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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0400
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39&

DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

meinen glauben vff furgegebene schrifften jn dieser kurtz gegebner Zeiten vnd für mein
person allein vnd dahin gesehen, | [99] | das ich solte mit furgegebner Schrifft einhellig
sein, so vil ich mit Got immer thon konde, vnderthenigst für zubringen mit vnderthe-
nigster bitt, das sie solches von mir1 wolten verstehn vnd auffnemen, wie ich in der
vorred gebetten. 5
Nun auch E. Churfl. G. mich gnedigst gefraget, wie ich meinet, das man in dem zu
gutter Christlicher Vergleichung der kirchen beder teils komen mochte, da weiß ich
warlich kein anderen weg noch mittel anzuzeigen, dan eben die, die der1” Heilig Geist
selb geleret vnd alwegen gehalten hat, die Christlich Synoden275. Diese ding belangen
alle den dienst gottis, der aber alle dienst für ein grewel hat, wan sie nit von hertzen vnd 10
aus warem glauben geschehen. Der glaube aber kompt aus dem gehöre des wort Got-
tis276. Derhalben wirt warlich von nötten sein, das man die lieben so vil tauset kirchen
Gottis, für die der Son Gottes sein blut vergossen, in dieser Sachen nit vbereile, Sonder
inen gutte zeit vnd raum geben, alles, darin man sich vergleichen solle, wol zu ersehen
vnd im Herren zu erwegen, vnd das man dan Christliche statliche Synoden drauff halte, 15
jn iedem Circk277 des Reichs oder nach geringen genachparten gegenen, vnd halte aber
die Synodos nach der alten Apostolischen kirchen gebrauch, das man dazu beruffe auch
die Christlichen Obren vnd andere furneme gots verstendige leut278, dan diß glaubens
1) Or.: wir (Verschreibung). - m) add. über der Zeile.
2.75. Nur in den ersten Gesprächen mit den beiden Kurfürsten sah B. in dem Vorschlag, Synoden
abzuhalten, den Weg zur Überwindung der Glaubensspaltung. Dementsprechend ist dieser Plan
Punkt 2 im Schliebenschen Protokoll vom 9. April (vgl. Pol. Cor. 4, S. 913 oben). Später traten dann
andere Vorschläge wie neue Religionsgespräche, eine Nationalversammlung, ein Nationalkonzil in
den Vordergrund der Erörterungen. Mit der Fortdauer der Gespräche in Augsburg hoffte B. mehr
und mehr auf eine energische Initiative des Kaisers gegenüber dem Papst und den katholischen
Ständen, deren Widerstand Karl V. zunehmend zu schaffen machte. Nachdem die katholischen
Kurfürsten und Fürsten erklärt hatten, das Interim berühre sie nicht (Zusammenstoß mit dem
Kaiser am 9. April, vgl. Pol. Cor. 4, S. 911 und S. 9oyff.), erkannte B., daß man auf protestantischer
Seite, mindestens bei den meisten Kurfürsten und Fürsten, nicht so sehr für die Geltung des Wortes
Gottes, als vielmehr für territoriale Interessen stritt und daß das Interim im Grunde nichts anderes
wurde als ein Ausnahmegesetz für die Protestanten. Da seine Verbindung zu den Straßburger
Gesandten in jenen drei Wochen in Augsburg nur eine sehr lose, wenn nicht überhaupt nur mit-
telbar war, erfuhr er auch kaum etwas oder gar nichts von den Verhandlungen im Städterat und
Städteausschuß, die wenig erfreulich verliefen und eine gegensätzliche Beurteilung der Lage deutlich
werden ließen. Andererseits waren aber auch die Straßburger Gesandten nur unzureichend infor-
miert (vgl. ihren Brief an den Rat vom 12. April; Pol Cor. 4, S. 920E); sie hatten nicht die Verbin-
dung (wie etwa die Nürnberger durch Agricola) zu den Kurfürsten. Nur von dieser Isolierung her
ist es zu verstehen, daß B., obwohl sein Widerstand gegen das Interim wuchs, sich in der Beurtei-
lung der kirchenpolitischen Situation nach dem 9. April den beiden Kurfürsten näherte.
276. Ro 10,17.
277. Bezirk (Region des Reiches).
278. Wer sollte diese Regionalsynoden eigentlich einberufen? Sollten das die jeweiligen weltli-
chen, d. h. die kaiserlichen oder königlichen Regenten, oder die zuständigen geistlichen Obrigkei-
ten tun? Oder sollte der Territorialherr hier die Initiative haben? »Statliche Synoden« in bestimmten
Regionen unter Hinzuziehung der christlichen Oberen - das war doch angesichts der begrenzten
Territorialgewalt des Kaisers wie der längst erfolgten Stellungnahme der Territorialherren für die
eine oder die andere Seite eine Utopie. Karl V. war sich in seinen Plänen für eine Erneuerung der •
 
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