DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549
366
So pleibet Gott in vns, vnnd jn dem erkhennen wir, das wir in jm pleibenn vnd er in vns.
Dann auß seinem Geist hat er vns gegebennn, welcher der Gottespfennig36 ist. Ja, es jst
die Liebe ein sollich Stuckhe des Ewigenn.
In eodem § pro »vnnd vns Gottes«: vnnd an Gott, der vns alßdann37. Item pro »ge-
brauchenn«: alle lusst vnnd frewde habenn38. 5
| [17] | Item eodem post illud »der Glaub warhafftig«39, durch den wir die gnade
Gottes jn Christo, vnßerm hem, erkhennen vnnd annhemen, empffahen die Verzeihung
der sunden vnnd werden zu khindern Gottes new geborn vnnd von den vnglaubigen
vnderscheiden, wo anderst der glaub gantz vnd lebendig ist, daß der mensch, durch den
H. Geist erleuchtet, glaubet gentzlich allem dem, daß vnns Got durch sein heilige 10
Schrifft hat geoffenbaret. Vnnd wiewoll solcher glawb one hofnung vnnd liebe nit ist, so
jst er noch dennoch ein vnderschiedliche gäbe vnd werck des heiligen Geists in vns von
hoffnung vnnd liebe.
In eodem articulo § z pro illo: »Dieweil sie auß der Lieb fliessenn«: Dieweill sie auß
glaubenn vnnd Lieb fliessen40. 15
Im 3. § pro: »welche vber dieses gebott«41: vonn welchen wir nit besondere gepott
Gottes habenn vnd doch nach dem wort Gottes auß warem glaubenn thun, wie da sein:
vmbs reich Christi willenn alles verkhauffen vnnd den armen gebenn vnd dem Hem
volgen; äusser der Ehe gotselige keuscheit halten; ernstliches Obliegen christlichen
fastens vnd betten, wie die h. Anna gelobet wirdt. Ein solch werck ward auch, das 20
Dauid vor der Area42 sprang vnnd das Paulus das Euangelium ohne besoldung prediget.
| [18] | Vonn diesenn werckenn vnd dergleichen hat Gott keine besondere geböte
gebenn, Noch dieweill im höchsten gebot Gottes vns geboten ist, das wir Gott sollenn
lieben von gantzem hertzen, gantzer Seelen vnnd allen krefften; wa der dan ymandt
krafft gibt, das ist seinen h. Geist vnd Anlaß, seinen namen mit solchenn wercken zu 25
nit da, so bleibt er im todt, wie es Johannes clar zeuget [1 Jo 3,14], sonderlich diweil die liebe ist ein
stück des ewigen lebens«. In freier Weise wird dann als Argument für die vorgeschlagene Änderung
1 Jo 4,7ff. zitiert.
36. Geschenk, gnädige Zugabe.
37. Der Interimstext lautet: »... das wir durch sie selig leben und in Gott, der uns alsdann wirdet
alles in allem sein ...« {Mehlhausen, S. 52). Möglicherweise ist hier eine Textkorrektur B.s in den
Interims text auf genommen worden.
38. Das Wort »gebrauchen« kommt an dieser Stelle im dt. Text nicht vor. Im lat. Text steht:
»sempiterno aevo frui possimus.« In der Endfassung lautet die Stelle: »... in allem sein, zu ewigen
zeitten wunn und freud haben mugen.« Ist man hier dem Vorschlag B.s gefolgt? »Gebrauchen«
stand jedenfalls in der dt. Übersetzung der »Märzformel«, die B.s Vorlage war.
39. Art. 7, Abs. 1 {Mehlhausen, S. 52): »Und ist doch gleichwol nichts destweniger der glaub
warhafftig, dadurch die Christen von ungläubigen erkant werden ...«
40. Art. 7, Abs. 3: »... diweil solch werck auß der liebe herfliessen ...« {Mehlhausen, S. 54). B.
betont als Quelle der guten Werke neben der Liebe den Glauben.
41. Art. 7, Abs. 5 (in B.s Vorlage: 3): »... so seindt doch die werck, welche über diese gebott
gescheen, ... auch zu loben.« {Mehlhausen, S. 54/56). B. nennt Beispiele, die z. T. auch im Interims-
text genannt werden, wehrt jedoch jeden Verdienstcharakter solcher Sonderwerke (opera superero-
gatoria) entschieden ab.
42. Area: im Interimstext »vor der archen«. Georges: Lat.-Dt. Handwörterbuch 1, Sp. 539:
Kasten, Bundeslade (so auch Lexer und Götze). Hier handelt es sich um Davids Tanz vor der
Bundeslade (2Sam 5,6ff.).
