Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

DOI Kapitel:
B. Die Forschungsvorhaben
DOI Kapitel:
II. Tätigkeitsberichte (chronologisch)
DOI Kapitel:
16. Der Tempel als Kanon der religiösen Literatur Ägyptens (Tübingen)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0180
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B. Die Forschungsvorhaben

und allgemeine Fragestellungen überprüft werden. Des Weiteren konnten bei
einem Besuch der Tempel von Dendara und Edfu die Tableaus der Zusatzgaue
eingehend studiert werden. Im Ergebnis ließen sich diverse Stellen der publizier-
ten Textversionen korrigieren, vor allem ergaben sich aber zahlreiche Impulse für
ikonographische Fragestellungen, ein bislang stark unterrepräsentierter Aspekt in-
nerhalb der Erforschung griechisch-römischer Tempel. Ein zweiter Aufenthalt im
Tempel von Athribis im Dezember 2016 diente in Zusammenarbeit mit Christi-
an Leitz und Daniela Mendel-Leitz weiteren epigraphischen Studien der dortigen
Tempelinschriften.
Während des gesamten Jahres setzte Alexa Rickert die Arbeit an ihrer Disser-
tation zum Neujahrsfest in Dendara fort, das im Rahmen des zweiten Schwer-
punktthemas „Der Tempel als ritueller Raum“ steht. Den Hauptgegenstand der
Arbeit bilden die beiden Treppenhäuser und der Dachkiosk des Hathortempels, in
welchem sich das zentrale Ritual am ersten Tag des Jahres, die so genannte „Verei-
nigung mit der Sonnenscheibe“, abspielte. Dabei wurde die Statue der Hathor den
Strahlen der Morgensonne ausgesetzt, was als Ausdruck der engen Verbindung
zwischen der Göttin und ihrem Vater Re verstanden wurde.
2016 konnte ein großer Abschnitt zu den Stationen innerhalb des Tempels,
die während des Neujahrsfestes eine Rolle spielten, abgeschlossen werden. Ein
weiterer Teil der Arbeit, der fertig gestellt wurde, widmet sich den Treppen und
dem Kiosk in Hinblick auf ihre architektonische Form, ihren baugeschichtlichen
Kontext, das jeweils in ihnen angewandte Dekorationskonzept sowie ihre mut-
maßliche Rolle im Festgeschehen. Die Arbeit soll im Lauf des Jahres 2017 zum
Abschluss gelangen.
Durch die Beschäftigung mit den Treppen in Dendara angeregt entstand zu
Jahresbeginn 2016 ein vergleichender Artikel zu den Aufgängen auf das Dach des
Naos in den Tempeln der Spätzeit und der griechisch-römischen Zeit. Er wird
im Tagungsband „Der Tempel als ritueller Raum“ erscheinen. Ausgangspunkt der
Untersuchung war die Frage, ob in Bezug auf die Anzahl und Form der Treppen
sowie ihre Position innerhalb des Heiligtums eine verbindliche Norm existier-
te. Zur Beantwortung dieser Frage wurde eine Auflistung von 36 Tempeln er-
stellt, welche die jeweils vorhandenen Treppen beschreibt und ihre Lage durch
eine Skizze veranschaulicht. In den Heiligtümern der genannten Epochen finden
sich, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, nur zwei verschiedene Formen:
einerseits die einläufige gerade, andererseits die mehrläufige gewundene Treppe.
Letztere hat einen rechteckigen Grundriss und setzt sich aus mehreren geraden
Treppenläufen, die durch Eckpodeste miteinander verbunden sind, zusammen.
Die Mehrheit der untersuchten Heiligtümer (24 von 36) besitzt nur eine Treppe
auf das Dach des Naos, es kommen maximal zwei Treppen vor, wobei es sich um
zwei der gleichen Art oder um Vertreter beider Typen handeln kann. Trotz der
verhältnismäßig großen Vielfalt an Kombinationen zeichnet sich ab, dass bei der

180
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften