Das WIN-Kolleg
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Interpretation von Argumentationsfiguren, mit denen das Alter je neu konzeptuali-
siert wird, darstellt.1
Von den Topoi, die den semantischen Kern einer Lebensalterphänomenologie
bilden, ging der Blick in einer zweiten Phase des Projekts zu den Rändern der
semantischen Zuschreibungen, den Alterszäsuren, so dass verstärkt Abgrenzungs-
mechanismen zwischen den Lebensaltern sowie Übergangspassagen thematisiert
wurden. Alterszäsuren rangieren dabei nicht als objektive Zeitschnitte auf einer
linearen Zeitachse des menschlichen Lebens Verlaufs, sondern entfalten ein produkti-
ves Potential als Wissensordnung, denn das Sinnbildungsmuster der Sequenzierung
von Lebenszeit macht eine Spannung zwischen Einzelfall und Norm auf, die in reli-
giösen Texten ebenso wie in literarischen Texten immer wieder zur Diskussion
gestellt wird. Auf einer 2009 in der Heidelberger Akademie veranstalteten interna-
tionalen Tagung zum Thema ,, Alterszäsuren. Zeit und Lebensalter“ wurde gefragt, wie
das Leben in historischen Entwürfen seit alttestamentlicher Zeit vermessen und ein-
geteilt wird und wie die meist über genaue Altersangaben gebildeten Zäsuren durch
die Auszeichnung wichtige Wendepunkte im Leben nicht nur markieren, sondern
diese in ihrer sinnsetzenden Funktion in einem kontinuierlichen Ablauf der Lebens-
zeit zur Diskussion stellen. Vor allem das durch die Unvorhersehbarkeit des Todes
nicht genau spezifizierte letzte Lebensalter wurde dabei oftmals zum Ausgangspunkt
für Reflexionen über den ordo des gesamten Lebensverlaufs. Die Ergebnisse der Kon-
ferenz wurden 2011 in einem 450-seitigen Tagungsband mit dem Titel „Alterszäsu-
ren. Zeit und Lebensalter in Literatur, Religion und Geschichte“ veröffentlicht.2
Dass die Zäsur nicht nur ein formales Gliederungsinstrument darstellt, sondern
in der konkreten Abfolge von Vorher und Nachher eine narrative Erschließung des
menschlichen Lebens ermöglicht, wurde zum Leitgedanken für die dritte Projekt-
phase, die auch die in vier fachwissenschaftlich konturierten Einzelprojekten ent-
standenen Ergebnisse unter einem gemeinsamen Fokus zusammengeführt hat. Die
Ergebnisse dieser Projektphase wurden im Juni 2012 auf der Abschlusstagung des
WIN-Projekts präsentiert. Dabei konzentrierten sich die Untersuchungen auf die
gemeinsame Leitfrage, wie Lebensaltervorstellungen in eine konkret auserzählte
Lebensgeschichte überführt werden können, welche Rolle Alterstopoi und Alters-
1 Vgl. Dorothee Elm, Thorsten Fitzon, Kathrin Liess, Sandra Linden (Hg.), Alterstopoi. Das Wissen von
den Lebensaltern in Literatur, Kunst und Theologie, Berlin/New York 2009. Die Beiträge der Kolle-
gialen im Tagungsband: Kathrin Liess: „Der Glanz der Alten ist ihr graues Haar“. Zur Alterstopik in der
alttestamentlichen und apokryphen Weisheitsliteratur; Dorothee Elm: „Wird auch kahl sein mein
Haupt“. Alterstopoi in Lukians .Alexander oder der Lügenprophet1 und der Apologie des Apuleius;
Sandra Linden: Die liebeslustige Alte. Ein Topos und seine Narrativierung im Minnesang;Thorsten Fit-
zon: ,Der Greis im Frühling“. Schöpferische Toposvariation in der Lyrik des 18. und 19. Jahrhunderts.
2 Vgl. Thorsten Fitzon, Sandra Linden, Kathrin Liess, Dorothee Elm (Hg.): Alterszäsuren. Zeit und
Lebensalter in Literatur, Religion und Geschichte. Berlin / New York 2011. Die Beiträge der Kolle-
gialen im Tagungsband: Kathrin Liess: „Jung bin ich gewesen und alt geworden“. Lebenszeit und Alter
in den Psalmen; Dorothee Elm: Die Entgrenzung des Alter(n)s: Zur Kaiserpanegyrik in der Dichtung
des Statius und Martial; Sandra Linden: für singen liiist ich durch die kel. Das Memento mori in den Lie-
dern Oswalds von Wolkenstein; Thorsten Fitzon: Schwellenjahre - Zeitreflexion im Altersnarrativ.
Arthur Schnitzlers Erzählung Frau Beate und ihr Sohn.
