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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0054
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546—1549

nemlich, die jedes theil lehrer für wäre anhenger irer lehre mit wissender kundschafft
und reichung der h. sacramenten erkennen. Sonst sind allenthalben vil berüffen, wenig
erwelt58.
So brangen59 die waren heiligen nicht mit irer heiligkeit, sonder, ye mehr sie deren
haben, ye mehr sie sich ires mangels beklagen. Die scheinheiligen aber thün ire vermein- 5
ten güten wercke, das sie vor den menschen gerecht geachtet werden, da sie doch voll
alles Unglaubens, Superstition60 und ongerechtigkeit sind, wie hell am tag ligt.
Das were ja wider allen rechten sinn geurteilt, daz man die werck und das thün, daz
unser lehre on underlas schiltet und verdammet, für frucht unser lehre dargebe61. Man
besehe und erkenne die leut, die wir als junger unser lehr erkennen, nit die sich des 10
fälschlich rhümen. Und an denen sehe man uff die werck und das thün, das wir sie
lehren, nit das wir an inen schelten und verdammen. So vil uff die lugen und lesterung,
die diser Schandtichter wider daz man klar sicht und greiffet, von früchten unser lehr
lesteret, als ob durch die alle gottseligkeit, zücht, erbarkeit, liebe und traw zü gründ
gangen und erlöschet were. 15
| E ib | ZUm andern62 leugt und lesteret diser Schandtichter, das wir der kirchen
Hierarchi zerstören und den underscheid der priesterschafft und leien hinnemen63. Da
wir aber nicht dann die Hierotyrannei, nit die Hierarchi64 zerstören, das ist die tyran-
nei im geistlichen, nit daz war geistlich regiment. Wiewol die heilige Schrifft disen
fürstlichen namen Hierarchi nit brauchet. Der h. Paulus nennet Christum unseren 20
herren selb, sich und die andern Apostel und kirchenregenten alle Diener65, Welche den
underscheid von den leien, daz ist: vom volck Christi, haben sollen, das sie inen mit
glauben und gotseligem verstand und aller heiligkeit vorgangen und den dienst der
seelsorge trewlich verrichten. Nit das sie allein mit platten66, langen schauben67 und
runden baretten einher prangen und under disem vergeben titel und geprenge den 25
kirchen Christi ihre so grosse güter entziehenk und verschwenden.
Dann obwol die rechten waren Clericen sollen von allen menschen, auch Königen
und Keiseren, gehöret und geehret werden als diener unsers herren Jesu Christi - den
warlich verachtet, wer sie verachtet, und höret, wer sie höret68 -, Nit desto weniger,
weil sie auch menschen sind und fehlen könden und Gott nur ein obriste gewalt und 30
k) entziegehen.
58. Vgl. Mt 22, 14.
59. Prahlen mit, pochen auf, sich rühmen mit. Lexer 1, Sp. 340.
60. Aberglaube.
61. Ausgebe als. Götze, S. 47.
62. Wer die wäre Hierarchi, das ist: geistlich regiment der kirchen, widerbringe oder zerstöre.
[Marg.J.
63. Aufheben, vermeiden. Götze, S. 123.
64. Hierarchie und Hierotyrannei (eine eigenwillige Wortbildung) soll den Unterschied zwi-
schen einer geistlichen Kirchenordnung und einem geistlichen Gewaltregiment (des Papstes) be-
zeichnen.
65. Rom. 15. [Marg.].
66. Tonsuren. Lexer 1, Sp. 299.
67. Langen Mänteln oder Röcken, d. h. Kutten, Talaren. Schmidt, Sp. 296.
68. Vgl. Lk 10,16.
 
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