DER CXX. PSALM
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haben. Nit das wir damit, wie uns der Colnisch Schandtichter lesteret, die alten Prela-
ten und Canonicen des iren verstiessen und uns an ire stat eintrengen, Sonder das solche
stende und ämpter, wann sie ordenlich verlediget51, mit solchen leuten wider besetzet
würden, die man allein zu solchen Stenden und ämpteren vermöge götlichs, der
5 Canonum und der Christlichen Keiser rechten mag und solle uffnemen und zülassen.
Unsere schrifften zeugen das gnügsam, das unsere lehre allweg gewesen ist und noch,
das alles, so Gott zu den kirchen ist uffgeopfferet52, durch keinen misbrauch hat
mögen des teuffels güt werden, Und das die christlichen obern dran sollen sein, daz
solche guter zu dem waren kirchendienst, schulen und versehung der armen werden
10 widergebracht. Davon ich auch oben unsere christliche haltung dargethon. Also erfindet
sich auch dieses mit offenbarer onwarheit erdichtet, daz ich einiger güten ampter in der
kirchen namen und stand verworffen habe.
Gleich so onwar ist, das ich mich des pfardiensts je | G 2b | beschemet hette, den ich
alhie in zweien pfarren ordenlich auff mir gehabt habe biß in das xviii. jare53. Demnach
15 hat man wol dis en dienst in der pfarr zü S. Thoman einem anderen ordenlich uff erlegt54,
In ansehung, das ich von wegen gemeiner kirchengeschefften offt nit anheimisch55 oder
sunst mit fil arbeit beladen bin. Ich habe aber noch, wann ich anheimisch gewesen, nit
desto weniger diser pfarren gedienet mit predigen, sacrament reichen und auch in be-
sonderen pfardiensten an gesunden und krancken, wie ich vor gethon, da ich den pfarr-
20 dienst noch ordenlich auff mir gehept habe. Das weiß meniglich. So hab ich mich auch
noch allein dises diensts titel gebrauchet und nit des decanats, dann allein in eigentlichen
diensten dises ampts. Wie ich dann billich ein hoher ampt halte, der gantzen kirchen
am wort Gottes und der seelsorge dienen dann allein einem Collegio der kirchen56.
Sohrrr. Die Schule Johann Sturms und die Kirche Straßburgs in ihrem gegenseitigen Verhältnis.
1530—1581. München und Berlin 1912.
51. Freigeworden (durch Tod oder Verzicht); erledigen = freimachen. Lexer 1, Sp. 648.
52. Auf geopfert, dargebracht, gestiftet.
53. Buceripfarrdienst. [Marg.].-B. rechnet die 18 Jahre von 1524 an. Bis 1530 war er Pfarrer an
St. Aurelien, bis 1542 an St. Thomas. Dann wurde er Dekan des Stifts und ab 1544 Superintendent
und Leiter des Kirchenkonvents (vgl. Anm. 45). B. legt Wert darauf festzustellen, daß alle seine
Ämter mit Pfarr- und Gemeindedienst verbunden waren.
54. Der Nachfolger B.s an St. Thomas war Konrad Schnell, ab 1547 Dr. Johann Marbach, der
zuvor Pfarrer an St. Nicolaus gewesen war. Vgl. Handschriftenproben 2, S. 89.
55. Zuhause, daheim (in Straßburg). Lexer 1, Sp. 73.
56. Zu dieser Schilderung seines Diensts ist zu bemerken: B.s Reisetätigkeit war außerordentlich
ausgedehnt. Er war mehr unterwegs als andere Reformatoren. Dazu kam der Pfarrdienst in Straß-
burg, den er neben seinen Vorlesungspflichten sehr ernst nahm. Er war als Kirchenpolitiker wie als
Theologe, als Exeget wie als Prediger in erster Linie Seelsorger. Daraus erklärt sich zweierlei: die oft
sehr breit angelegte Entwicklung seiner Gedanken (sein schwerflüssiger Stil erschwert die Prägnanz
des Ausdrucks) und die relativ geringe literarische Produktivität. Die meisten seiner Schriften sind
punktuell aktuell. Weithin fehlte ihm die Zeit, seine Manuskripte selbst bis zur letzten Formulie-
rung druckfertig zu machen. Wenigstens Konrad Hubert konnte seine Schrift einigermaßen lesen
und die Entwürfe schließlich abschreiben. Aber viele seiner Niederschriften liegen noch in den
Archiven, ohne daß B.s Schrifttum voll erfaßt wäre. Das gilt vor allem vom AST in Straßburg. In
den letzten 10 Jahren seines Lebens ist B.s Handschrift zunehmend schwerer lesbar geworden: er
hatte sich ein ganzes System eigenwilliger Abkürzungen angeeignet. Für die Entzifferung hat
Johann Adam eine wertvolle Vorarbeit geleistet, und jetzt ist Archivrat H. G. Rott der beste Ken-
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haben. Nit das wir damit, wie uns der Colnisch Schandtichter lesteret, die alten Prela-
ten und Canonicen des iren verstiessen und uns an ire stat eintrengen, Sonder das solche
stende und ämpter, wann sie ordenlich verlediget51, mit solchen leuten wider besetzet
