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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0080
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

mir und meinsgleichen allein darumb so bitter gram seind, das wir das heilige selige
Evangeli unsers Herren Jesu Christi trewlich predigen und mit disem liecht Gottes ire
grewel an tag bringen und uff abschaffen derselbigen mit Gottes wort getrewlich anhal-
ten, dise antwort in gemein geben.
Gemeine Verantwortung über alle Lesterungen1. 5
ERstlich134: were ich so ein grewlicher wicht, der die obren und underthonen also
gefährlich und offt hette angefüret135 und so gar nichs dann zwitracht, uffrür und mord
anrichtet und dabei nichs dann zeitlich güt und pracht süchte, es wurde ein ober- und
erbarkeit hie | I ib | und anderswa, da man meinen dienst bishar gebrauchet und da
man auch äugen und verstand hat, die leut zu kennen, nun in xxv. jaren, die ich in disem 10
dienst des h. Evangeli diene, solich mein ontüchtigkeit, schalckeit136 und verderblicheit
auch ein mal ersehen haben. Gott dem allmechtigen seie aber lob, das er mich in seinem
dienst also gefüret und vor dem argen behütet hat, das noch nieman deren, so umb mich
gewesen und meines lebens und thüns in der warheit kündig sind, mich anders je erfun-
den haben, dann der gern wolte die lehr Christi rein und zü aller besserung getrawlich 15
lehren und predigen und auch solicher lehre und predigen in allem geleben und mit der
that nachsetzen.
i) Auch die Überschrift über dem Schlußwort (f. I 1 a) zweizeilig, Z. 1 (»Gemeine - über«) in
großen Typen; am Textanfang Initiale E über drei Zeilen. Vgl. Anm. e) zu f. A 3 a.
wird sie gebildet und zusammengehalten durch die Opposition gegen die von B.s Geist immer
stärker geprägte Institution der Straßburger Territorialkirche. In ihrem independentistischen
Kirchenbegriff steht sie den Täufern, in ihrem Sakramentsverständnis den Schweizern nicht fern.
Ihre Wortführer auf der Synode von 1533 sind Engelbrecht, Schultheiß, Sapidus und Brunfels.
Sicher spielt bei diesen eine »frustrierte Unzufriedenheit« (Wendel) eine gewisse Rolle. Aber ihre
Forderung, die Kirche müsse gegenüber der weltlichen Obrigkeit frei, und nur an die Weisungen
Christi gebunden sein, ist theologisch in der Auffassung vom lebendigen Wirken des Heiligen
Geistes begründet. Dabei ist nicht zu übersehen oder zu verschweigen, daß ihr Epikurismus hier
und da in einen Libertinismus abgleitet, der dann Konsequenzen hat, die die Ablehnung durch B.
und das Eingreifen der Obrigkeit verständlich machen. Vgl. das Protokoll der »Vorzensur« auf der
Straßburger Synode von 1533 in Täuferakten 8, S. 35ff. bes. S. 49ff. So wird Engelbrecht 1534
seines Amtes entsetzt, weil disziplinäre Verfehlungen vorlagen oder zumindest den Ansatzpunkt zu
dem Verfahren gegen ihn boten. Das läßt sich sowohl von Sapidus als auch von Brunfels nicht sagen.
Sie waren redliche Humanisten und Pädagogen, die sich gegen das Aufkommen einer Orthodoxie
B.scher Prägung zur Wehr setzten, während Schultheiß eher als spiritualistischer Schwärmer zu
bezeichnen ist (vgl. dazu W. Bellardi'. Wolfgang Schultheiss. In: Schriften der Erwin von Steinbach-
Stiftung. Nr. 5. Frankfurt 1976). Gropper hat damit höchstens insoweit zu tun, als er Engelbrecht in
den Dienst des Kölner Domkapitels nahm. Aber auch dieser war 1544 nicht mehr derselbe wie 1533.
Geblieben waren jedoch die Bitterkeit und der Widerstand gegen B., der ihn mit Gropper verband.
Vgl. W. Bellardi, Anton Engelbrecht, S. 183ff., bes. Anm. 25.
134. Bucerus referiert sich uff zeugnus aller deren, die seiner lehr und lebens ein wissen haben
mögen. [Marg.J.
135. Getäuscht. Lexer 1, Sp. 65.
136. Bosheit, Arglist.-B. macht in den Jahresangaben genaue Unterschiede: 25 Jahre steht er im
Dienst des Evangeliums, d. h. seit 1521, als er nach Landstuhl ging; 23 Jahre ist er in Straßburg,
d. h. seit 1523, als er von Weißenburg kam.
 
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