Metadaten

Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0172
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
i68

DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

an sollchem allem schuldig wordenn, So wurt auch jnn disem puncten großer mangel
vnnd fehl erfunden.
Denn erstlich von der heiligen Tauffe Zureden, werden vil leuth erfunden, die, wo sie
nicht durch der Oberkeyt gebott, jhre kindlein teuffen zülaßen, gezwungen wurden,
soltthen sie wol lang nit sie in die kirchen zur tauffe bringen. Was aber solcher Gottes 5
dienst, der vß forcht vnnd zwang der Oberkeit verricht wurt, gott gefalle, | [a 7a] | Jst
leicht abzünemmen63, Dwyl er an allen ortthen der schrifft freywillige hertzen erforde-
rett. Die aber schon für sich selbs jren kindern die tauffe begeren, erfart man leider
täglich, mitt was großer liederlicheit64 solchs geschichtt, das sich auch vil beschweren65,
jrem Pfarrherren sich zuuor züertzeigen66 vnnd dem kindlein vmb die Tauffe bittenn, 10
alles von zweyuel vß dißer vrsach, das sie nit erwegen, was doch das für ein groß werck
ist, Wann ein mensch, der, von seiner sunden wegen dem gewaltth vnnd Tyrannei des
leidigen Teuffels vnderworffen, von Gott vnnd seinem Reich außgeschloßen ist, Soll
wider aus solchem jamer vnnd Eilend errettet, Got dem vatter versönet vnnd ein erb des
ewigen lebens werdenn. 15
Es ist aber nit gnüg, das die Eltern ettwa für sich selbs hinleßig sind, das doch ein
schwere sunde ist, sonder noch dartzü jhres gleichenn vntuchtige geuattern67 erbitten,
die zu zeitten69 der Tauffe gantz zuwider vnd noch wol vnsers glaubens vnd bekantnuß
gar nitt seind, sunder vnser kirchen lehr, Sacrament vnnd, was gottes herren ist, sehen-
den69 vnnd lestern, Etwa aber solche personen, die alters halb dißer hohenn wichtigen 20
Sachen noch vnuorstendig oder sonst jn öffentlichen ergerlichen sunden vnnd lästern
ligen als jn trunckenheit, hurerey, neid vnd haß vnnd dergleichen, die die kirch zuuer-
bannen schuldig, auch solche Gott den herren nitt anrueffen könden, noch jhr gebett
kan erhörett werden; was aber das für ein erschrockenliche große sunde sey, in die
kirchen vnsers heylands Christi für das angesicht des lebendigen Gottes körnen vnnd 25
einem kindlin, das jnn sunden empfangen vnd geboren vnnd derhalben vnder dem zorn
Gottes ist, wollen vmb Vergebung der sunden bittenn, vnnd aber kheiner0 ernst glaub
noch andachtt weder bey den Eltern noch jhren geuattern erfundenn wurtt, das kan ein
jeder bey sich selbs wol erkennen; vnnd mochte Gott wol mehr gespottet vnnd zu zorn
vnnd vngnaden angereitzett heißen, dan jnn zuuersuenen. 30
| [a 7b] | Derhalben ists auch zu besorgen70, das darumb, neben andern vnsernn
sunden, nach der tauffe vnsere kinder so vbel gerathen, das man so kaltt vnnd leßig71
mitt jhnen vmbgangen vnnd so gar on ernst für sie gebetten hatt jnn der Tauffe.
Bey des herrenn nachtmal ist nicht weniger mangell, denn da wurt zwyfach gesundi-
o) kleiner.
63. Zu vermuten.
64. Nachlässigkeit.
65. Sich beschwert fühlen durch, schwer tun.
66. Sich bei ihrem Pfarrer zuvor (zum Taufgespräch) anzumelden.
67. Paten.
68. Manchmal.
69. Verleumden.
70. Befürchten.
71. Gleichgültig, sorglos, lieblos.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften