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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2020 — 2021

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B. Die Mitglieder
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II. Nachrufe
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Wolfrum, Jürgen: Heinz Georg Wagner: (20. 9. 1928 − 29. 7. 2020)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61621#0153
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Nachruf auf Heinz Georg Wagner

Dampf-Flüssigkeits-Gleichgewichte und der Dynamik thermischer Trennprozesse
sowie die Untersuchungen zur Kinetik von Gasreaktionen, Verbrennungsprozes-
sen, Flammen und Explosionsvorgängen höchst erfolgreich fort. Hierzu wurden
neuartige, experimentell anspruchsvolle Apparaturen (u. a. Strömungssysteme mit
Teilchendetektion über Molekularstrahlmassenspektrometrie und Elektronenspin-
resonanz sowie Stoßwellenrohre zur Erzeugung sehr hoher Temperatur bis über
5000 K mit schneller optischer Detektion) konstruiert und gewinnbringend ein-
gesetzt. Am MPI für Strömungsforschung entwickelte er zahlreiche neue laserba-
sierte Verfahren (Laser-Induzierte Fluoreszenz, Infrarot-Multiphotonenanregung,
Laser-Magnetische Resonanz, u. a.) für direkte Messungen der Geschwindigkeiten
und Mechanismen chemischer Elementarreaktionen.
Mit seinen Untersuchungen über Verbrennungsvorgänge und Explosionen
verband er Arbeiten zur Rußbildung und zu Fragen der Sicherheit technischer
Anlagen. Er erkannte schon außerordentlich früh, dass es von großer Wichtigkeit
ist, Grundlagenforschung mit ihren Fortschritten im Spannungsfeld zwischen In-
dustrie und Gesellschaft zu etablieren. Im Rahmen der DECFIEMA und in zahl-
reichen Gutachtergremien, wie z. B. der Reaktorsicherheitskommission, gelang
es ihm, Untersuchungen zur Sicherheit chemischer Verfahren und der Auswir-
kung von Explosionsunglücken auf die Umwelt auf eine solide wissenschaftliche
Grundlage zu stellen. Für seine Arbeiten erhielt er 1982 die Titan-Plakette der
DECHEMA und 1997 die DECHEMA-Medaille. 1987 wurde ihm das Bundes-
verdienstkreuz und 1999 das große Bundesverdienstkreuz verliehen.
Mit dem ganzen Gewicht seiner Persönlichkeit setzte er sich auch für die
intensive Zusammenarbeit zwischen Chemie und Mathematik im Bereich der
mathematischen Simulation von Reaktiven Strömungen ein. So förderte er aktiv
den Sonderforschungsbereich 123 (Mathematische Modelle) und die Einrichtung
des Interdisziplinären Zentrums für Wissenschaftliches Rechnen (IWR) und der
Arbeitsgemeinschaft TECFLAM an der Universität Heidelberg. 1998 würdigte
der Nobelpreisträger Robert F. Curl Jr. von der Rice University in Houston, TX,
USA, in seinem Vortrag anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde an H.
Gg. Wagner in Heidelberg diese Bemühungen sowie seine Leistungen im Bereich
der Rußbildung.
Mit seinem außerordentlichen Engagement in der wissenschaftlichen Ge-
meinschaft übernahm H. Gg. Wagner national und international Verantwortung
weit über sein eigenes Arbeits- und Interessengebiet hinaus und setzte sich in zahl-
reichen Funktionen für die Wissenschaft und die Wissenschaftler ein. So wirkte
er als Fachgutachter und stellvertretender Vorsitzender des Fachausschusses Che-
mie und von 1983 bis 1989 als Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemein-
schaft (zuständig für Chemie und Physik und für Auslandsbeziehungen), war über
30 Jahre Sekretär der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Mitglied des
Senats der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (Halle), Mitglied

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