Heribert Smolinsky
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Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500—1650“. Konnte
Herr Smolinsky für Sachsen an seine Habilitationsschrift anknüpfen, faszinierte
ihn an dem niederrheinischen Herzogtum das Bemühen, durch eine humanistisch
tingierte neutrale Kirchenpolitik zwischen den konfessionellen Fronten einen
dritten Weg zu suchen, um die Einheit des Territoriums nicht zu gefährden. Die
Kirchenordnungen von Jülich-Kleve-Berg als „Beispiel einer landesherrlichen Kir-
chenreform“ sind von ihm auch gesondert untersucht worden (1989). Eine dritte
Region trat während der Freiburger Zeit in den Fokus seines Interesses: der Ober-
rhein — genannt sei in diesem Zusammenhang die programmatische Arbeit: „Die
Kirche am Oberrhein im Spannungsverhältnis von humanistischer Reform und
Reformation“ (1990). Die Erzdiözese Freiburg trug an Herrn Smolinsky den Plan
heran, ihre Geschichte zu schreiben. Er hat diese Aufgabe jedoch nicht mehr reali-
sieren können.
Mehrfach hat sich Heribert Smolinsky mit dem Thema Humanismus und Bil-
dungsreform beschäftigt, wobei er für seine Untersuchungen auch handschriftliches
Material heranzog. Er fragte in diesem Zusammenhang insbesondere nach dem
Verhältnis von Humanismus und theologischen Fakultäten und arbeitete — selbst bei
einem den neuen Methoden verhältnismäßig aufgeschlossenen Theologen wie
Johann Eck — die Spannung zwischen dem universitätstheologischen Lehrprogramm
und den Bildungspostulaten des Humanismus heraus, die dazu führte, dass sich
Humanismus und katholische Theologie lange Zeit vor allem im außeruniversitären
Raum trafen. In einer anregenden Studie analysierte Heribert Smolinsky die Vor-
schläge, die Johann Gerson als Kanzler der Pariser Universität zu Beginn des 15. Jahr-
hunderts für eine Reform des Theologiestudiums machte (1976). „Kirchenreform als
Bildungsreform im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit“ (1994) lautet ein für
Smolinskys Interesse auf diesem Gebiet bezeichnender Aufsatztitel.
Mit dem Stichwort Volksfrömmigkeit ist ein weiteres Arbeitsgebiet von Herrn
Smolinsky genannt. Er beschäftigte sich mit Volksfrömmigkeit in Entsprechung und
Gegensatz zu offizieller Kirchenfrömmigkeit, etwa in der Barockzeit, und hat 1994
einen Sammelband mit Aufsätzen zu „Volksfrömmigkeit in der Frühen Neuzeit“
mitbetreut und in seiner Einleitung dieses Forschungsfeld in die internationale
Diskussion eingebettet.Vereinzelte Arbeiten galten dem 19. (Säkularisation am Ober-
rhein) und 20. Jahrhundert (Das katholische Russlandbild in Deutschland nach dem
Ersten Weltkrieg und im „Dritten Reich; Judenverfolgung und Judenrettung. Die
Politik des Vatikans).