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Interpretation von Argumentationsfiguren, mit denen das Alter je neu konzeptuali-
siert wird, darstellt.1
Von den Topoi, die den semantischen Kern einer Lebensalterphänomenologie
bilden, ging der Blick in einer zweiten Phase des Projekts zu den Rändern der
semantischen Zuschreibungen, den Alterszäsuren, so dass verstärkt Abgrenzungs-
mechanismen zwischen den Lebensaltern sowie Übergangspassagen thematisiert
wurden. Alterszäsuren rangieren dabei nicht als objektive Zeitschnitte auf einer
linearen Zeitachse des menschlichen Lebens Verlaufs, sondern entfalten ein produkti-
ves Potential als Wissensordnung, denn das Sinnbildungsmuster der Sequenzierung
von Lebenszeit macht eine Spannung zwischen Einzelfall und Norm auf, die in reli-
giösen Texten ebenso wie in literarischen Texten immer wieder zur Diskussion
gestellt wird. Auf einer 2009 in der Heidelberger Akademie veranstalteten interna-
tionalen Tagung zum Thema ,, Alterszäsuren. Zeit und Lebensalter“ wurde gefragt, wie
das Leben in historischen Entwürfen seit alttestamentlicher Zeit vermessen und ein-
geteilt wird und wie die meist über genaue Altersangaben gebildeten Zäsuren durch
die Auszeichnung wichtige Wendepunkte im Leben nicht nur markieren, sondern
diese in ihrer sinnsetzenden Funktion in einem kontinuierlichen Ablauf der Lebens-
zeit zur Diskussion stellen. Vor allem das durch die Unvorhersehbarkeit des Todes
nicht genau spezifizierte letzte Lebensalter wurde dabei oftmals zum Ausgangspunkt
für Reflexionen über den ordo des gesamten Lebensverlaufs. Die Ergebnisse der Kon-
ferenz wurden 2011 in einem 450-seitigen Tagungsband mit dem Titel „Alterszäsu-
ren. Zeit und Lebensalter in Literatur, Religion und Geschichte“ veröffentlicht.2
Dass die Zäsur nicht nur ein formales Gliederungsinstrument darstellt, sondern
in der konkreten Abfolge von Vorher und Nachher eine narrative Erschließung des
menschlichen Lebens ermöglicht, wurde zum Leitgedanken für die dritte Projekt-
phase, die auch die in vier fachwissenschaftlich konturierten Einzelprojekten ent-
standenen Ergebnisse unter einem gemeinsamen Fokus zusammengeführt hat. Die
Ergebnisse dieser Projektphase wurden im Juni 2012 auf der Abschlusstagung des
WIN-Projekts präsentiert. Dabei konzentrierten sich die Untersuchungen auf die
gemeinsame Leitfrage, wie Lebensaltervorstellungen in eine konkret auserzählte
Lebensgeschichte überführt werden können, welche Rolle Alterstopoi und Alters-
1 Vgl. Dorothee Elm, Thorsten Fitzon, Kathrin Liess, Sandra Linden (Hg.), Alterstopoi. Das Wissen von
den Lebensaltern in Literatur, Kunst und Theologie, Berlin/New York 2009. Die Beiträge der Kolle-
gialen im Tagungsband: Kathrin Liess: „Der Glanz der Alten ist ihr graues Haar“. Zur Alterstopik in der
alttestamentlichen und apokryphen Weisheitsliteratur; Dorothee Elm: „Wird auch kahl sein mein
Haupt“. Alterstopoi in Lukians .Alexander oder der Lügenprophet1 und der Apologie des Apuleius;
Sandra Linden: Die liebeslustige Alte. Ein Topos und seine Narrativierung im Minnesang;Thorsten Fit-
zon: ,Der Greis im Frühling“. Schöpferische Toposvariation in der Lyrik des 18. und 19. Jahrhunderts.
2 Vgl. Thorsten Fitzon, Sandra Linden, Kathrin Liess, Dorothee Elm (Hg.): Alterszäsuren. Zeit und
Lebensalter in Literatur, Religion und Geschichte. Berlin / New York 2011. Die Beiträge der Kolle-
gialen im Tagungsband: Kathrin Liess: „Jung bin ich gewesen und alt geworden“. Lebenszeit und Alter
in den Psalmen; Dorothee Elm: Die Entgrenzung des Alter(n)s: Zur Kaiserpanegyrik in der Dichtung
des Statius und Martial; Sandra Linden: für singen liiist ich durch die kel. Das Memento mori in den Lie-
dern Oswalds von Wolkenstein; Thorsten Fitzon: Schwellenjahre - Zeitreflexion im Altersnarrativ.
Arthur Schnitzlers Erzählung Frau Beate und ihr Sohn.