312.
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
Pfarrerschaft getragen werden. Besteht aber in dieser Frage keine Einigkeit, so ist die
Sache des Evangeliums in der Stadt in Gefahr. Vom Konzil zu Trient ist nichts Gutes zu
erhoffen, zumal dort die bekannten Gegner Bucers und seiner Freunde, die katholischen
Theologen Malvenda und Billick, tätig sind. Es ist bedauerlich, daß durch und über
Hedio mit verschiedenen Ratsherren verhandelt worden ist, ohne daß die andersden-
kende Gruppe um Bucer darüber informiert worden wäre. Zum Verhandeln wie zum
Handeln bleibt nur noch eine kleine Spanne Zeit. Darum ist es brüderliche Pflicht, alles
zu versuchen, um zu einem Consensus zu kommen. So werden die Empfänger dieses
zweiten Anschreibens dringend gebeten, nun nicht länger zu schweigen oder Vorwände
dafür zu suchen, sondern sich offen zu erklären.
Die Handschrift
In AST 173 (Var. eccl. VIII) findet sich auf f. 164 a f. die Abschrift eines Briefes, den die
unterzeichneten Prediger Bucer, Fagius, Marbach, Lenglin und Schnell an Theobald
Nigri (Diebolt Schwarz) gerichtet haben. Die Überschrift >Etliche schrifften< ist inso-
fern richtig, als gleichlautende Schreiben auch an Zell und Steinlin - vielleicht auch an
Hedio - ausgegangen sind. Sie sind uns nicht erhalten. Im ersten Viertel des 17. Jdts. hat
Oseas Schadaeus (1586-1626) den Brief an Nigri abgeschrieben. Eine zweite Hand,
möglicherweise ist es auch die gleiche, hat sowohl die Randglossen als auch das Nach-
wort Nigris in diese Abschrift eingetragen und sich als Verfasser der Inscriptio und
Exhibitio bekannt3.
Es wäre denkbar, daß das uns nicht mehr erhaltene Original direkt oder indirekt an
einen der Absender zurückgelangt sei. Zwischen Nigri und Lenglin hat eine engere
Beziehung bestanden4. Aber natürlich könnte auch Hedio der Mittelsmann zwischen
Bucer und Nigri gewesen sein.
Der Titel lautet - am Kopf des Blattes f. 164 a - >Etliche schrifften an die andern
predigen und enthält keinerlei weitere Erläuterungen. Zu den Randglossen Nigris vgl.
App. 2.
Sollte man das, was Christus, die Apostel und Kirchenväter für die Gemeinschaftsbildung der
Kirche getan haben, nicht gerade jetzt und hier auch tun? 5. Sollte zu so einem wichtigen Werk nicht
auch die Obrigkeit der Stadt mithelfen?
3. Vgl. Anm. 48 und 49 (f. 165b) sowie Anm. f) zu f. 165 b.
4. Vielleicht hat Lenglin, der in jenen Jahren neben K. Hubert der engste Mitarbeiter B.s war,
den zurückgesandten Brief an Nigri zu den Akten des Kirchenkonvents genommen, von wo aus er
dann den Weg in das Thomas-Archiv fand. Eine andere Möglichkeit ist folgende: Oseas Schadaeus,
1613—1622 Helfer an Alt St. Peter, hat den an Nigri gerichteten und von ihm glossierten Brief im
Pfarrarchiv von Alt St. Peter gefunden und ihn dort abgeschrieben.
DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
Pfarrerschaft getragen werden. Besteht aber in dieser Frage keine Einigkeit, so ist die
Sache des Evangeliums in der Stadt in Gefahr. Vom Konzil zu Trient ist nichts Gutes zu
erhoffen, zumal dort die bekannten Gegner Bucers und seiner Freunde, die katholischen
Theologen Malvenda und Billick, tätig sind. Es ist bedauerlich, daß durch und über
Hedio mit verschiedenen Ratsherren verhandelt worden ist, ohne daß die andersden-
kende Gruppe um Bucer darüber informiert worden wäre. Zum Verhandeln wie zum
Handeln bleibt nur noch eine kleine Spanne Zeit. Darum ist es brüderliche Pflicht, alles
zu versuchen, um zu einem Consensus zu kommen. So werden die Empfänger dieses
zweiten Anschreibens dringend gebeten, nun nicht länger zu schweigen oder Vorwände
dafür zu suchen, sondern sich offen zu erklären.
Die Handschrift
In AST 173 (Var. eccl. VIII) findet sich auf f. 164 a f. die Abschrift eines Briefes, den die
unterzeichneten Prediger Bucer, Fagius, Marbach, Lenglin und Schnell an Theobald
Nigri (Diebolt Schwarz) gerichtet haben. Die Überschrift >Etliche schrifften< ist inso-
fern richtig, als gleichlautende Schreiben auch an Zell und Steinlin - vielleicht auch an
Hedio - ausgegangen sind. Sie sind uns nicht erhalten. Im ersten Viertel des 17. Jdts. hat
Oseas Schadaeus (1586-1626) den Brief an Nigri abgeschrieben. Eine zweite Hand,
möglicherweise ist es auch die gleiche, hat sowohl die Randglossen als auch das Nach-
wort Nigris in diese Abschrift eingetragen und sich als Verfasser der Inscriptio und
Exhibitio bekannt3.
Es wäre denkbar, daß das uns nicht mehr erhaltene Original direkt oder indirekt an
einen der Absender zurückgelangt sei. Zwischen Nigri und Lenglin hat eine engere
Beziehung bestanden4. Aber natürlich könnte auch Hedio der Mittelsmann zwischen
Bucer und Nigri gewesen sein.
Der Titel lautet - am Kopf des Blattes f. 164 a - >Etliche schrifften an die andern
predigen und enthält keinerlei weitere Erläuterungen. Zu den Randglossen Nigris vgl.
App. 2.
Sollte man das, was Christus, die Apostel und Kirchenväter für die Gemeinschaftsbildung der
Kirche getan haben, nicht gerade jetzt und hier auch tun? 5. Sollte zu so einem wichtigen Werk nicht
auch die Obrigkeit der Stadt mithelfen?
3. Vgl. Anm. 48 und 49 (f. 165b) sowie Anm. f) zu f. 165 b.
4. Vielleicht hat Lenglin, der in jenen Jahren neben K. Hubert der engste Mitarbeiter B.s war,
den zurückgesandten Brief an Nigri zu den Akten des Kirchenkonvents genommen, von wo aus er
dann den Weg in das Thomas-Archiv fand. Eine andere Möglichkeit ist folgende: Oseas Schadaeus,
1613—1622 Helfer an Alt St. Peter, hat den an Nigri gerichteten und von ihm glossierten Brief im
Pfarrarchiv von Alt St. Peter gefunden und ihn dort abgeschrieben.