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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

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A. Das akademische Jahr 2016
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II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Wulfmeyer, Volker: Die Revolution der Wettervorhersage und der Klimaforschung durch dreidimensionale Messungen der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur in der unteren Atmosphäre
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https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0054
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II. Wissenschaftliche Vorträge

60.000 Menschen evakuiert werden mussten. Bis heute gehören also Hochwasser
durch extreme Niederschläge sowie Dürreperioden zu den gefährlichsten Natur-
katastrophen. In Bezug auf den Klimawandel stellt sich die Frage, wie sich das Kli-
ma langfristig in einer Region wie Süddeutschland entwickeln wird. Werden wir
einer Wasserknappheit oder extremen Niederschlägen ausgesetzt sein? Werden wir
Schnee nur noch künstlich aus Schneekanonen kennen? Wird sich die Vegetation
ändern oder wird Stuttgart Sandstürmen ausgesetzt sein?
Diese fundamentalen Fragen können bis heute noch nicht vollständig beant-
wortet werden. Jedoch ist eine Revolution der Wettervorhersage und der Klima-
forschung durch dreidimensionale Messungen der Luftfeuchtigkeit und der
Temperatur in der unteren Atmosphäre im Gange. Warum diese Messungen not-
wendig sind, um wissenschaftliche Fortschritte zu erzielen und welche neuen Er-
kenntnisse zu erwarten sind, war Gegenstand dieses Vortrags.
Um den Wert solcher Messungen beurteilen zu können, ist es notwendig,
sich mit den Vorhersagezeiträumen zu befassen, in denen eine Vorhersagbarkeit
bestimmter Wetter- und Klimaphänomene noch möglich ist. Wir unterschei-
den zwischen drei Bereichen: 1) Den Wettervorhersagebereich von ein bis vier
Wochen, je nach meteorologischer Ausgangssituation. In diesem Bereich ist es
möglich, Wahrscheinlichkeitsaussagen zur Entwicklung von einzelnen atmosphä-
rischen Ereignissen zu machen, zum Beispiel die Bildung eines Gewitters, eines
Niederschlagsgebiets oder einer Trockenperiode. Die Wettervorhersage ist ein An-
fangswertproblem, so dass die Ausgangssituation in der Atmosphäre so gut wie
möglich zu vermessen und in das Modell eingespeist werden muss. Diese wichtige
Methodik wird Datenassimilation genannt. Es ist offensichtlich, dass dreidimen-
sionale Messungen der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit entscheidend für die
Qualität der Wettervorhersage sind.
Wenn wir über diesen Bereich hinausgehen, ist es prinzipiell nicht mehr mög-
lich, ein einzelnes Wetterereignis vorherzusagen. Wir kommen zu 2) dem Bereich
der Jahreszeitenvorhersage. Hier ist es möglich, die Statistik der Wetterereignisse
innerhalb eines Monats oder einer Jahreszeit durch eine Ensemble-Simulation he-
rauszuarbeiten und herauszufinden, ob die nächste Jahreszeit womöglich feuchter
oder trockener als die Klimatologie einer Region ist. Das ist dadurch möglich, da
die Prozesse im Ozean, im Boden und in der Vegetation ein Gedächtnis haben,
die eine Jahreszeit umfassen können. Damit ist der Bereich 2) immer noch ein
Anfangswertproblem, aber diesmal in Bezug auf diese drei Kompartimente. Die
Jahreszeitenvorhersage ist ein äußerst wichtiges Forschungsgebiet, denn bei einem
Nachweis deutlicher Abweichungen von einer Klimatologie, hätten die Menschen
noch Zeit, sich auf gefährliche Situationen wie Dürren oder extreme Monsun-
Niederschläge vorzubereiten. Die landwirtschaftlichen Aktivitäten könnten auf
diese Situation abgestellt oder Engpässe in der Ernährung und der Wasserversor-
gung reduziert werden.

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