Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0083
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DER CXX. PSALM

79

In dem allen aber weis ich doch wol, das ich nit gerechtfertiget bin, gib mich auch gar
nicht darfür dar, sonder bekenne und klage frei zum preis Gottes, daz ich leider mit vil
schwacheit bin beladen und meinen dienst mit solchem eifer und geistlicher besserlicher
bescheidenheit nit verrichte, wie ich solte; creutzige auch nit mein fleisch mit seinen
5 argen lüsten und begirden mit dem ernst, als ich schuldig. Bin offt fil zu lass153 im streit
wider den Satan und die weit und zu lew154 im eifer für die Eer und kirche Christi. Das
ist mir aber warlich leid, trachte und bitte täglich umb besserung und bin bereit, in
meinem dienst einem jeden mehr begabten darzü und mehr eiffrigen statt zu geben155.
Das müs ich aber darbei dem Herren zum preis auch bekennen, das er mich noch so
io fil vor dem argen hat bewaret, daz ich mich nit allein aller deren grewlichen lästeren, die
der Colnisch Vorfechter wider mich aus seinem hellischen hass erdichtet und ausgegos-
sen, vor Gott frei | I 3 b | und onschuldig weis, sonder auch aller solchen fehlen und
übertrettungen, daher ich nach warem christlichem urtheil mochte anders erkennet
werden dann der in meinem dienst getrew und demselben auch gern in allem wolte mit
15 der that zur besserung der gantzen gemeinden Christi nachkommen.
Wer aber anders von mir weis darzüthün, der thüe das. Es ist darzü noch, Gott seie
lob, hie und anderswo rechts gnüg. So erbeut ich mich aber und abermal zu recht nit
allein für meine ordenliche Oberkeit, sonder vor ein jede ober- und Erbarkeit, die mich
nach gütlichem rechten, nach den waren alten Canonibus und Kaiserlichen] rechten
20 will verhören und richten. Was soll ich mehr thün? Das wolt ich uff des Colnischen
und anderer lesterer lugen und schmach, die sie mir mit anderen und die sie mir beson-
ders uflegen und lesteren, antworten. Alle fromme Christen, die dis werden lesen,
wollens richten und erkennen, was der Päpstlich hauff für ein sach und was leut er zu
vorfechtern wider uns habe.
25 Ich solte filicht auch etwas vom Dichter dises schandgedichts anzeigen und seinen
gehülffen. Dann gar fiel mütmassungen sind, daher bei nit wenigen verstendigen leuten
darfür gehalten wirt, das der fürnemist Dichter dises lastergedichts ja eben der seie, der
zu Collen des berhümet wirt: Nemlich ein armer, alter, verderbter man, der hie daz h.
Evangelion etliche jar gepredigt hat, daz er nun an mir so grewlich lesteret. Bis er dises
30 ampts durch ein Oberkeit ist entsetzet worden, Darumb, das er der gesunden lehre vom
tauff der kinder und h. Abentmal nit wolte beistehn; Und dagegen einen newen teufferi-
schen irthumb bestreiten156, nemlich das die Oberkeiten | [I 4 a] | einen jeden solten der
religion halben gewehren lassen, was er glaubte, hielte, bekennete oder lehrete, wa er
allein eusseren politischen friden nit verletzte und betrübte. Welcher demnach unser
35 kirchen und lehre öffentlicher feind worden und zületst vom h. Evangelio zun
Päpstlern gar abgefallen ist157.
Und hat dem jemand zü disem Schänd- und lastergedicht geholffen, so wurdt ge-
acht, das solichs einer gethon habe, der auch fast umb gleicher Ursachen willen ist vom
153. Nachlässig (müde, matt).
154. Lau, träge. Lexer 1, Sp. 1805.
155. Den Platz räumen.
156. Für einen Irrtum streiten, einen Irrtum behaupten, für einen Irrtum eintreten.
157. Dieser Satz gibt uns die volle Gewißheit, daß B. in seinem alten Widersacher Engelbrecht
den Verfasser der Schrift, gegen die er sich zur Wehr setzt, erkannt hat. Vgl. Anm. 109 (Teil ab).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften