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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0110
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Die Idee der Universität [1923]

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geistigen Ganzwerden gar nicht dient irgendwo der Abbruch der Kommunikation
nach dem Satze: Contra principia negantem non est disputandum.63
2. In der Diskussion im engeren Sinne als geistiger Kommunikation gibt es keine fe-
sten Prinzipien und keinen bis zum Sieg des Anderen festgehaltenen Standpunkt. Was
man selbst und was der Andere als Prinzip voraussetzt, will erst gesucht werden. Man
will klar werden über das, was man eigentlich meint. Und jedes gefundene Prinzip ist
Ausgangspunkt neuer Bewegung, wenn nicht das Letzte eine Frage bleibt. Man zeigt
sich gegenseitig die Voraussetzungen, die man implizite machte und arbeitet in der
Diskussion an einer gemeinsamen, klarer werdenden Anschauung. Es gibt kein Ende.
Es gibt keinen Sieg. Jeder, der in die Lage kommt, recht zu behalten, bekommt gerade
dadurch Mißtrauen. Jedes Ergebnis ist nur Stufe.
Echte Diskussion, die keine Grenze kennt, gibt es nur zu zweien unter vier Augen.
Schon der Dritte stört, verwandelt leicht die Diskussion in bloße Disputation, weckt
die Machtinstinkte und den Trotz. Aber wir diskutieren trotzdem mit Vorteil auch in
größerem Kreise. Hier ist der Sinn ein anderer: hier wird vorbereitet, was im Gespräch
zu zweien vollendet wird, hier werden Stellungen dargelegt, Standpunkte entwickelt,
es werden Ausführungen der Einzelnen aneinander gereiht, nicht scharfe | Diskussion
versucht, die nur in schnellem Wechselgespräch gedeiht; es wird kein Ergebnis gesucht,
nicht einmal ein relatives. Daher gibt es auch spezifische Regeln für die Diskussion un-
ter mehreren: man soll nicht wiederholen, was man gesagt hat, nicht durch solche Wie-
derholung sein »Rechthaben« betonen, nicht das letzte Wort haben wollen, sondern
sich begnügen, seine Sache gesagt zu haben, und nun alle anderen zu hören. -
Die Kommunikation findet zwischen Menschen eine festere, zu regelmäßiger Wie-
derkehr führende Form in der Freundschaft zu zweien, in den Jugendbünden, in der
Liebe und Ehe, dann auf dem Gebiete der Forschung in den Kreisen, die sich um einen
Meister scharen, und in der Schulbildung. Die große geistige Bedeutung der Männer-
freundschaften (die Brüder Grimm, Schiller und Goethe, Marx und Engels), der
Jugendvereinigungen (Urburschenschaft),64 der Ehe (Schelling-Karoline, J. Stuart
Mill, die Brownings)65 soll hier nicht vergegenwärtigt werden. Nur mag hingewie-
sen sein auf die innere Gegensätzlichkeit zwischen der Leidenschaft der Geschlechter
für einander und der Liebe, welche geistige grenzenlose Kommunikation und leben-
diges Wachsen zu ihren Momenten hat. Es ist ein existentielles, rational nicht lösba-
res Grundproblem geistigen Daseins, wie der Mensch liebend durch Formung und Ge-
setzgebung seiner Geschlechtlichkeit (die nicht etwa als bloße physiologische
Sexualität verstanden werden darf) Herr wird und der mit ihr verknüpften dämoni-
schen Leidenschaften.
Für die wissenschaftliche Forschung ist Schulbildung ein Kennzeichen der Konti-
nuität. Schulbildung gibt es in höchst verschiedenartigem Sinn: 1. Als Nachahmung
eines Führers, dessen Arbeiten durch Analogieleistungen erweitert und vermehrt wer-
den, dessen System ausgebaut, übertragen, reproduziert wird. 2. Als Zusammenhang

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