Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

DOI chapter:
A. Das akademische Jahr 2016
DOI chapter:
III. Veranstaltungen
DOI chapter:
Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie“
DOI article:
Bagordo, Andreas: Fragmentarisch. Komisch. Gut: aus der Arbeit an den Fragmenten der griechischen Komödie
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0090
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
III. Veranstaltungen

wenn richtig interpretiert und kontextualisiert, wichtige Erkenntnisse auf den ver-
schiedensten Gebieten der Altertumswissenschaften zu liefern. Der Weg zu siche-
ren oder auch nur naheliegenden Ergebnissen ist bei einem trümmerhaften Text-
bestand schwierig, aber auch äußerst anregend. Der Vortrag will einen Blick in die
auf internationale Zusammenarbeit angewiesene KomFrag-„Werkstatt“ gewähren,
in der jedes Wörtchen Gold wert ist - oder sein kann.
Unser Vorteil bei der Rekonstruktion auch kleinster Fragmente: wir wissen
schon sehr viel über die antike Komödie. Schwerpunkt des Vortrags sind vier auf
Papyri überlieferten Fragmente des Aristophanes (zwei davon sind innerhalb von
exegetischen Kommentaren überliefert; das dritte ist direkt überliefert, d. h. nicht
in Form von Zitaten; das vierte, wiederum indirekt überliefert, findet sich in ei-
ner Biographie des Tragikers Euripides). Es ist sehr lehrreich, diese Texte Wort
für Wort zu verfolgen, so verstümmelt wie sie sind, um einen ersten Eindruck
zu gewinnen, mit welchen, zunächst materiellen Schwierigkeiten, sich der Inter-
pret eines Fragments im allgemeinen, und eines Papyrusfragments im Besonderen
konfrontiert sieht.
Bei Aristophanes fr. 590 K.-A. geht es um Badewässer, lyrische Flügelschläge
und Komödienagone: in Z. 5-10 wurde das Bild von jemandem, der in Zeiten
von Trockenheit im Badewasser eines anderen badet, als Anspielung auf einen Pla-
giatsvorwurf gedeutet, den Aristophanes in der Parabase an einen rivalisierenden
Dichter richten würde. Die Rivalität unter Dichtern war in einer durchaus ago-
nistisch geprägten Kultur wie der griechischen nicht nur ein normales, sondern
auch ein institutionalisiertes Phänomen. In Z. 27-9 geht nun der Komödiendich-
ter von der rein literarischen Dimension zu gattungseigenen Angelegenheiten: er
formuliert ein Urteil über die Kriterien in der Zuweisung des Chors durch den
Archon Basileus beim Wettbewerb der Lenäen: es ist eine theaterhistorisch nicht
irrelevante Information über die Verantwortung in der Auswahl der Wettbewerber
an den Lenäen; in diesen Zeilen finden sich brisante Informationen über zwei
vieldiskutierte Fragen mit weitreichenden Implikationen für die Theatergeschich-
te der Zeit: etwa die Zahl der Konkurrenten, die zu den dramatischen Agonen in
der Zeit des Peloponnesischen Kriegs zugelassen wurden, und die Rückkehr Pla-
tons des Komikers zu den Lenäen nach dem Misserfolg seiner Rhabdouchoi an den
Großen Dionysien.
In Aristophanes4 fr. 591 K-A. geht es um mittelmäßige Tragiker, verprügelte
Greise und Götterstatuen: Erkennbar sind hier Spuren der Tragiker-Verspottung;
in Z. 13-8 ist in jedem Fall von einem Bühnendichter die Rede (wohl einem Tragi-
ker, vielleicht lophon), der viele Siege bei dramatischen Agonen errungen hat (dazu
etliche Zweitplatzierungen und eine einzige Drittplatzierung).
In Aristophanes4 fr. 592 K-A. ist von abwesenden Männern, redenden Frauen
und ledernen Dildos die Rede: die in den w. 12-31 gut rekonstruierbare Szene ist
ein Dialog zwischen zwei (oder mehreren) Frauen, die wohl im Namen anderer

90
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften