Nachruf auf Jens Halfwassen
pers-Stiftung war Halfwassen bald nach der Berufung zum ordentlichen Mitglied
in der Heidelberger Akademie einer der Gründungsväter der Karl-Jaspers-Ge-
samtausgabe, die er acht Jahre lang mit dem von ihm bekannten Einsatz umsichtig
leitete.
Zu Jaspers kam Halfwassen nicht auf den gut markierten Pfaden der Exis-
tenzphilosophie, sondern wegen der Wertschätzung von Plotin, die Halfwassen
bei Jaspers bestätigt fand: Zu Beginn der erwähnten Einführung zu Plotin und der
Neuplatonismus steht demonstrativ ein Jaspers-Zitat. Mit dem Heidelberger, später
Basler Philosophen verband Halfwassen ein betont affirmatives Verständnis von
Metaphysik sowie das Vertrauen darauf, dass grundlegende Einsichten des Den-
kens, einmal gewonnen, nicht veralten. Der philosophiegeschichtliche Fortschritt,
sofern man überhaupt von ihm sprechen wolle, bestehe in der Vertiefung und
Erweiterung des bereits Erkannten, nicht in der Entdeckung eines vermeintlich
Neuen: „Es geht um Fluchtlinien einer metaphysica perennis, die zu überzeugen ver-
mag, heute ebenso wie in all den Jahrhunderten zuvor. Sie entfaltet sich geschicht-
lich, aber die dabei gedachte Wahrheit ist - wie alle Wahrheit - ewig“ - diese Sätze
aus Halfwassens Antrittsrede an der Heidelberger Akademie könnten wörtlich bei
Karl Jaspers stehen.
Die Behauptung, die Metaphysik habe ihre Bedeutung verloren, gehört spä-
testens seit Kant zu ihrer Geschichte. In einem seiner letzten Texte nennt Half-
wassen für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts nur eine Handvoll für eine Erste
Philosophie repräsentativer Autoren, neben Jaspers und Heidegger noch Scheier,
Bergson, Nicolai Hartmann und Gerhard Krüger. Halfwassen selbst zählt ohne
Zweifel zu den bedeutendsten Metaphysikern der zweiten Jahrhunderthälfte. In
den Worten des Cambridge Center for the Study of Platonism war er „a distin-
guished bearer of the living metaphysical tradition of Late Antique Platonism and
German Idcalism“. In der Tat bildete laut Halfwassen der Neuplatonismus für die
abendländische Philosophie den entscheidenden Schlüssel. Denn er weist zurück
zu Platon und nach vorn zu einem, für Halfwassen vermutlich sogar dem Höhe-
punkt okzidcntalen Denkens, dem Deutschen Idealismus, vor allem Hegel.
Mit Jens Halfwassens verliert die Heidelberger Akademie eine ebenso ein-
drucksvolle wie herausragende Forscherpersönlichkeit, in den Worten der Mithe-
rausgeber der Philosophischen Rundschau: „vielleicht die letzte wirkliche Koryphäe
der Zunft, wenn man der Wortherkunft entsprechend nach Gipfelregionen der
Gelehrsamkeit sucht“.
O fried Höfe
125
pers-Stiftung war Halfwassen bald nach der Berufung zum ordentlichen Mitglied
in der Heidelberger Akademie einer der Gründungsväter der Karl-Jaspers-Ge-
samtausgabe, die er acht Jahre lang mit dem von ihm bekannten Einsatz umsichtig
leitete.
Zu Jaspers kam Halfwassen nicht auf den gut markierten Pfaden der Exis-
tenzphilosophie, sondern wegen der Wertschätzung von Plotin, die Halfwassen
bei Jaspers bestätigt fand: Zu Beginn der erwähnten Einführung zu Plotin und der
Neuplatonismus steht demonstrativ ein Jaspers-Zitat. Mit dem Heidelberger, später
Basler Philosophen verband Halfwassen ein betont affirmatives Verständnis von
Metaphysik sowie das Vertrauen darauf, dass grundlegende Einsichten des Den-
kens, einmal gewonnen, nicht veralten. Der philosophiegeschichtliche Fortschritt,
sofern man überhaupt von ihm sprechen wolle, bestehe in der Vertiefung und
Erweiterung des bereits Erkannten, nicht in der Entdeckung eines vermeintlich
Neuen: „Es geht um Fluchtlinien einer metaphysica perennis, die zu überzeugen ver-
mag, heute ebenso wie in all den Jahrhunderten zuvor. Sie entfaltet sich geschicht-
lich, aber die dabei gedachte Wahrheit ist - wie alle Wahrheit - ewig“ - diese Sätze
aus Halfwassens Antrittsrede an der Heidelberger Akademie könnten wörtlich bei
Karl Jaspers stehen.
Die Behauptung, die Metaphysik habe ihre Bedeutung verloren, gehört spä-
testens seit Kant zu ihrer Geschichte. In einem seiner letzten Texte nennt Half-
wassen für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts nur eine Handvoll für eine Erste
Philosophie repräsentativer Autoren, neben Jaspers und Heidegger noch Scheier,
Bergson, Nicolai Hartmann und Gerhard Krüger. Halfwassen selbst zählt ohne
Zweifel zu den bedeutendsten Metaphysikern der zweiten Jahrhunderthälfte. In
den Worten des Cambridge Center for the Study of Platonism war er „a distin-
guished bearer of the living metaphysical tradition of Late Antique Platonism and
German Idcalism“. In der Tat bildete laut Halfwassen der Neuplatonismus für die
abendländische Philosophie den entscheidenden Schlüssel. Denn er weist zurück
zu Platon und nach vorn zu einem, für Halfwassen vermutlich sogar dem Höhe-
punkt okzidcntalen Denkens, dem Deutschen Idealismus, vor allem Hegel.
Mit Jens Halfwassens verliert die Heidelberger Akademie eine ebenso ein-
drucksvolle wie herausragende Forscherpersönlichkeit, in den Worten der Mithe-
rausgeber der Philosophischen Rundschau: „vielleicht die letzte wirkliche Koryphäe
der Zunft, wenn man der Wortherkunft entsprechend nach Gipfelregionen der
Gelehrsamkeit sucht“.
O fried Höfe
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