186 | TÄTIGKEITSBERICHTE
ereignis von 1784 bis heute wohl die schwerste Hochwasserkatastrophe in Mittel-
europa dar, die in historische Zeit fällt. Es handelt sich hierbei jedoch bei weitem
nicht um das einzige Hochwasser mit Überschwemmungs- und Schadensfolge in der
Zeit um 1800. Berichte über das örtliche Katastrophenmanagement wie etwa in
Mainz liefern wertvolle Aussagen über die Qualität der getroffenen Maßnahmen,
aber auch über die Reaktion der Betroffenen und deren Verarbeitung des Ereignis-
ses. Dieses und weitere Hochwasser, vor allem aber auch gestiegene ökonomische
und verkehrspolitische Ansprüche an die Wasserstraße Rhein führten zu Plänen und
schließlich zur Umsetzung der in der damaligen Zeit als „Rectification“ bezeichne-
ten Rheinbegradigung. Neben der technischen Umsetzung und ihren hydrologi-
schen, ökologischen oder ökonomischen Folgen ist für unser Projekt der Umstand
interessant, dass vom Zeitraum des Extremhochwassers von 1784 über die Planung
(Tulla 1809) bis zur Fertigstellung (1876) sich mehrfach die administrativen Rah-
menbedingungen änderten, von der Staaten- bis zur untersten Verwaltungsebene:
In diese Zeitspanne fallen u.a. die Französische Revolution, die Auflösung der Kur-
pfalz und der rheinischen Erzbistümer, die Schaffung des Großherzogtums Baden,
die Gründung des Rheinbunds, des Deutschen Bundes und schließlich des Deut-
schen Reichs inklusive der Annexion des Elsass. Und dennoch wurde das Projekt
beständig fortgeführt und erfolgreich beendet. Mit wenigen Ausnahmen — man
denke etwa an einige Zwangsumsiedlungen von Anwohnern — bestand offenbar
weitreichender Konsens über die Notwendigkeit und den Nutzen des Großprojekts.
Wichtige Anregungen für das Forschungsvorhaben lieferte auch der Oderbruch,
wenngleich er sich nicht im eigentlichen räumlichen Bezugsrahmen befindet: Dort
wurden die historischen Baumaßnahmen zur Entwässerung der Bruchs seit dem 18.
Jahrhundert untersucht und aus heutiger Sicht bewertet. Ob sich dies als ein frucht-
barer Ansatz für unsere Fragestellung herausstellt, wird mithilfe von geplanten Studien-
arbeiten am Institut für Wasser- und Umweltsystemmodellierung zu klären sein.
Unter aktuellen bzw. zeitgeschichtlichen Ereignissen betrachtete Frau Stork das
Elbe-Hochwasser von 2002 sowie den geplanten Donauausbau zwischen Straubing
und Vilshofen. Beide Fälle erscheinen aufgrund ihrer Komplexität und Aktualität
auch weiterhin prinzipiell als zur Untersuchung geeignet. Bei der Lektüre von
Pressemeldungen zum Thema Hochwasserschutz kristallisierte sich die Frage heraus,
welche Einflüsse die so unterschiedlichen Reaktionen der Bevölkerung auf die
Maßnahmen bestimmen. Dieser Frage soll auch im weiteren Projektverlauf weiter
nachgegangen werden, da dieser Faktor bislang noch wenig verstanden und beach-
tet wurde.