In ungewöhnlich intensiver Weise war Herr Smolinsky als Wissensvermittler
über den Kreis der engeren Fachkollegen hinaus tätig. Er publizierte zahlreiche Per-
sonal- und Sachartikel in prominenten Nachschlagewerken, von denen das Lexikon
für Theologie und Kirche, die Theologische Realenzyklopädie und Die Religion in
Geschichte und Gegenwart genannt sein sollen. Eine außerordentlich erfolgreiche
kleine Kirchengeschichte der Neuzeit I (1993, 3. Aufl. 2003) wurde auch ins Italie-
nische und Spanische übersetzt. Hohen Bekanntheitsgrad in einer weiteren Öffent-
lichkeit erreichte Smolinsky durch die Herausgabe von mehreren Bänden der deut-
schen Adaption der vielbändigen „Histoire du christianisme des origines ä nos
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Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500—1650“. Konnte
Herr Smolinsky für Sachsen an seine Habilitationsschrift anknüpfen, faszinierte
ihn an dem niederrheinischen Herzogtum das Bemühen, durch eine humanistisch
tingierte neutrale Kirchenpolitik zwischen den konfessionellen Fronten einen
dritten Weg zu suchen, um die Einheit des Territoriums nicht zu gefährden. Die
Kirchenordnungen von Jülich-Kleve-Berg als „Beispiel einer landesherrlichen Kir-
chenreform“ sind von ihm auch gesondert untersucht worden (1989). Eine dritte
Region trat während der Freiburger Zeit in den Fokus seines Interesses: der Ober-
rhein — genannt sei in diesem Zusammenhang die programmatische Arbeit: „Die
Kirche am Oberrhein im Spannungsverhältnis von humanistischer Reform und
Reformation“ (1990). Die Erzdiözese Freiburg trug an Herrn Smolinsky den Plan
heran, ihre Geschichte zu schreiben. Er hat diese Aufgabe jedoch nicht mehr reali-
sieren können.
Mehrfach hat sich Heribert Smolinsky mit dem Thema Humanismus und Bil-
dungsreform beschäftigt, wobei er für seine Untersuchungen auch handschriftliches
Material heranzog. Er fragte in diesem Zusammenhang insbesondere nach dem
Verhältnis von Humanismus und theologischen Fakultäten und arbeitete — selbst bei
einem den neuen Methoden verhältnismäßig aufgeschlossenen Theologen wie
Johann Eck — die Spannung zwischen dem universitätstheologischen Lehrprogramm
und den Bildungspostulaten des Humanismus heraus, die dazu führte, dass sich
Humanismus und katholische Theologie lange Zeit vor allem im außeruniversitären
Raum trafen. In einer anregenden Studie analysierte Heribert Smolinsky die Vor-
schläge, die Johann Gerson als Kanzler der Pariser Universität zu Beginn des 15. Jahr-
hunderts für eine Reform des Theologiestudiums machte (1976). „Kirchenreform als
Bildungsreform im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit“ (1994) lautet ein für
Smolinskys Interesse auf diesem Gebiet bezeichnender Aufsatztitel.
Mit dem Stichwort Volksfrömmigkeit ist ein weiteres Arbeitsgebiet von Herrn
Smolinsky genannt. Er beschäftigte sich mit Volksfrömmigkeit in Entsprechung und
Gegensatz zu offizieller Kirchenfrömmigkeit, etwa in der Barockzeit, und hat 1994
einen Sammelband mit Aufsätzen zu „Volksfrömmigkeit in der Frühen Neuzeit“
mitbetreut und in seiner Einleitung dieses Forschungsfeld in die internationale
Diskussion eingebettet.Vereinzelte Arbeiten galten dem 19. (Säkularisation am Ober-
rhein) und 20. Jahrhundert (Das katholische Russlandbild in Deutschland nach dem
Ersten Weltkrieg und im „Dritten Reich; Judenverfolgung und Judenrettung. Die
Politik des Vatikans).
In ungewöhnlich intensiver Weise war Herr Smolinsky als Wissensvermittler
über den Kreis der engeren Fachkollegen hinaus tätig. Er publizierte zahlreiche Per-
sonal- und Sachartikel in prominenten Nachschlagewerken, von denen das Lexikon
für Theologie und Kirche, die Theologische Realenzyklopädie und Die Religion in
Geschichte und Gegenwart genannt sein sollen. Eine außerordentlich erfolgreiche
kleine Kirchengeschichte der Neuzeit I (1993, 3. Aufl. 2003) wurde auch ins Italie-
nische und Spanische übersetzt. Hohen Bekanntheitsgrad in einer weiteren Öffent-
lichkeit erreichte Smolinsky durch die Herausgabe von mehreren Bänden der deut-
schen Adaption der vielbändigen „Histoire du christianisme des origines ä nos