Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2012
DOI Artikel:
Ventker, Bettina: Götterwohnung,Weltabbild und Bibliothek aus Stein: der ägyptische Tempel als Quelle der religiösen Literatur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0093
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Veranstaltungen

MITARBEITERVORTRAGSREIHE
„Wirforschen. Für Sie“
25. April 2012
DR. BETTINA VENTKER
Forschungsstelle „Der Tempel als Kanon der religiösen Literatur Ägyptens“
Götterwohnung, Weltabbild und Bibliothek aus Stein
Der ägyptische Tempel als Quelle der religiösen Literatur
Im Alten Ägypten wurden seit dem späten 3. Jt. v. Chr.Tempel aus Stein gebaut, die
damit im Gegensatz zu der Alltagsarchitektur auf ewigen Bestand ausgerichtet waren.
Die bei Weitem am besten erhaltenen Bauten stammen aus der griechisch-römischen
Epoche, zu den bekanntesten und bedeutendsten Heiligtümern dieser Zeit gehören
die Tempelanlagen von Dendara, Esna, Edfu, Kom Ombo und Philae. Ägyptische
Heiligtümer setzen sich aus mehreren baulichen Komponenten zusammen, die den
architektonischen Rahmen für die Kulthandlungen bilden. Sie verfügen im Idealfall
über einen Torbau (Pylon) mit einem dahinter liegenden, von Säulengängen umge-
benen Hof, einer überdachten Säulenhalle (Pronaos), dem eigentlichen Tempelhaus
(Naos) und einer den gesamten Kernbau umfassenden Steinmauer. Im Zentrum des
Naos liegt das Sanktuar der Gottheit, das von symmetrisch angeordneten Räumen
und Kapellen umgeben ist. Die verschiedenen Räume und Raumgruppen erfüllen
jeweils eine bestimmte Funktion im Kult und treten in vergleichbarer Form in vie-
len Heiligtümern auf. Die lineare Anordnung ist eines der wichtigsten Kriterien, man
gelangt etappenweise vom Profanen (Außen) zum Sakralen (Innen). Dabei wird das
Dach immer niedriger, und gleichzeitig steigt das Bodenniveau an, was zu einer
erhöhten Lage der hinteren Tempelteile führt. Ausgehend vom offenen Hof wird es
demnach auch stetig dunkler, was die zunehmende Unzugänglichkeit und Heiligkeit
unterstreicht.
In erster Linie stellen die ägyptischen Tempel wie auch die Heiligtümer ande-
rer Kulturen eine Wohnung für den Gott dar und sind somit zugleich die Bühne für
den Kultvollzug und Ort der Kommunikation zwischen der Götter- und der Men-
schenwelt. Das Besondere an den ägyptischen Tempeln sind jedoch die zahlreichen
Inschriften und Darstellungen, mit denen vor allem die Bauten der griechisch-römi-
schen Zeit versehen wurden — kaum ein Bereich ist ohne Dekoration geblieben. Das
Textmaterial der einzelnen Tempel umfasst einerseits gemeinsame oder verwandte
Inhalte, andererseits aber auch solche, die auf lokaltheologischen Konzepten beru-
hen, und enthält vielfältige Informationen vor allem zur Religion, aber auch zur
politischen Geschichte, zur Verwaltung des Landes und zu anderen Bereichen. Häu-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften