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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0022
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Einleitung des Herausgebers

XXI

merklichen Wandel der Universitätsgestalt geführt habe. Diese sei nunmehr geprägt
von einem Kampf zwischen dem philosophischen Geist echter Wissenschaft und den
wechselnden Anforderungen der Gesellschaft. Im fünften Paragraphen des dritten Ka-
pitels wendet sich Jaspers schließlich dem Thema »Universität und Nation« zu, das er
auch in den späteren Ausgaben beibehält. Dabei wird der abendländische Ursprung der
Universität ebenso betont wie die übernationale Rolle der Universität als Ausdrucks-
gestalt des »Menschentum[s] schlechthin«.71 Als solche habe sie nicht zum Kampf der
Nationen Stellung zu nehmen und keine politischen Kundgebungen abzuhalten.
4. Jaspers’ Äußerungen zur Universität in den Jahren 1931-1933
Es dauerte acht Jahre, bis Jaspers sich erneut öffentlich zur Frage der Universitätsidee
äußerte, diesmal im Rahmen einer Artikelserie in der Frankfurter Zeitung mit dem Titel
»Gibt es noch eine Universität?«, die zwischen November 1931 und Januar 1932 er-
schien. In seinem Beitrag »... könnte wieder eine Rangordnung im geistigen Leben
fühlbar werden«72 betont Jaspers nachdrücklich sein bereits 1923 artikuliertes Bekennt-
nis zum Selbstsein und zur Geistesaristokratie.73 Vor diesem Hintergrund überrascht
es nicht, dass Jaspers Paul Tillichs Eröffnungsbeitrag der Artikelserie entschieden wi-
derspricht, der die Ausrichtung der Universitäten auf eine geistige Elite in Frage ge-
stellt hatte. Die Fokussierung des universitären Lebens auf eine Aristokratie des Geis-
tes gewinnt vor der Kontrastfolie seiner Kritik an einer »Vergötzung der Masse«74 und
der vermeintlichen Demagogie sowie den Nivellierungstendenzen der Massengesell-
schaft, die er im etwa zeitgleich erschienenen Buch Die geistige Situation der Zeit be-
schrieben hatte, zusätzlich an Schärfe. Auch der von Tillich vorgeschlagenen strikten
Trennung von Fachhochschule und Universität75 erteilt Jaspers eine entschiedene Ab-
sage, da er als Folge eine Trennung von Forschung und Lehre befürchtet. Stattdessen
schlägt er vor, das Tätigkeitsfeld von Lektoren und Assistenten zu erweitern, und äu-
ßert den Wunsch, den eigentlichen Anspruch der Universität zu stärken, etwa in Form
einer die Elite fördernden Reichsuniversität.76 Alle Tendenzen, die »Durchschnittlich-

71 Ebd., 65.
72 Der Artikel erschien am 14. Dezember 1931 auf der Seite »Für Hochschule und Jugend« der Frank-
furter Zeitung (Nr. 929, 6; neu abgedruckt in: D. Thomä: Gibt es noch eine Universität? Zwist am Ab-
grund - eine Debatte in der Frankfurter Zeitung 1931-1932, Konstanz 2012, 59-62; in diesem Band,
69-71).
73 Vgl. K. Jaspers: Die Idee der Universität [1923], 44-45.
74 K. Jaspers: Die geistige Situation der Zeit [1931], 69.
75 Vgl. P. Tillich: »Fachhochschulen und Universität«, in: Frankfurter Zeitung. Zweites Morgenblatt:
Für Hochschule und Jugend, Nr. 871, 5; zuletzt abgedruckt in: D. Thomä (Hg.): Gibt es noch eine Uni-
versität?, 16-23,19.
76 Die Bezeichnung »Reichsuniversität« wurde im deutschen Sprachraum erstmals 1871 nach der
Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg auf die neu gegründete, nunmehr
 
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