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Orth, Christian; Nicochares
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 9,3): Nikochares - Xenophon: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.52132#0093
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88

Nikochares

interessante Möglichkeit zeigt Kocks Ergänzung von όρώ am Ende von Vers
2 auf).
Interpretation Grundsätzlich sind zwei ganz unterschiedliche Interpreta-
tionen des Fragments möglich:
(1) Es handelt sich um die Beschreibung einer Art Gastmahls unter Fischen,
das analog zu einem menschlichen Gastmahl dargestellt wird, und zu dem eine
große Zahl von Gästen kommt (vgl. unten zu 2 έπ'ι δεΐπνον ήκούσας); ist diese
Annahme richtig, dann spielt vielleicht auch eine Umkehrung der normalen
Verhältnisse (die Darstellung von sonst meist als Speisen dienenden Fischen
als Teilnehmern eines Gastmahls) eine Rolle. Möglich wäre auch eine Deutung
als Teil einer phantastischen Traumschilderung.109
(2) Die Fische, die hier „zum Gastmahl kommen/gekommen sind“, sind
die den Menschen aufgetischten Speisen. In der Komödie wird in solchen
Schilderungen immer wieder suggeriert, dass die Speisen von selbst herein-
kommen (so z.B. bei Antiph. fr. 183,3 έφθός τυρός έπεδόνει πολύς, Ephipp. fr.
8,1, Epig. fr. 1, Nicostr. com. fr. 5,1-2, Diph. fr. 43 und fr. 64,4, Com. adesp. fr.
20-1; diese und weitere Belege nennen Hunter 1983,128 und Olson/Sens 1999,
90), ein Motiv, das einen Vorläufer in Schlaraffenlandschilderungen der Alten
Komödie hat (vgl. z.B. Telecl. fr. 1,6-7 und 12). Dazu passt, dass kleine Fische
wie τριχίαι und πρημνάδες tatsächlich oft in großen Mengen serviert wurden.
Wenn diese Interpretation richtig ist, dann geht hier die Personifikation einen
Schritt weiter als an den genannten Parallelen, wo nur das Eintreten in den
Raum des Gastmahls (wohl von der Küche aus), nicht aber eine Gleichsetzung
der servierten Speisen mit Gästen eines Symposions suggeriert wird.
Zu der syntaktischen Interpretation des Fragments vgl. oben zur Text-
gestalt. Die Gesprächssituation lässt sich ohne das fehlende übergeordnete
Verb nicht ermitteln.110
1 τριχιάς Nach Arist. HA 569b24-6 sind φαληρική, μεμβράς, τριχίς und
τριχιάς verschiedene Wachstumsstufen derselben Fische (εκ δε τής φαλερικής
γίνονται μεμβράδες, εκ δέ τούτων τριχίδες, έκ δε των τριχίδων τριχίαι); vgl.
zum τριχιάς auch 543a5 und 598bl2. Dalby 2003, 16 identifiziert τριχίς und
τριχιάς versuchsweise mit einer ausgewachsenen Sprotte (Sprattus sprattus)
oder Sardinelle (Sardinella auritap, vgl. Thompson 1947, 268-70, Garcia Soler
2001, 161.

109 Eine realistischere Variante dieser Interpretion wäre die Annahme, dass hier ein-
fach beschrieben wird, wie Fische sich in großen Scharen auf eine Beute (etwa
einen beim Fischfang verwendeten Köder) stürzen.
110 Bothe 1855, 326 denkt an Hypsipyle als Sprecherin, die hier gegenüber lason den
Fischreichtum ihrer Insel rühme.
 
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