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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 17): Die letzten Strassburger Jahre: 1546 - 1549 — Gütersloh, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.30258#0214
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DIE LETZTEN STRASSBURGER JAHRE 1546-1549

brauch des Namens Gottes und öffentliche Gotteslästerungen sind Gründe für die
schweren Heimsuchungen der Gegenwart. (4) Weithin wird der Sonntag entheiligt. Die
Obrigkeit sollte für völlige Arbeitsruhe und besseren Besuch der Gottesdienste sorgen.
Zu diesem Zweck müßten an den Sonntagen die Stadttore ebenso wie Wirtsstuben und
Gasthäuser bis auf einzeln genannte Ausnahmen geschlossen bleiben. Vergnügungen
außergewöhnlicher Art sollte der Rat untersagen. Ein besonderes Augenmerk erfordern
die Zustände im Münster, wo es neben Gottesdienststörungen verschiedenster Art auch
üble Ausschreitungen gibt. Deshalb sollten die Münsterpforten zu bestimmten Stunden
geschlossen bleiben. (5) Zuchtlosigkeit und Verschwendungssucht der Jugend verlangen
das Einwirken der Obrigkeit auf die Eltern und entschiedene Begrenzung des üblichen
Aufwandes besonders bei Hochzeiten und Gastereien. Auch dem Gesinde sollte modi
scher Luxus und Verschwendung untersagt werden. (6) Unzucht, Trunksucht und
nächtliche Ausschreitungen gehören zu den Lastern, an denen die christliche Gemeinde
besonderen Anstoß nimmt. Hiergegen sollte die Obrigkeit um Gottes und ihres Amtes
willen mit strengen Strafen vorgehen. Herbergswirte und Zünfte könnten mithelfen,
den Anfängen zu wehren. Die Vorsorge ist immer die beste Fürsorge. (7) Übervortei
lung und Wucher, überhöhte Zinsen und Preise, z. B. beim Weinhandel, verlangen eine
gründliche Untersuchung und schnelle Beseitigung aller sozialen Ungerechtigkeiten.
Eine Teuerung trifft stets die Armen zuerst. (8) Üble Nachreden und böswillige Ver
leumdungen der weltlichen wie der kirchlichen Obrigkeit sind zu verfolgen und hart zu
bestrafen.
2. Praktische Folgerungen: Was hat zu geschehen, um in der Stadt zu Zucht und
Ordnung und zu einer Erneuerung des bürgerlichen Lebens nach Gottes Willen und
Gebot zu kommen? (1) Die Gebote Gottes sind den Bürgern in den Schulen und Kir
chen erneut zu lehren, zu erklären und einzuschärfen. Wer sie öffentlich mißachtet, ist
zu bestrafen, will man Gottes Zorn nicht noch mehr auf die Stadt lenken. Strenge ist
wahre Barmherzigkeit. (2) Einzelvorschläge: a) Die Zuchtordnung von 1535 ist zu
verbessern und in neuer Form durch die Schöffenversammlung zu beschließen, b)
Ermittlung und Anzeige der Verächter von Zucht und Ordnung ist sowohl Bürger- als
auch Christenpflicht, c) Ein Zuchtgericht ist zu bilden, das die Strafen verhängt und ihre
Durchführung überwacht, wie es solche Institutionen bereits in den Schweizer Städten
gibt, d) In den Rat und seine Organe (Dreizehner, Fünfzehner und Einundzwanziger -
vgl. Adam, S. 2) wie auch in die Schöffenversammlung sollen in Zukunft nur wirklich
unbescholtene Bürger gewählt werden, die sich treu zu Gottes Wort und Sakrament
halten.
Bemerkungen zur Edition

1. Die Akzentuierung des u ist bei den verschiedenen Schreibern ganz uneinheitlich.
2. Bei den Buchstaben d/D, h/H, HI, j/J und z/A ist im Einzelfall auf Majuskel oder
Minuskel zu .entscheiden.
3. j und i werden ohne erkennbare Regel abwechselnd gebraucht. Bei der Wiedergabe
von Eigennamen entscheidet der heutige Gebrauch. Bei ss und ß hält sich die Wieder
gabe an die Schreibung des Originals.
 
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