D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
1890er Jahre wiederaufgreifen, aber auch variieren. An diesem Buchprojekt, das
eingegliedert ist in ein Heidelberger Promotionskolleg zum Traditionsverhalten
in den westeuropäischen Literaturen, arbeite ich gerade; und wenn ich im Palais
Boisseree in meinem Dienstzimmer am Schreibtisch vom Manuskript aufschaue
und aus dem Fenster im ersten Stock blicke, sehe ich oben das Schloss und direkt
gegenüber die Akademie und habe mich seit meiner Ankunft in Heidelberg oft
gefragt, was hinter den weißen Mauern mit den roten Fenstern wohl so vor sich
geht. Ich bin gespannt, jetzt Näheres erfahren zu dürfen und danke der Akademie
sehr herzlich für die ehrenvolle Aufnahme und freue mich, dass ich nun hüben
und drüben vom Karlsplatz eine wissenschaftliche Heimstatt habe.
Henry Keazor
Antrittsrede vom 23. April 2016
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr ge-
ehrte Sekretäre, sehr geehrte Mitglie-
der, sehr geehrte Damen und Herren,
wenn man sich im Rahmen einer sol-
chen Antrittsrede vorstellen möchte,
dann ist nicht nur die Frage wichtig,
„was“ genau man hier zum Zweck der
eigenen Vorstellung sagen und anspre-
chen will, sondern es stellt sich auch
die Frage des „wie“, zumal man ja die
eigene Person, den Lebensweg und das
wissenschaftliche Profil innerhalb des knappen Zeitfensters von acht bis zehn Mi-
nuten skizzieren soll.
Somit sollte man versuchen, das Wesentliche möglichst fasslich und kompakt
zusammenzufassen und zur Darstellung zu bringen, was konkret bedeutet: Man
muss eine gewisse Distanz zu sich selbst einnchmen, um dementsprechend das
hierfür Relevante auszuwählen. Die Wege zu einer solchen Distanz sind vielfältig
und können sehr verschieden sein - die bislang von mir verfolgten, aufgrund der
kurzen Zeit zwischen meiner Aufnahme und dem heutigen Anlass zugegebener-
maßen nicht sehr zahlreichen Antrittsreden schienen mir dies entweder über eine
gewisse Ironie der eigenen Person gegenüber oder durch größtmögliche Sachlich-
keit anzustreben.
Bei meinen Überlegungen hinsichtlich eines tragfähigen Konzeptes der Dis-
tanzfindung mir selbst gegenüber erinnerte ich mich nun an den Ausspruch eines
italienischen Freundes und Kollegen, der einmal meinte: „II doppio ti costituisce“
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1890er Jahre wiederaufgreifen, aber auch variieren. An diesem Buchprojekt, das
eingegliedert ist in ein Heidelberger Promotionskolleg zum Traditionsverhalten
in den westeuropäischen Literaturen, arbeite ich gerade; und wenn ich im Palais
Boisseree in meinem Dienstzimmer am Schreibtisch vom Manuskript aufschaue
und aus dem Fenster im ersten Stock blicke, sehe ich oben das Schloss und direkt
gegenüber die Akademie und habe mich seit meiner Ankunft in Heidelberg oft
gefragt, was hinter den weißen Mauern mit den roten Fenstern wohl so vor sich
geht. Ich bin gespannt, jetzt Näheres erfahren zu dürfen und danke der Akademie
sehr herzlich für die ehrenvolle Aufnahme und freue mich, dass ich nun hüben
und drüben vom Karlsplatz eine wissenschaftliche Heimstatt habe.
Henry Keazor
Antrittsrede vom 23. April 2016
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr ge-
ehrte Sekretäre, sehr geehrte Mitglie-
der, sehr geehrte Damen und Herren,
wenn man sich im Rahmen einer sol-
chen Antrittsrede vorstellen möchte,
dann ist nicht nur die Frage wichtig,
„was“ genau man hier zum Zweck der
eigenen Vorstellung sagen und anspre-
chen will, sondern es stellt sich auch
die Frage des „wie“, zumal man ja die
eigene Person, den Lebensweg und das
wissenschaftliche Profil innerhalb des knappen Zeitfensters von acht bis zehn Mi-
nuten skizzieren soll.
Somit sollte man versuchen, das Wesentliche möglichst fasslich und kompakt
zusammenzufassen und zur Darstellung zu bringen, was konkret bedeutet: Man
muss eine gewisse Distanz zu sich selbst einnchmen, um dementsprechend das
hierfür Relevante auszuwählen. Die Wege zu einer solchen Distanz sind vielfältig
und können sehr verschieden sein - die bislang von mir verfolgten, aufgrund der
kurzen Zeit zwischen meiner Aufnahme und dem heutigen Anlass zugegebener-
maßen nicht sehr zahlreichen Antrittsreden schienen mir dies entweder über eine
gewisse Ironie der eigenen Person gegenüber oder durch größtmögliche Sachlich-
keit anzustreben.
Bei meinen Überlegungen hinsichtlich eines tragfähigen Konzeptes der Dis-
tanzfindung mir selbst gegenüber erinnerte ich mich nun an den Ausspruch eines
italienischen Freundes und Kollegen, der einmal meinte: „II doppio ti costituisce“
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