päpstliche clerisei misbrauchet.
Also wa christliche oberen98 die gotsgaben, so die Stifftsenger von den pfarren, schu-
len, Spitalen, versehungen der armen geraubet oder auch durch ir simoniische Meß und
vigil verdingen und verkauffen zu hauff gebracht99, wider zu waren pfarrdiensten,
schulen, Spitalen und anderen gemeinen und besonderen notdurften der waren kirchen 2.0
Gottes verordnen, anlegen und ausspenden, die thün, das inen got in seinem eigen und
der kirchen und christlichen keiser gesetzen hat gebotten. Wer die | [E 4 b] | Got ge-
heilgten güter anders brauchet, ja, mißbrauchet, den habe ich nie entschuldiget, Sonder
daz frei gelehret, geschriben und bezeuget, das die und alle, so solche gott uffgeopferte
güter nit dahin gebrauchen, das die h. religion dardurch befürderet, die juget dem Her- 2.5
ren trewlich ufferzogen und die armen Christi, besonders und in gemein, zur notdurfft
erhalten und zum dienst Gottes gefürdert, geschützet, geschirmet und errettet werden,
das die an disen güteren ein schwer sacrilegium100 begehn, sie seien, wer sie wollen,
hohes oder niders Stands.
Dabei hab ich aber auch bezeuget und bezeuge das noch und wil zü allem rechten fuß 30
martirum constituuntur, in quibus nullum corpus aut reliquiae martiris conditae probantur, ab
episcopis, qui eisdem locis presunt, si fieri potest, evertantur.
91. Einsiedeleien.
92. Wze der kirchen köstlich geschir und kleinat zü gebrauchen. [Marg.].
93. Dazu Vollmacht, Legitimation. In der Randnote (Anm. 92): geschir und kleinat = Altarge-
rät und Kleinodien (Kirchenschätze).
94. /zE officiorumz cap. 28. [Marg.]. - Zitiert wird Ambrosius: De officiis; MSL 16, Sp. 147-150.
95. Kelche und andere Altargeräte. Zu »geschir« vgl. Lexer 1, Sp. 903; Grimm 4,1,2, Sp. 3888.
96. Authen [icae] de non alienandis aut permutandis. [Marg.]. - Vgl. Corpus Iuris Civilis, Nov.
VII.
97. Heilige Geräte (Werkzeuge).
98. Vom rechten gebrauch der kircheneinkomen. [Marg.].
99. Stifftsenger = Chorherren. - Simonische Meß und vigil verdingen und verkauffen = gegen
Geld Messen lesen und Totenämter halten. Lexer 3, Sp. 96. - Zü hauff gebracht = angesammelt,
angehäuft.
100. Entheiligung (Religionsschändung durch Tempelraub).