Metadaten

Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0028
License: Free access  - all rights reserved

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Einleitung des Herausgebers

XXVII

sehen Agenda und seinem hegemonialen Herrschaftsanspruch erst im Juli 1931100 end-
gültig gegen die Widerstände von Korporationen wie Studentenverbindungen und
Hochschulverbände behaupten. Gleichwohl war bereits früh eine breite rechtsextreme
Gesinnung und Aktionsbereitschaft unter den Studierenden vorhanden, die aus Sicht
der NSDAP nur noch parteipolitisch kanalisiert zu werden brauchte, um der national-
sozialistischen »Hochschulrevolution« zuzuarbeiten. Ein Ärgernis bildete für sie aller-
dings der Umstand, dass die Zahl der Hochschullehrer, die sich bereits vor Hitlers
Machtergreifung offen zur nationalsozialistischen Bewegung bekannt hatten, trotz
weit verbreiteter nationalistischer Gesinnung vergleichsweise gering war.101 Dies hatte
zur Folge, dass die NSDAP der machtpolitischen und ideologischen Durchdringung
der Hochschulen hohe Priorität einräumte.102 Ab April 1933 wurden Lehrkörper und
Administration der Universitäten in enger Folge mit Erlassen überzogen, die ihre
»Gleichschaltung«103 forderten und die Einführung des »Führerprinzips« an den Uni-
versitäten verfügten. Ebenfalls im April 1933 wurde die Entfernung jüdischer und po-
litisch für den NS-Staat missliebiger Universitätslehrer eingeleitet.104 Eines der folgen-
schwersten Gesetze für die ideologisch motivierte »Säuberung« des Lehrkörpers war
das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April, dessen Nach-
folgegesetz, das »Deutsche Beamtengesetz«, die Grundlage für Jaspers’ Zwangspensi-
onierung im Jahr 1937 bildete.105 Mit dem Gesetz wurde eine Zurruhesetzung sämtli-

100 Im Juli 1931 übernahm der NSDStB auf dem Studententag in Graz die Führung des Dachverban-
des der deutschen Studentenverbände, der »Deutschen Studentenschaft« (DSt).
101 Vgl. H. Kuhn: »Die Universität vor der Machtergreifung«, in: ders. u.a. (Hg.): Die deutsche Univer-
sität im Dritten Reich. Eine Vortragsreihe der Universität München, München 1966,13-43,25-26.
102 Vgl. O. B. Roegele: »Student im Dritten Reich«, in: H. Kuhn u.a. (Hg.): Universität im Dritten Reich,
140.
103 Die »Gleichschaltung« bedeutete an den Hochschulen die Besetzung aller relevanten hochschul-
politischen Ämter, v.a. der Rektoren und Dekane, mit als parteikonform ausgewiesenen Personen
(vgl. hierzu: F. R. Hausmann: Die Geisteswissenschaften im »Dritten Reich«, Frankfurt a.M. 2011,35-55).
104 Vgl. hierzu und zum Folgenden: S. Mühl-Benninghaus: Das Beamtentum in der NS-Diktatur bis zum
Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Zu Entstehung, Inhalt und Durchführung der einschlägigen Beamten-
gesetze, Düsseldorf 1996; V. Sellin: »Die Universitätsleitung«, in: W. U. Eckart, V. Sellin, E. Wolgast
(Hg.): Die Universität Heidelberg im Nationalsozialismus, 5-55, 5.
105 Nach mehrfacher Verlängerung der Geltungsdauer wurde das »Gesetz zur Wiederherstellung des
Berufsbeamtentums« am 26. Januar 1937 vom »Deutschen Beamtengesetz« abgelöst, das in §59
die Entlassung von Beamten verfügte, deren Gatten »nicht deutschen oder artverwandten Blu-
tes« waren.
Jaspers stand u.a. aufgrund seiner Ehe mit der jüdischstämmigen Gertrud Mayer unter Beobach-
tung des NS-Regimes. Wegen seines internationalen Bekanntheitsgrades, der dazu geführt hatte,
dass man das Ehepaar zunächst unter der Kategorie »privilegierte Mischehe« führte, und auf-
grund ihrer Zurückgezogenheit überlebten Jaspers und seine Frau die Zeit des NS-Terrors in einem
Zustand »innerer Emigration«. Jaspers war 1933 aus der Universitätsverwaltung ausgeschlossen
worden, 1935 fand er sich am Philosophischen Seminar so isoliert, dass er die Geschäftsführung
niederlegte. Im Juni 1937 wurde Jaspers als letzter Ordinarius des Philosophischen Seminars
zwangspensioniert, weil er sich geweigert hatte, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Seit 1938
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften