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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
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II. Nachrufe
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Gade, Lutz H.: Günther Wilke (23.2.1925–9.12.2016)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0325
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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

Holzchemie waren „Untersuchungen über die Formaldehyd abspaltende Gruppe
im Lignin und in Modellsubstanzen“.
Direkt im Anschluss an seine Promotion nahm er ein Angebot von Karl Zieg-
ler, dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung in Mülheim/
Ruhr, an, als sein Assistent an das dortige Institut zu wechseln. Der Beginn von
Wilkes Arbeiten in seiner neuen Umgebung fiel in eine Zeit spektakulärer Arbei-
ten der Mülheimer Forschungsgruppen, die zur Entdeckung der „Mischkataly-
satoren“ für die Niederdruckpolymerisation von Ethen und Propen führten. Die
Arbeiten, für die Ziegler 1963 (zusammen mit Giulio Natta) mit dem Nobelpreis
ausgezeichnet wurde, stellen die Pionierleistung auf dem Gebiet der großindustri-
ell angewandten metallorganischen Chemie dar. Die darauf basierenden Verfahren
revolutionierten die Chemie der Kunststoffe und bilden auch ein halbes Jahr-
hundert später noch die Grundlage für viele weitere Entwicklungen auf diesem
Gebiet. Wilkes Arbeiten als Zieglers Assistent waren zunächst in dieses sich neu
entwickelnde Forschungsprogramm eingebunden. Spätestens ab 1955 konnte er
aber mit eigenen Arbeiten auf sich aufmerksam machen, die zu Beginn noch durch
dieses dynamische Umfeld geprägt waren.
Der im Rückblick erste entscheidende Schritt war dabei Ende 1955 die Ent-
deckung der selektiven Trimerisierung der Grundchemikalie Butadien zum cis-
cis-trans-l,5,9-Cyclododecatrien mit Hilfe eines noch durch Zieglers Forschung
inspirierten titanhaltigen „Mischkatalysators“. Dieser ersten Entdeckung folgten
rasch die Arbeiten über nickelhaltige Katalysatoren, die selektiv die anderen Iso-
mere des Cyclododecatriens, v. a. das all-trans-Isomer zugänglich machten. Hier
ergaben sich gänzlich neue chemische Werkzeuge für die organische Synthese, die
nicht nur in der akademischen Fachwelt stark beachtet wurden, sondern rasch das
Interesse der chemischen Industrie weckten. Wilkes katalytische Synthese der Cy-
clododecatriene bildete in den folgenden Jahren die Grundlage für die Produktion
von Nylon-12 bei den Chemischen Werken Hüls.
Durch diese frühen Erfolge expandierte die Forschungsgruppe am Mülhei-
mer Institut so rasch, dass schon 1956 neben dem Institutsgebäude in einer Bauzeit
von sieben Wochen (!) ein Behelfslaboratorium mit einem Dutzend Forschungs-
arbeitsplätzen für Wilke und seine Mitarbeiter zur Verfügung gestellt wurde. In
diesem „Barackenlaboratorium“ wurden die grundlegenden Untersuchungen für
Wilkes weltberühmte Arbeiten auf dem Gebiet der Olefin- und Allylnickel-Ver-
bindungen durchgeführt. Bereits 1960 habilitierte er sich mit seinen Arbeiten an
der RWTH Aachen [Titel der Habilitationsschrift: „Synthese und Reaktionen von
Cyclododecatrienen-(1,5,9)“] und wurde 1963 zum Wissenschaftlichen Mitglied
des MPI und zugleich zum ordentlichen Professor für organische Chemie an der
Ruhr-Universität Bochum ernannt.
Drei Jahre später wurde er im Zuge der Abwendung externer Rufe zum zwei-
ten Direktor des Instituts ernannt mit der Zusage der Nachfolge Karl Zieglers

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