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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0347
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9. ANTWORT AN DEN RAT

343

solle gebessert werden an Rahts oder anderen personen, jnen solichs besonders, vnd nit
vff den Cantzlen, anzeigen durch vns oder die herren Kirchenpfleger5. Dann wir wol
wissen, wie hoch von nöten, das sie in so hohem götlichem ampt von allen vnderthanen
inn allen ehren gehalten werden.
5 Nun aber müssen wir in dem vnd anderem die maß halten, die vns der Almechtig
Gott fürschreibet inn seinem ewigen wort, welches fordert, das wir öffentliche
| [2.6] | sünden vnd schaden des volcks Gottes auch öffentlichen6 straffen vnd darfür
warnen sollenf, Nemlich wann das sonder anzeigen vnd verwarnen kein stat wil finden7.
Wir sind vor filen jaren her mehrmals vor vnseren gn.hn., einem Erbarn raht, erschinen
io vnd geclagt, wie freuenlich vnd one scheuhe8 Gottes vnd jre Satzung vnd zuchtgebot inn
diser Stat verbrochen9 werden mit grewlicher verlesterung der einigen, waren religion
Christj mit der onzucht, mit dem gotslesteren, spielen, überdrincken10 vnd anderem.
Der schad wirt aber jmmer ie grösser, welches sonder Zweifel nit wenige von der Ober-
keit fil baß wissen dann wir, weil sie fil mehr vnder die leuth wandlen. Solchs wirt aber
15 dann auch vns durch so gotsförchtige leuth vnd auch zu fil clare anzeige11 der thaten
angezeigt, das wir durch Gottes wort getrungen werden, auch von der Cantzel darwider
zu rüffen. Dann da ist leider kein recht brüderliche noch kirchen straffe. So sind offt
frommen leuthen von den verwalteren der regierung12, wan man etwas lesterliches
anzeiget, solich antwort worden, das man wol gesehen, das solich anzeigen nit allein
2.0 kein besserung, sonder den frommen leuthen, die gern besserung sehen, meer ongunst13
vnd onrüh erwecket hat. Vnser gn.h. sollen vetter14 der gantzen burgerschafft sein vnd
durch jre diener selb sehen, wa der teuffel einbrechen wolle vnd dem selbigen vorkomen
vnd nit alweg harren, biß vff die gröbisten schandthaten. Die keiserlichen gesetz vnd
aller | [3 a] | wolgeordneten policeien15 wollen, das man auch allen argwönischen zu-
2.5 gang16 vnd andere ergerliche17 anzeigen straffen vnd verhieten solle. Wie fil pfaffen vnd
ander leuth onehliche weiber hie sind, sihet man wol. So werden so fil onehrlicher wei-
ber, die zum theil auch jhre ehmenner haben, hin vnd wider in der Stat geduldet, da ein
ieder erbar mensch wol zu erkennen hat, wa mit sie sich neeren. So sihet man auch wol,
was Zugangs sie haben. Was dann für öffentlich ongeziffer18 inn etlichen wirtsheuseren
f) add.
5. Vgl. Adam, S. 177E
6. In aller Öffentlichkeit (adv.).
7. Erfolg haben will.
8. Unverschämt.
9. Übertreten.
10. Betrinken.
11. Meldung (Anzeige).
12. Offenbar meint B. mit diesem eigenartigen Ausdruck die verordneten Kirchenpfleger oder
die jeweiligen Ammeister als die für öffentliche Ordnung (Polizei) Verantwortlichen.
13. Mißachtung.
14. Väter.
15. Stadtregierungen.
16. Verdächtigen Besuch.
17. Anstößige (skandalöse).
18. >Ungeziefer< (Dirnen?).
 
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