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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0261
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Die Idee der Universität [1946]

brauchen. So dient die Universität jederzeit dem Staat und der Gesellschaft. Daher
wandelt sich ihre Erscheinung mit den Wandlungen der Gesellschaft und der Berufe.
in | Im Mittelalter mußten die Kleriker ausgebildet werden, später die Staatsbeamten,
die Ärzte und Lehrer. Die technische Rationalisierung seit dem 17. Jahrhundert ver-
langte spezialistische Fachausbildung mit dem Ziel des Erwerbes eines nützlichen Kön-
nens und einer Routine, während früher Gotteserkenntnis, Theologie und Philosophie
alles beherrschten. Das aus soziologischen Gründen unausweichliche Frauenstu-
dium101 gab zuletzt der Universität eine neue Farbe. Die Zahl der zum Universitätsstu-
dium drängenden Berufe wuchs im letzten halben Jahrhundert ständig. Die Frequenz
der Studierenden, vom Willen aller Beteiligten unabhängig, ist von Bedeutung für die
innere Haltung der Glieder der Universität und die den Geist bestimmende Kommu-
nikation zwischen Schüler und Lehrer. Unmerklich hat sich die Gestalt der Universi-
tät im 19. Jahrhundert bis zum ersten Weltkrieg und noch stärker nach ihm gewandelt
allein durch Vervielfachung der Frequenz.261 Mit der Massenwirkung nahm der Ver-
schulungsprozeß zu.
Die Gesellschaft wirkt auf den Geist der Universitäten auch direkt und willkürlich
durch die staatliche Verwaltung. Die Abhängigkeit der Universität gegenüber dem
Staat hat in der Geschichte sehr gewechselt. Nur in Höhepunkten des Staats- und Uni-
versitätslebens kann uneingeschränkt Humboldts Wort gelten: »Der Staat muß sich im-
mer bewußt bleiben, daß die Sache an sich ohne ihn viel besser gehen würde.«262 Im
Mittelalter bestanden die Universitäten als durch Stiftungen begründete, durch Papst
oder Kaiser autorisierte Korporationen, manchmal von europäischer Geltung. Dann
sanken sie in die Enge des Territorialstaats, der seine Landeskinder hier zu gesinnungs-
tüchtigen Beamten prägte. Erst mit dem 18. Jahrhundert gewann die Universität wie-
der als nationale einen weiteren Horizont. Die Professoren und Studenten kamen nun
aus dem gesamten deutschen Sprachgebiet, wenn auch die Verwaltung in den Hän-
den der Einzelstaaten blieb. Dem Staat gegenüber, dem die Universitäten zu Dank ver-
pflichtet sind, haben sie doch zugleich ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen. Lehrfrei-
heit ist erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirklich errungen worden, hatte
jedoch noch insofern eine Grenze, als gewisse politische und weltanschauliche Gesin-
nungen zum Ausschluß aus der Dozentenkarriere führten, und wird wieder in Frage
112 gestellt, wenn paritätische Vertretung | von Weltanschauungen an der Universität ge-
fordert wird,263 während die Idee nur Erkenntnisleistungen - auf welchem weltan-
schaulichen Boden auch immer - berücksichtigt. Bevorzugung gewisser Gesinnungen
bei staatlichen Eingriffen ist die Gefahr bei jeder Staatsverfassung, sie wirkte sich im
monarchischen Deutschland aus und noch im parlamentarischen - aber hier wenig
und nur in Grenzfällen. Sie geht bei jeder diktatorischen, radikalen Regierung bis zur
Gewaltsamkeit.
Unter den gesellschaftlichen und staatlichen Einwirkungen wird die Universität
umgeformt. Hinter der Mannigfaltigkeit der Gestalten steht aber als ewige Idee die ei-
 
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