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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2020 — 2021

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C. Die Forschungsvorhaben
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II. Tätigkeitsberichte
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2. Wörterbuch der altgaskognischen Urkundensprache/ Dictionnaire de l’ancien gascon (DAG)/Dictionnaire électronique d’ancien gascon (DAGél)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61621#0171
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2. Wörterbuch der altgaskognischen Urkundensprache (DAG)

hahn“), gespaltenes Holz zur Herstellung von Fassreifen falhar (< lat. folium
„Blatt) und hölzerne Fassstützen tins (< lat. *attinctare „beizen“).
Das aus den Trauben erzeugte Getränk wiederum findet sich in Kapitel B I k7
„die Bedürfnisse des Menschen: Getränke“ (Art.Nr. 1778 — 1782). Man unter-
scheidet zwischen jungem Wein (bin noed) und altem Wein der vorletzten Ernte
(bin billi} oder noch älteren Datums, z.B. dreijährigem Wein (bin tersen). Hoher
Wertschätzung erfreute sich der Klaretwein (bin da), ein durch pulverisierte Würz-
pflanzen (Zimt, Ingwer, Gewürznelken, etc.) geklärter und mit Honig oder Zucker
gesüßter Wein. Auch über die Qualität ist einiges aus den Texten herauszulesen: Es
ist die Rede von Tafelwein minderer Qualität, von abgestandenem Wein bin passat
und saurem Wein bin tornat. Das gemeine Volk trank neben Apfelwein (pomade
en. 1160) bestenfalls die Nebenprodukte der Weinerzeugung, den so genannten
Tresterwein (vinada oder rey bin [< lat. retro + vinum]). Dieses schwach alko-
holische Nebenerzeugnis entstand beim zweiten Auspressen der Trauben. Reiner
Wein war natürlich besonders geschätzt und erhielt den Zusatz: pur, blos (< ahd.
blöz „nackt“), sens aygua „nicht mit Wasser vermischt“, sens tota mesclantia „ohne jeg-
liche Beimischung“.
Und schließlich sind wir im Begriffsystem wieder an einer anderen Stelle,
bei den Wein ausschenkenden Tavernen (tauernes) und ihren Inhabern (Art.nr.
2893 — 2896). Um Missbräuchen vorzubeugen unterlagen der Schenkwirt und die
Wirtin (tauerner, fern, taberniera) strengen Verordnungen beim Weinausschank des
bin atabernat „in Kneipen ausgeschenkter Wein“. Die Obrigkeit hatte ein wachsa-
mes Auge auf die Tätigkeit des Weinverkaufs in kleinen Mengen zum Ausschank,
wie auch in Großhandelsmengen: metre vin a teberne [ca. 1190], dar tauerna (12. Jahr-
hundert), bener bin a taberna, bener bin en taberna, bendre bin en gros et en taberna, bins
bersar (< lat. versare „umwenden; einschenken“). Taverneninhaber gehörten zu
den privilegierten Händlern, die werben durften. Zu diesem Zweck engagierten
sie „Weinrufer“, die aus vollem Halse und auf offener Straße das Eintreffen einer
neuen Sendung Wein bei ihrem Auftraggeber verkündeten: far cridar bin bzw. den
Wein anpriesen far lausar Io bin. Dabei war es ihnen nur erlaubt, den Wein zu bewer-
ben, den sie auch verkauften und keinen anderen. Vorratswein durfte nicht teurer
angeboten werden, sondern zuerst musste der bin adosilhat „Wein aus einem an-
gestochenen Fass (von dosilh »Zapfen«)“ aufgebraucht werden. Wein zu panschen
durch Vermischung von altem mit jungem Wein, Wasser oder anderen schädlichen
Zusätzen war ebenfalls untersagt (über die Praktiken des Weinpanschens ist nach-
zulesen im Tätigkeitsbericht zum DAG in: Jahrbuch der Heidelberger Akademie der
Wissenschaften für 2009, S. 230). Machte sich ein Kneipenwirt eines dieser Vergehen
schuldig, wurde ihm zur Strafe sein Weinvorrat konfisziert, der Weinausschank
wurde ihm auf bestimmte Zeit untersagt und auf den Schuldigen wartete nicht
nur eine Geldstrafe, sondern er musste auch noch beim Spießrutenlauf durch die
Stadt den Betrug bereuen.

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