Methodisch war die Klärung einer gemeinsamen begrifflichen Basis die wich-
tigste Voraussetzung für den Projektstart. Die Definition von „Konflikt“ stand dabei
im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu gewaltsamen und bewaffneten Konflikten um
knappes Trinkwasser geht es im Projektkontext eher um juristische Auseinanderset-
zungen, Dispute, Meinungsverschiedenheiten, Interessenskonflikte, Widerstand
etc. — Daneben stand die Wahrnehmungsverschiebung des Mensch-Natur-Verhält-
nisses im Fokus, denn diese hat ein gewandeltes Verständnis von Hochwasserereig-
nissen und -bewältigungsstrategien zur Konsequenz: Galt in der Vergangenheit
ereignis von 1784 bis heute wohl die schwerste Hochwasserkatastrophe in Mittel-
europa dar, die in historische Zeit fällt. Es handelt sich hierbei jedoch bei weitem
nicht um das einzige Hochwasser mit Überschwemmungs- und Schadensfolge in der
Zeit um 1800. Berichte über das örtliche Katastrophenmanagement wie etwa in
Mainz liefern wertvolle Aussagen über die Qualität der getroffenen Maßnahmen,
aber auch über die Reaktion der Betroffenen und deren Verarbeitung des Ereignis-
ses. Dieses und weitere Hochwasser, vor allem aber auch gestiegene ökonomische
und verkehrspolitische Ansprüche an die Wasserstraße Rhein führten zu Plänen und
schließlich zur Umsetzung der in der damaligen Zeit als „Rectification“ bezeichne-
ten Rheinbegradigung. Neben der technischen Umsetzung und ihren hydrologi-
schen, ökologischen oder ökonomischen Folgen ist für unser Projekt der Umstand
interessant, dass vom Zeitraum des Extremhochwassers von 1784 über die Planung
(Tulla 1809) bis zur Fertigstellung (1876) sich mehrfach die administrativen Rah-
menbedingungen änderten, von der Staaten- bis zur untersten Verwaltungsebene:
In diese Zeitspanne fallen u.a. die Französische Revolution, die Auflösung der Kur-
pfalz und der rheinischen Erzbistümer, die Schaffung des Großherzogtums Baden,
die Gründung des Rheinbunds, des Deutschen Bundes und schließlich des Deut-
schen Reichs inklusive der Annexion des Elsass. Und dennoch wurde das Projekt
beständig fortgeführt und erfolgreich beendet. Mit wenigen Ausnahmen — man
denke etwa an einige Zwangsumsiedlungen von Anwohnern — bestand offenbar
weitreichender Konsens über die Notwendigkeit und den Nutzen des Großprojekts.
Wichtige Anregungen für das Forschungsvorhaben lieferte auch der Oderbruch,
wenngleich er sich nicht im eigentlichen räumlichen Bezugsrahmen befindet: Dort
wurden die historischen Baumaßnahmen zur Entwässerung der Bruchs seit dem 18.
Jahrhundert untersucht und aus heutiger Sicht bewertet. Ob sich dies als ein frucht-
barer Ansatz für unsere Fragestellung herausstellt, wird mithilfe von geplanten Studien-
arbeiten am Institut für Wasser- und Umweltsystemmodellierung zu klären sein.
Unter aktuellen bzw. zeitgeschichtlichen Ereignissen betrachtete Frau Stork das
Elbe-Hochwasser von 2002 sowie den geplanten Donauausbau zwischen Straubing
und Vilshofen. Beide Fälle erscheinen aufgrund ihrer Komplexität und Aktualität
auch weiterhin prinzipiell als zur Untersuchung geeignet. Bei der Lektüre von
Pressemeldungen zum Thema Hochwasserschutz kristallisierte sich die Frage heraus,
welche Einflüsse die so unterschiedlichen Reaktionen der Bevölkerung auf die
Maßnahmen bestimmen. Dieser Frage soll auch im weiteren Projektverlauf weiter
nachgegangen werden, da dieser Faktor bislang noch wenig verstanden und beach-
tet wurde.
Methodisch war die Klärung einer gemeinsamen begrifflichen Basis die wich-
tigste Voraussetzung für den Projektstart. Die Definition von „Konflikt“ stand dabei
im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu gewaltsamen und bewaffneten Konflikten um
knappes Trinkwasser geht es im Projektkontext eher um juristische Auseinanderset-
zungen, Dispute, Meinungsverschiedenheiten, Interessenskonflikte, Widerstand
etc. — Daneben stand die Wahrnehmungsverschiebung des Mensch-Natur-Verhält-
nisses im Fokus, denn diese hat ein gewandeltes Verständnis von Hochwasserereig-
nissen und -bewältigungsstrategien zur Konsequenz: Galt in der Vergangenheit