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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

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Berkel, Simone: Identifizierung und funktionelle Analyse von SHANK2-Mutationen bei mentaler Retardierung und Autismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0238
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Die Preisträger

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in den meisten Fällen jedoch unbekannt ist. Aus diesem Grund war es das Ziel mei-
ner Arbeit neue Gene zu identifizieren, die bei der Entstehung von Autismus eine
Rolle spielen und dadurch einen Einblick in die Funktion dieser Gene sowie in die
Fehlfunktion des entsprechenden zellulären Netzwerks zu gewinnen.
Bei einer genomweiten Analyse der Kopienzahlvariation (CNV-Analyse) wur-
den Patienten mit Autismus und deren gesunde Eltern auf neu entstandene (de novo')
DNA-Verluste oder -Zugewinne untersucht. Dabei konnte bei zwei autistischen
Patienten, die zusätzlich eine Intelligenzminderung zeigten, jeweils ein de novo Ver-
lust genetischen Materials im Bereich des SHANK2-Gens auf Chromosom 11 iden-
tifiziert werden. Bei der Sequenzierung des Gens in mehreren hundert Individuen
mit Autismus und Intelligenzminderung wurden außerdem eine de novo „Nonsense“
Mutation, die zu einem vorzeitigen Stop der Proteintranslation fuhren kann, und
sieben seltene vererbte Varianten nachgewiesen, die jedoch nicht in Kontrollen vor-
kamen. Es wurden drei Varianten aus evolutionär konservierten Proteinregionen
ausgewählt und in primären hippokampalen Neuronen aus dem Gehirn der Ratte
auf ihre funktionelle Relevanz untersucht. Die Stop-Mutante zeigte dabei ein ver-
ändertes Expressionsmuster, da sie überwiegend im Zellsoma und in den primären
Dendriten lokalisiert war. Die beiden anderen Mutanten waren in den Köpfen der
Dendritenfortsätze exprimiert und zeigten einen vergleichsweise schwachen Funk-
tionsverlust. Allgemein führten die vererbten Varianten im Vergleich zu der de novo
Stop-Mutante im zellulären Modell zu einem deutlich schwächeren Funktionsver-
lust. Da diese Varianten auch bei den gesunden Eltern vorkamen, kann gefolgert wer-
den, dass sie alleine nicht ausreichen, um den vollständigen Phänotyp auszuprägen.
Sie fuhren jedoch zu einer Beeinträchtigung der Proteinfunktion und können daher
als Risikofaktoren für Autismus angesehen werden.
Der Verlust genetischen Materials im SHANK2-Gen führt bei den betroffenen
Individuen sehr wahrscheinlich zu einer verminderten SEL4NK2-Proteinkonzentra-
tion im Gehirn. Deshalb wurden die Auswirkungen einer reduzierten SHANK2-
Expression in primären hippokampalen Neuronen untersucht. Die Reduktion von
SHANK2-Pmtein führte zu langen, dünnen und unreifen Dendritenfortsätzen, zu
einem Anstieg der Komplexität des Dendritenbaumes und zur Verminderung der
Synapsendichte. Daraus resultiert letztendlich eine Veränderung der exzitatorischen
Signalübertragung zwischen den Nervenzellen.
Zusammenfassend geben die Untersuchungen dieser Arbeit einen Einblick in
die funktionelle Relevanz von SHANK2 an der Postsynapse und zeigen die funk-
tionellen Auswirkungen von SEMNK2-Mutationen, die bei Patienten mit Autismus
gefunden wurden.
 
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