366
So pleibet Gott in vns, vnnd jn dem erkhennen wir, das wir in jm pleibenn vnd er in vns.
Dann auß seinem Geist hat er vns gegebennn, welcher der Gottespfennig36 ist. Ja, es jst
die Liebe ein sollich Stuckhe des Ewigenn.
In eodem § pro »vnnd vns Gottes«: vnnd an Gott, der vns alßdann37. Item pro »ge-
brauchenn«: alle lusst vnnd frewde habenn38. 5
| [17] | Item eodem post illud »der Glaub warhafftig«39, durch den wir die gnade
Gottes jn Christo, vnßerm hem, erkhennen vnnd annhemen, empffahen die Verzeihung
der sunden vnnd werden zu khindern Gottes new geborn vnnd von den vnglaubigen
vnderscheiden, wo anderst der glaub gantz vnd lebendig ist, daß der mensch, durch den
H. Geist erleuchtet, glaubet gentzlich allem dem, daß vnns Got durch sein heilige 10
Schrifft hat geoffenbaret. Vnnd wiewoll solcher glawb one hofnung vnnd liebe nit ist, so
jst er noch dennoch ein vnderschiedliche gäbe vnd werck des heiligen Geists in vns von
hoffnung vnnd liebe.
In eodem articulo § z pro illo: »Dieweil sie auß der Lieb fliessenn«: Dieweill sie auß
glaubenn vnnd Lieb fliessen40. 15
Im 3. § pro: »welche vber dieses gebott«41: vonn welchen wir nit besondere gepott
Gottes habenn vnd doch nach dem wort Gottes auß warem glaubenn thun, wie da sein:
vmbs reich Christi willenn alles verkhauffen vnnd den armen gebenn vnd dem Hem
volgen; äusser der Ehe gotselige keuscheit halten; ernstliches Obliegen christlichen
fastens vnd betten, wie die h. Anna gelobet wirdt. Ein solch werck ward auch, das 20
Dauid vor der Area42 sprang vnnd das Paulus das Euangelium ohne besoldung prediget.
| [18] | Vonn diesenn werckenn vnd dergleichen hat Gott keine besondere geböte
gebenn, Noch dieweill im höchsten gebot Gottes vns geboten ist, das wir Gott sollenn
lieben von gantzem hertzen, gantzer Seelen vnnd allen krefften; wa der dan ymandt
krafft gibt, das ist seinen h. Geist vnd Anlaß, seinen namen mit solchenn wercken zu 25
nit da, so bleibt er im todt, wie es Johannes clar zeuget [1 Jo 3,14], sonderlich diweil die liebe ist ein
stück des ewigen lebens«. In freier Weise wird dann als Argument für die vorgeschlagene Änderung
1 Jo 4,7ff. zitiert.
36. Geschenk, gnädige Zugabe.
37. Der Interimstext lautet: »... das wir durch sie selig leben und in Gott, der uns alsdann wirdet
alles in allem sein ...« {Mehlhausen, S. 52). Möglicherweise ist hier eine Textkorrektur B.s in den
Interims text auf genommen worden.
38. Das Wort »gebrauchen« kommt an dieser Stelle im dt. Text nicht vor. Im lat. Text steht:
»sempiterno aevo frui possimus.« In der Endfassung lautet die Stelle: »... in allem sein, zu ewigen
zeitten wunn und freud haben mugen.« Ist man hier dem Vorschlag B.s gefolgt? »Gebrauchen«
stand jedenfalls in der dt. Übersetzung der »Märzformel«, die B.s Vorlage war.
39. Art. 7, Abs. 1 {Mehlhausen, S. 52): »Und ist doch gleichwol nichts destweniger der glaub
warhafftig, dadurch die Christen von ungläubigen erkant werden ...«
40. Art. 7, Abs. 3: »... diweil solch werck auß der liebe herfliessen ...« {Mehlhausen, S. 54). B.
betont als Quelle der guten Werke neben der Liebe den Glauben.
41. Art. 7, Abs. 5 (in B.s Vorlage: 3): »... so seindt doch die werck, welche über diese gebott
gescheen, ... auch zu loben.« {Mehlhausen, S. 54/56). B. nennt Beispiele, die z. T. auch im Interims-
text genannt werden, wehrt jedoch jeden Verdienstcharakter solcher Sonderwerke (opera superero-
gatoria) entschieden ab.
42. Area: im Interimstext »vor der archen«. Georges: Lat.-Dt. Handwörterbuch 1, Sp. 539:
Kasten, Bundeslade (so auch Lexer und Götze). Hier handelt es sich um Davids Tanz vor der
Bundeslade (2Sam 5,6ff.).