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Orth, Christian; Nicochares
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 9,3): Nikochares - Xenophon: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.52132#0167
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Philyllios

Mittelpunkt des zentralen Tags, der Choen, stand aber ein zusammen mit
einem Gastmahl stattfindender Trinkwettbewerb, der wahrscheinlich sowohl
am Heiligtum des Dionysos έν Λίμναις als auch in einzelnen Feiern in pri-
vaten Häusern abgehalten wurde. Dabei ging es darum, möglichst schnell
einen Chous (etwa 3 Liter) Wein zu trinken. Dieser Trinkwettbewerb wird
ausführlicher dargestellt am Ende von Aristophanes’ Acharnern (959-1234).
Nur an diesem mittleren Tag war das Heiligtum des Dionysos έν λίμνοας
geöffnet, während alle anderen Heiligtümer geschlossen waren; das hängt
wahrscheinlich (ebenso wie apotropäische Maßnahmen an den Türen der
Häuser) mit der Rückkehr der Toten an diesem Tag zusammen.
Inhalt Eine plausible Interpretation von Philyllios’ Titel ist die Annahme,
dass das Stück an den Choen am zwölften Tag des Monats Anthesterion, dem
zentralen Tag der Anthesterien spielte, ähnlich wie Aristophanes’ erhaltene
Thesmophoriazusen am mittleren Tag der Thesmophorien (vgl. Ar. Thesm.
80 mit Austin/Olson ad l.), und die verlorenen zweiten Thesmophoriazusen
wahrscheinlich am dritten und letzten Tag des Fests spielten (vgl. fr. 331
mit Kaibel ap. PCG III.2 182).212 Denkbar wäre, dass die Δωδεκάτη auch als
Personifikation auftrat (z. B. als Prologsprecherin, ähnlich wie Kalligeneia
in Aristophanes’ zweiten Thesmophoriazusen [fr. 331], und vgl. Dorpia als
Prologsprecherin in Philyllios’ Herakles [fr. 7]).
Der Inhalt der Komödie lässt sich nicht weiter erschließen; was bei Phi-
lyllios an den Anthesterien geschah, muss offen bleiben.213 Für eine komische
Bearbeitung gut geeignet sind sicherlich besonders die heilige Hochzeit und
der (auch am Ende von Aristophanes’ Acharnern, ab Vers 960 dargestellte)
Trinkwettbewerb.214
Das einzige erhaltene Fragment erklärt (in der Form einer euripidei-
schen Aitiologie) die Bezeichnung metretes als mit dem amphoreus zu iden-
tifizierende Maßeinheit. Das passt gut in den Kontext eines Fests, in dem der
Weingenuss eine besondere Rolle spielte, und vielleicht in der Prozession des
Dionysos auf dem Schiffswagen auch die Einführung des Weins in Attika
thematisiert wurde.

212 SoStorey, FOCIII 27.
213 Entsprechend unbestimmt ist die Formulierung bei Storey, FOCIII 27: „The feast
may be the occasion from which a plot of romantic intrigue proceeded“.
214 Man muss allerdings auch immer mit der Möglichkeit rechnen, dass mit einem an
den Anthesterien spielenden Stück inhaltliche Elemente verknüpft wurden, die mit
dem Fest direkt nichts zu tun haben (allein aufgrund des Titels würde man z. B. nie
darauf kommen, dass es in Aristophanes’ Thesmophoriazusen um Euripides geht).
 
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