würden, die man allein zu solchen Stenden und ämpteren vermöge götlichs, der
5 Canonum und der Christlichen Keiser rechten mag und solle uffnemen und zülassen.
Unsere schrifften zeugen das gnügsam, das unsere lehre allweg gewesen ist und noch,
das alles, so Gott zu den kirchen ist uffgeopfferet52, durch keinen misbrauch hat
mögen des teuffels güt werden, Und das die christlichen obern dran sollen sein, daz
solche guter zu dem waren kirchendienst, schulen und versehung der armen werden
10 widergebracht. Davon ich auch oben unsere christliche haltung dargethon. Also erfindet
sich auch dieses mit offenbarer onwarheit erdichtet, daz ich einiger güten ampter in der
kirchen namen und stand verworffen habe.
Gleich so onwar ist, das ich mich des pfardiensts je | G 2b | beschemet hette, den ich
alhie in zweien pfarren ordenlich auff mir gehabt habe biß in das xviii. jare53. Demnach
15 hat man wol dis en dienst in der pfarr zü S. Thoman einem anderen ordenlich uff erlegt54,
In ansehung, das ich von wegen gemeiner kirchengeschefften offt nit anheimisch55 oder
sunst mit fil arbeit beladen bin. Ich habe aber noch, wann ich anheimisch gewesen, nit
desto weniger diser pfarren gedienet mit predigen, sacrament reichen und auch in be-
sonderen pfardiensten an gesunden und krancken, wie ich vor gethon, da ich den pfarr-
20 dienst noch ordenlich auff mir gehept habe. Das weiß meniglich. So hab ich mich auch
noch allein dises diensts titel gebrauchet und nit des decanats, dann allein in eigentlichen
diensten dises ampts. Wie ich dann billich ein hoher ampt halte, der gantzen kirchen
am wort Gottes und der seelsorge dienen dann allein einem Collegio der kirchen56.
Sohrrr. Die Schule Johann Sturms und die Kirche Straßburgs in ihrem gegenseitigen Verhältnis.
1530—1581. München und Berlin 1912.
51. Freigeworden (durch Tod oder Verzicht); erledigen = freimachen. Lexer 1, Sp. 648.
52. Auf geopfert, dargebracht, gestiftet.
53. Buceripfarrdienst. [Marg.].-B. rechnet die 18 Jahre von 1524 an. Bis 1530 war er Pfarrer an
St. Aurelien, bis 1542 an St. Thomas. Dann wurde er Dekan des Stifts und ab 1544 Superintendent
und Leiter des Kirchenkonvents (vgl. Anm. 45). B. legt Wert darauf festzustellen, daß alle seine
Ämter mit Pfarr- und Gemeindedienst verbunden waren.
54. Der Nachfolger B.s an St. Thomas war Konrad Schnell, ab 1547 Dr. Johann Marbach, der
zuvor Pfarrer an St. Nicolaus gewesen war. Vgl. Handschriftenproben 2, S. 89.
55. Zuhause, daheim (in Straßburg). Lexer 1, Sp. 73.
56. Zu dieser Schilderung seines Diensts ist zu bemerken: B.s Reisetätigkeit war außerordentlich
ausgedehnt. Er war mehr unterwegs als andere Reformatoren. Dazu kam der Pfarrdienst in Straß-
burg, den er neben seinen Vorlesungspflichten sehr ernst nahm. Er war als Kirchenpolitiker wie als
Theologe, als Exeget wie als Prediger in erster Linie Seelsorger. Daraus erklärt sich zweierlei: die oft
sehr breit angelegte Entwicklung seiner Gedanken (sein schwerflüssiger Stil erschwert die Prägnanz
des Ausdrucks) und die relativ geringe literarische Produktivität. Die meisten seiner Schriften sind
punktuell aktuell. Weithin fehlte ihm die Zeit, seine Manuskripte selbst bis zur letzten Formulie-
rung druckfertig zu machen. Wenigstens Konrad Hubert konnte seine Schrift einigermaßen lesen
und die Entwürfe schließlich abschreiben. Aber viele seiner Niederschriften liegen noch in den
Archiven, ohne daß B.s Schrifttum voll erfaßt wäre. Das gilt vor allem vom AST in Straßburg. In
den letzten 10 Jahren seines Lebens ist B.s Handschrift zunehmend schwerer lesbar geworden: er
hatte sich ein ganzes System eigenwilliger Abkürzungen angeeignet. Für die Entzifferung hat
Johann Adam eine wertvolle Vorarbeit geleistet, und jetzt ist Archivrat H. G. Rott der beste Ken-