16. Mai 2012
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16. Mai 2012
DR. STEFAN BURKHARDT - DR. JULIA DÜCKER
Forschungsstelle „Klöster im Hochmittelalter: Innovationslabore europäischer
Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle“
Mord im Kloster.
Zur Bewältigung von Gewalttaten in religiösen Gemeinschaften des Mittelalters
In ihrem Vortrag „Mord im Kloster. Zur Bewältigung von Gewalttaten in religiösen
Gemeinschaften des Mittelalters“ haben sich PD Dr. Stefan Burkhardt und Dr. Julia
Dücker mit Gewaltakten und Mordfällen im kirchlich-monastischen Bereich
beschäftigt. Am Beispiel zweier Texte aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die Grund-
lage der aktuellen Projektarbeit sind, wurden Beispiele für die Ermordung geistlicher
Personen in Klöstern oder deren Umfeld, für den Umgang mit den Tätern und
schließlich für mögliche Reaktionen der mit dem Mordfall konfrontierten gesell-
schaftlichen Gruppen vorgestellt.
Anhand der im 12. Jahrhundert von Gernot von Mainz verfassten „Vita
Arnoldi“, einer Beschreibung des Lebens und der Ermordung des Mainzer Erzbi-
schofs Arnold von Selenhofen durch Mainzer Bürger, wurde exemplarisch vor
Augen geführt, wie eine Gruppe „von außen“ in radikaler Weise auf einen Missstand
reagierte. Ein Eindruck davon, wie eine religiöse Gemeinschaft wie z.B. Mönche
oder Kanoniker reagierte, wenn in ihrem eigenen Kreis ein Mord geschah, wurde
mit Beispielen aus der dominikanischen Exempelsammlung „Vom Bienenstaat“ des
Thomas von Cantimpre vermittelt.
Während sich „Mord“ zunächst allgemein als „absichtliche und schuldhafte
Tötung eines Menschen“ beschreiben lässt, erheben die in der Bibel enthaltenen
Ausführungen Mord zu „der Sünde“ schlechthin; im Mittelalter konnte das Bege-
hen dieser Sünde mit verschiedenen Bußstrafen geahndet werden, bis hin zum voll-
kommenen Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft. Freilich galten diese christ-
lichen Gebote und Maßgaben für alle Christen gleich, unabhängig davon, ob sie in
einer städtischen Gemeinde, auf dem Land, bei Hofe oder eben innerhalb einer
klösterlichen Gemeinschaft zusammenlebten. Vor diesem Hintergrund erscheinen
Klöster gleichsam als ein „Extremfall“ unter „Laborbedingungen“: hierbei handelte
es sich um mehr oder weniger eng abgegrenzt lebende Gemeinschaften, die ihr
gesamtes Zusammenleben, die Versorgung ihrer Gemeinschaft und die Organisation
des Klosterlebens in den Dienst an Gott und unter seine Gesetze stellten.
Mordfälle in einem solchen Kontext mussten beinahe zwangsläufig zu Prüf-
steinen werden, denn die Ermordung eines Mitglieds erschütterte die religiöse
Gemeinschaft in ihren Fundamenten. Sie stellte nicht nur deren konkrete Lebens-
weise in Frage, sondern auch die ihr zugrunde liegenden religiösen und moralischen
Prinzipien. Im Fall eines Mordes galt es daher zu klären, wie in einer doch eigent-
lich gottesfürchtigen Gemeinschaft mit einem Verbrechen umzugehen war, das alle
Maßgaben des gemeinschaftlichen Glaubens missachtet hatte. Was passierte, wenn
eine Mordtat überdies in einer Kirche oder einem Kloster verübt wurde, also auf
Gott geweihtem Boden? War ein Mord an einem kirchlichen oder klösterlichen
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DR. STEFAN BURKHARDT - DR. JULIA DÜCKER
Forschungsstelle „Klöster im Hochmittelalter: Innovationslabore europäischer
Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle“
Mord im Kloster.
Zur Bewältigung von Gewalttaten in religiösen Gemeinschaften des Mittelalters
In ihrem Vortrag „Mord im Kloster. Zur Bewältigung von Gewalttaten in religiösen
Gemeinschaften des Mittelalters“ haben sich PD Dr. Stefan Burkhardt und Dr. Julia
Dücker mit Gewaltakten und Mordfällen im kirchlich-monastischen Bereich
beschäftigt. Am Beispiel zweier Texte aus dem 12. und 13. Jahrhundert, die Grund-
lage der aktuellen Projektarbeit sind, wurden Beispiele für die Ermordung geistlicher
Personen in Klöstern oder deren Umfeld, für den Umgang mit den Tätern und
schließlich für mögliche Reaktionen der mit dem Mordfall konfrontierten gesell-
schaftlichen Gruppen vorgestellt.
Anhand der im 12. Jahrhundert von Gernot von Mainz verfassten „Vita
Arnoldi“, einer Beschreibung des Lebens und der Ermordung des Mainzer Erzbi-
schofs Arnold von Selenhofen durch Mainzer Bürger, wurde exemplarisch vor
Augen geführt, wie eine Gruppe „von außen“ in radikaler Weise auf einen Missstand
reagierte. Ein Eindruck davon, wie eine religiöse Gemeinschaft wie z.B. Mönche
oder Kanoniker reagierte, wenn in ihrem eigenen Kreis ein Mord geschah, wurde
mit Beispielen aus der dominikanischen Exempelsammlung „Vom Bienenstaat“ des
Thomas von Cantimpre vermittelt.
Während sich „Mord“ zunächst allgemein als „absichtliche und schuldhafte
Tötung eines Menschen“ beschreiben lässt, erheben die in der Bibel enthaltenen
Ausführungen Mord zu „der Sünde“ schlechthin; im Mittelalter konnte das Bege-
hen dieser Sünde mit verschiedenen Bußstrafen geahndet werden, bis hin zum voll-
kommenen Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft. Freilich galten diese christ-
lichen Gebote und Maßgaben für alle Christen gleich, unabhängig davon, ob sie in
einer städtischen Gemeinde, auf dem Land, bei Hofe oder eben innerhalb einer
klösterlichen Gemeinschaft zusammenlebten. Vor diesem Hintergrund erscheinen
Klöster gleichsam als ein „Extremfall“ unter „Laborbedingungen“: hierbei handelte
es sich um mehr oder weniger eng abgegrenzt lebende Gemeinschaften, die ihr
gesamtes Zusammenleben, die Versorgung ihrer Gemeinschaft und die Organisation
des Klosterlebens in den Dienst an Gott und unter seine Gesetze stellten.
Mordfälle in einem solchen Kontext mussten beinahe zwangsläufig zu Prüf-
steinen werden, denn die Ermordung eines Mitglieds erschütterte die religiöse
Gemeinschaft in ihren Fundamenten. Sie stellte nicht nur deren konkrete Lebens-
weise in Frage, sondern auch die ihr zugrunde liegenden religiösen und moralischen
Prinzipien. Im Fall eines Mordes galt es daher zu klären, wie in einer doch eigent-
lich gottesfürchtigen Gemeinschaft mit einem Verbrechen umzugehen war, das alle
Maßgaben des gemeinschaftlichen Glaubens missachtet hatte. Was passierte, wenn
eine Mordtat überdies in einer Kirche oder einem Kloster verübt wurde, also auf
Gott geweihtem Boden? War ein Mord an einem kirchlichen oder klösterlichen