Nachruf auf Ludwig Finscher
der 1980er Jahre dazu entschloss, eine völlig neue, zweite Auflage der großen, bis
dato auf 17 Bände angewachsenen Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Ge-
genwart vorzubereiten, verpflichtete er Ludwig Finscher als Herausgeber, der diese
Aufgabe bis kurz vor Abschluss des Projektes übernahm. Aus den 17 wurden nun
insgesamt 29 Bände einschließlich Register und Supplement. Die meisten Artikel
wurden neu geschrieben, und unter den Autoren ragte auch der Herausgeber mit
so gewichtigen wie „Burgund“, „Klassik“, „Pause“, „Streichquartett“, „Sympho-
nie“, aber auch „Sturm und Drang“ oder „Manierismus“ heraus, sowie mit diver-
sen Personenartikeln vornehmlich zu Komponisten des 15. und 16. Jahrhunderts
wie Jacob Obrecht, Josquin des Prez, Loyset Compere oder Pierre de la Rue. Die
neue „MGG“, inzwischen auch online verfügbar, ist eine der großen Leistungen
der deutschsprachigen Musikwissenschaft, und Ludwig Finscher hat daran einen
nicht unbeträchtlichen Anteil.
Ludwig Finscher wurden alle denkbaren Ehren zuteil, die ein Forscherleben
krönen können - Ehrendoktorwürden der Universitäten Athen, Zürich und Saar-
brücken, die Aufnahme in den Orden Pour le Merite, das Große Verdienstkreuz
mit Stern der Bundesrepublik Deutschland. Von 1974 bis 1977 war er Präsident
der Gesellschaft für Musikforschung, von 1977 bis 1981 Präsident der Interna-
tionalen Gesellschaft für Musikwissenschaft. 1982 wurde er zum Mitglied der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften gewählt, darüber hinaus war er kor-
respondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in
Mainz, Corresponding Member der American Musicological Society und Ho-
norary Member of the Royal Musicological Association in Großbritannien. 2006
wurde ihm der Balzan-Preis verliehen. Das Preisgeld ermöglichte es ihm, sein
drittes musikhistorisches Herzensprojekt zu verwirklichen - die Grundlagen für
eine noch zu schreibende Gattungsgeschichte der Triosonate zu schaffen. 2016
erschien im Internationalen Quellenlexikon der Musik (RISM) der an der Universität
Zürich erarbeitete Band Die Triosonate. Catalogue raisonne der gedruckten Quellen, in
dem alle im Druck erschienenen Triosonaten des 17. und 18. Jahrhunderts erfasst
und kommentiert sind.
In seinem Vortrag Eine Synthese meiner Forschung nannte Ludwig Finscher ein
zweites Projekt, das er, Kraft und Zeit vorausgesetzt, noch verwirklichen wollte:
eine Darstellung von Mozarts Kammermusik in ihrem historischen Kontext. Es
ist ein großer Verlust, dass wir dieses Werk nicht mehr kennenlernen konnten.
Am 30. Juni 2020 ist Ludwig Finscher im Alter von 90 Jahren in Wolfenbüttel
gestorben.
Silke Leopold
145
der 1980er Jahre dazu entschloss, eine völlig neue, zweite Auflage der großen, bis
dato auf 17 Bände angewachsenen Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Ge-
genwart vorzubereiten, verpflichtete er Ludwig Finscher als Herausgeber, der diese
Aufgabe bis kurz vor Abschluss des Projektes übernahm. Aus den 17 wurden nun
insgesamt 29 Bände einschließlich Register und Supplement. Die meisten Artikel
wurden neu geschrieben, und unter den Autoren ragte auch der Herausgeber mit
so gewichtigen wie „Burgund“, „Klassik“, „Pause“, „Streichquartett“, „Sympho-
nie“, aber auch „Sturm und Drang“ oder „Manierismus“ heraus, sowie mit diver-
sen Personenartikeln vornehmlich zu Komponisten des 15. und 16. Jahrhunderts
wie Jacob Obrecht, Josquin des Prez, Loyset Compere oder Pierre de la Rue. Die
neue „MGG“, inzwischen auch online verfügbar, ist eine der großen Leistungen
der deutschsprachigen Musikwissenschaft, und Ludwig Finscher hat daran einen
nicht unbeträchtlichen Anteil.
Ludwig Finscher wurden alle denkbaren Ehren zuteil, die ein Forscherleben
krönen können - Ehrendoktorwürden der Universitäten Athen, Zürich und Saar-
brücken, die Aufnahme in den Orden Pour le Merite, das Große Verdienstkreuz
mit Stern der Bundesrepublik Deutschland. Von 1974 bis 1977 war er Präsident
der Gesellschaft für Musikforschung, von 1977 bis 1981 Präsident der Interna-
tionalen Gesellschaft für Musikwissenschaft. 1982 wurde er zum Mitglied der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften gewählt, darüber hinaus war er kor-
respondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in
Mainz, Corresponding Member der American Musicological Society und Ho-
norary Member of the Royal Musicological Association in Großbritannien. 2006
wurde ihm der Balzan-Preis verliehen. Das Preisgeld ermöglichte es ihm, sein
drittes musikhistorisches Herzensprojekt zu verwirklichen - die Grundlagen für
eine noch zu schreibende Gattungsgeschichte der Triosonate zu schaffen. 2016
erschien im Internationalen Quellenlexikon der Musik (RISM) der an der Universität
Zürich erarbeitete Band Die Triosonate. Catalogue raisonne der gedruckten Quellen, in
dem alle im Druck erschienenen Triosonaten des 17. und 18. Jahrhunderts erfasst
und kommentiert sind.
In seinem Vortrag Eine Synthese meiner Forschung nannte Ludwig Finscher ein
zweites Projekt, das er, Kraft und Zeit vorausgesetzt, noch verwirklichen wollte:
eine Darstellung von Mozarts Kammermusik in ihrem historischen Kontext. Es
ist ein großer Verlust, dass wir dieses Werk nicht mehr kennenlernen konnten.
Am 30. Juni 2020 ist Ludwig Finscher im Alter von 90 Jahren in Wolfenbüttel
gestorben.
Silke Leopold
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